(ots) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
(BUND) hat die Bundesregierung aufgefordert, das zwischen der EU und
Kanada ausgehandelte Freihandelsabkommen Ceta (Comprehensive Economic
and Trade Agreement) nicht zu unterzeichnen und die Verhandlungen zum
EU-USA-Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment
Partnership) zu stoppen. Beide Abkommen gefährdeten bestehende
Umwelt- und Verbraucherschutzstandards in der Landwirtschaft, der
Lebensmittelproduktion, der Energieversorgung und beim Schutz vor
risikobehafteten Chemikalien.
Besonders kritisch seien Passagen des Ceta-Abkommens, die den
Schutz von Landwirtschaft und Verbrauchern vor gentechnisch
veränderten Organismen in Frage stellten. Aus Sicht des
Umweltverbandes nicht hinnehmbar sei auch der aus Kanada
möglicherweise stattfindende Import klimaschädlicher ölhaltiger
Teersande in die EU. Inakzeptabel sei außerdem die
Schiefergasförderung mittels Fracking, die in Deutschland
insbesondere vom amerikanischen Ölkonzern ExxonMobil vorangetrieben
werde.
"Hinter beiden Freihandelsabkommen stehen vor allem Interessen aus
der Wirtschaft, auf Kosten der Umwelt und der Beschäftigten Wachstum
zu erzeugen", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
"Demokratische und umweltpolitische Errungenschaften aus Jahrzehnten
drohen einer fragwürdigen Schimäre von Wachstum und Globalisierung
zum Opfer zu fallen", sagte Weiger. Zwar habe
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel angekündigt, das
Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der EU ändern zu wollen,
inzwischen gelte der Vertragstext jedoch offiziell als abgeschlossen.
"Es ist in hohem Maße fraglich, ob Gabriel sein Veto gegen private
Schiedsgerichte in den Ceta-Vertrag einbringen wird. Und auch das
wäre nur eine marginale Korrektur an Ceta, der Vertrag bedroht
Umwelt- und Verbraucherschutzregeln grundsätzlich. Nimmt die SPD ihre
Beschlüsse zu TTIP ernst, muss sie Ceta als Ganzes ablehnen", sagte
der BUND-Vorsitzende.
"Auch wenn Merkel, Gauck und Gabriel das Gegenteil behaupten, Ceta
und TTIP bieten zahlreiche Schlupflöcher für Unternehmen, die den
Schutz von Umwelt und Verbrauchern in Europa gefährden. Die roten
Linien, die von der SPD auf ihrem Parteikonvent für die
TTIP-Verhandlungen beschlossen wurden, sind bei Ceta bereits
überschritten. Das gilt insbesondere für die Gentechnik", sagte die
BUND-Gentechnikexpertin Heike Moldenhauer.
Bei Ceta habe die EU-Kommission gegenüber Kanada Zugeständnisse
gemacht, die es ermöglichten, die bestehende EU-Gesetzgebung zur
Gentechnik auszuhebeln. So solle "regulatorische Kooperation" künftig
dafür sorgen, negative Handelsauswirkungen in Bezug auf
Gentech-Produkte "zu minimieren". Für den BUND ist dies ein
Blankoscheck, die EU-Zulassungsverfahren und Kennzeichnungsregeln
permanent in Frage zu stellen und schließlich ganz abzuschaffen. Als
gemeinsames Ziel werde außerdem die Förderung "effizienter
wissenschaftsbasierter" ("science based") Zulassungsprozesse für
Gentech-Produkte benannt. Dies sei eine Kampfansage gegen das in der
EU geltende Vorsorgeprinzip, das hiesigen Zulassungsverfahren
zugrunde liege.
"Es stehen das in der EU geltende Vorsorgeprinzip, die
Nulltoleranz für nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen
bei Lebensmitteln und Saatgut und sogar die EU-Gesetzgebung zur
Gentechnik insgesamt zur Disposition", kritisierte Moldenhauer.
Kanada gehöre mit sechs Prozent aller weltweit angebauten
Gentech-Pflanzen zu den wichtigsten Anbauländern. Zulassungsverfahren
seien dort extrem lax, eine Risikobewertung finde kaum statt, eine
Kennzeichnung für Gentech-Produkte existiere nicht.
"Aus Sicht sowohl Kanadas als auch der USA sind die in der EU
geltenden Zulassungsverfahren und Kennzeichnungsregeln
Handelshemmnisse. Aus Sicht der europäischen Verbraucher dienen sie
dem Schutz von Mensch und Natur vor unkalkulierbaren Folgen der
Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen. Anstatt sie über
Freihandelsabkommen aufzuweichen, müssen die EU-Standards auf jeden
Fall beibehalten und weiter verbessert werden", sagte Moldenhauer.
"Weil Ceta ganz offiziell als Blaupause für TTIP bezeichnet wird,
müssen beide Handelsabkommen gestoppt werden. Diese Forderung ist
auch der Kern der von einem breiten Bündnis selbst organisierten
europaweiten Bürgerinitiative gegen Ceta und TTIP", sagte der
BUND-Vorsitzende Weiger.
Weitere BUND-Informationen zu Ceta, TTIP und der
EU-Bürgerinitiative finden Sie hier: http://www.bund.net/publikatione
n/bundletter/32014/ceta_ttip_europaeische_buergerinitiative/
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