(ots) - Wie der Mensch in Zeiten unendlicher Datenmengen
und intelligenter Algorithmen die Bestimmungshoheit über seine Ziele
behalten kann, war gestern Abend das spannende Thema der 12.
Augsburger Mediengespräche im Rathaus der Fuggerstadt. Die
Veranstaltung "Big-Data-Revolution: Wie verändern die Daten unser
Leben?" fand auf Einladung der Bayerischen Landeszentrale für neue
Medien (BLM), der lokalen Medienunternehmen und der Stadt Augsburg
vor mehr als 200 Besuchern im Rahmen der Medienkompetenztage Bayern
statt, die vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und
Medien, Energie und Technologie ausgerichtet wurden.
Medienkompetenz spiele auch für das Thema "Big Data" eine wichtige
Rolle, betonte Martin Gebrande, Geschäftsführer der BLM, in seiner
Eröffnungsrede. Denn jeder hinterlasse - gewollt oder ungewollt -
beim Einkaufen, Recherchieren oder Spielen unzählige Daten im
Internet: "Was wir brauchen, ist eine Art Informationsökosystem, bei
dem jeder die Verwendung seiner persönlichen Daten selbst in der Hand
hat und anonymisierte Daten für alle nutzbar öffentlich zur Verfügung
stehen. So wird mehr Transparenz möglich, mehr Partizipation, mehr
Wachstum und eine bessere Steuerung von komplexen sozialen Systemen -
ganz gleich, ob im Verkehrs- oder Gesundheitswesen, bei der Logistik
oder in öffentlichen Entscheidungsprozessen." Ein solches
"Informationsökosystem" kann - darüber waren sich alle
Diskussions-teilnehmer auf dem von Silvia Laubenbacher (a.tv)
moderierten Podium einig - nur mittels eines europaweiten
ordnungspolitischen Rahmens für Big Data entstehen.
Um die digitalen Themen der Zukunft, egal ob im Bereich der
Gesundheit oder des Verkehrs, chancenreich nutzen zu können, brauche
es eine "Vision", forderte Dr. Marianne Janik, Mitglied der
Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland. Sie kritisierte, dass in
Deutschland die "digitale Entwicklung noch ganz am Anfang" stehe und
große Teile der Gesellschaft und der Unternehmen nicht mitzögen: "Die
Technologie ist schon da, aber es fehlen die digitalen Denker."
Markus Blume, Mitglied des Bayerischen Landtags und Vorsitzender der
CSU-Wirtschaftskommission, sah das ähnlich: "Deutschland hat die
erste Welle der Digitalisierung schon verschlafen. Auf der zweiten
Welle, die jetzt kommt und die gerade unsere Schlüsselindustrien
betrifft, müssen wir mitschwimmen." Denn: "Wer den Kampf der Daten
für sich entscheidet, wird der Gewinner der Wertschöpfungskette
sein."
Die Gefahr, dass nicht die Gesellschaft sondern Marktprozesse über
Big Data entscheiden, formulierte Prof. Dr. Dr. Franz Radermacher,
Vorstand für "Datenbanken und Künstliche Intelligenz" an der
Universität Ulm, und stellte klar, dass "nicht die Daten, sondern die
Algorithmen" das Entscheidende seien. Diese technische Intelligenz
der Algorithmen werde künftig "in fast allen Aspekten den Menschen
übertreffen. Das wird gigantische Konsequenzen - gerade auch für den
Arbeitsmarkt - haben." Dr. Thomas Petri, Bayerischer
Landesbeauftragter für den Datenschutz, forderte: "Big Data muss
Grenzen haben, wenn menschliche Entscheidungen dadurch zu sehr
beeinflusst und automatisiert werden. Der Mensch sollte die
Bestimmungshoheit über seine Willensbildung behalten."
Um die Chancen von Big Data zu nutzen und die Risiken zu
minimieren, brauche man "eine industriepolitische Leitidee, auf deren
Basis man die Details lösen kann". So formulierte Götz Hamann,
Buchautor und stellvertretender Ressortleiter Wirtschaft von "Die
Zeit", das Fazit der Diskussion, über das sich alle einig waren.
Wichtig sei, jetzt schnell zu handeln: "Wir brauchen ganz viel
Offensive, keine Ohnmachtspolitik." Auch Prof. Dr. Dr. Franz
Radermacher sah in der "richtigen Gesetzgebung für ganz Europa" einen
guten Lösungsansatz. In einem Urteil habe jüngst der Europäische
Gerichtshof bereits das "Marktortprinzip" - also dass Unternehmen die
rechtlichen Spielregeln des Landes einhalten müssen, in denen sie als
Verkäufer auftreten - festgelegt. Aus seiner Sicht ein Schritt in die
richtige Richtung: "Wenn Europa eine konsequente Datenschutzpolitik
macht, werden wir Optionen eröffnen, für die sich viele Unternehmen
entscheiden. Aber die Menschen müssen das jetzt auch einfordern."
Eine Zusammenfassung der Augsburger Mediengespräche ist am Samstag
um 20.15 Uhr im Programm von a.tv zu sehen.
Pressekontakt:
Bettina Pregel
Stellv. Pressesprecherin
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bettina.pregel(at)blm.de