(ots) - So kaltschnäuzig läuft das im Kreml. Da tagt der
Präsident am Samstag mit den ständigen Mitgliedern des
Sicherheitsrates. Tagesordnungspunkte des Routine-Briefings: Ebola,
IS, Ukraine und USA. Mehr erfährt die Welt nicht. Im Anschluss trifft
sich Wladimir Putin mit Verteidigungsminister Sergej Shoigu zu einer
Arbeitssitzung. Shoigu berichtet dem Oberbefehlshaber von einer
erfolgreichen "Trainingsphase" russischer Truppen im südlichen
Militärbezirk. Putin beauftragt das Verteidigungsministerium, das
"Sommermanöver" jetzt zu beenden. 17 600 Soldaten sollen zu ihren
Standorten zurückkehren. Kein Wort zur Ukraine, kein Wort zum
brüchigen Waffenstillstand im Nachbarland, kein Wort zu den unter
OSZE-Aufsicht getroffenen Vereinbarungen. Die russischen Truppen,
seit April eine massive Bedrohung für die nach Europa strebende
Ukraine, ziehen sich so kommentarlos zurück wie sie aufmarschiert
sind. Und wieder beginnt im Westen das Rätselraten. Bedeutet der
Rückzug aus dem Grenzgebiet so etwas wie ein Einlenken Russlands im
brandgefährlichen Konflikt? Veranlasst Putin gar den Truppenabzug,
weil er keine weiteren westlichen Sanktionen auf sich ziehen will?
Ist Moskau nach der Eskalation bereit, auf eine für alle Seiten
tragfähige Lösung hinzuarbeiten? In wenigen Tagen schon werden sich
Putin und der ukrainische Präsident Poroschenko beim
Asem-Gipfeltreffen gegenüberstehen. Der Rückzieher dürfte sich wohl
als weiterer, rein strategischer Schachzug erweisen. Nach den
zermürbenden Auseinandersetzungen in der Ost-Ukraine ist Kiew
militärisch so hoffnungslos ins Hintertreffen geraten, dass die
Truppen im Grenzgebiet gar nicht mehr erforderlich sind. Poroschenkos
letzte Karte ist die Solidarität und Stärke des Westens. Von einem
Frieden ist die Ukraine weit entfernt. Einen wirklichen Stillstand
der Waffen gibt es bis heute nicht. Die UN zählt im Schnitt elf Tote
täglich. Putin duldet dies. Er lässt die prorussischen Separatisten
kämpfen. Die Rebellen wollen nicht einmal verhandeln, sie wollen den
Sieg. Ist dies auch das Ziel des russischen Präsidenten? Wolfgang
Kleideiter
Pressekontakt:
Westfälische Nachrichten
Dr. Norbert Tiemann
Telefon: +49 (0251) 690-701
chefredaktion(at)westfaelische-nachrichten.de