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Aktuelle Umfrage zu TTIP: Zustimmung zum Freihandelsabkommen sinkt - jeder Vierte will Stopp der Verhandlungen - foodwatch wirft Bundesregierung Täuschung vor

ID: 1129125

(ots) - Die Zustimmung in Deutschland zum
Freihandelsabkommen TTIP sinkt: Während noch im Februar dieses Jahres
die Unterstützung in der Bevölkerung bei 55 Prozent lag, sieht
mittlerweile nicht einmal mehr die Hälfte aller Deutschen das
geplante Abkommen zwischen der EU und den USA positiv. Jeder Vierte
fordert sogar einen Stopp der Verhandlungen. Das ist das Ergebnis
einer repräsentativen Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut
TNS Emnid jetzt im Auftrag von foodwatch durchgeführt hat. Die
Verbraucherorganisation warf der Bundesregierung vor, die Bevölkerung
mit falschen Informationen über das Abkommen bewusst zu täuschen. Als
Teil einer selbstorganisierten Europäischen Bürgerinitiative mit mehr
als 250 Organisationen fordert foodwatch unter
www.foodwatch.de/aktion-ttip das sofortige Ende der Verhandlungen.

"Die Umfrage zeigt: Es gibt in Deutschland keine Mehrheit mehr für
das TTIP-Abkommen. Je mehr über TTIP an die Öffentlichkeit dringt,
umso weniger glauben die Bürgerinnen und Bürger der Bundesregierung
die Märchen über Wachstum, Wohlstand und den Schutz ihrer Rechte",
sagte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. "Wir fordern: stoppen,
neu verhandeln! Internationaler Handel muss den Menschen dienen -
nicht umgekehrt."

Die Emnid-Zahlen belegen, dass die Einstellung zu TTIP in den
letzten Monaten deutlich negativer geworden ist. Aktuell befürworten
zwar noch 48 Prozent der Befragten in Deutschland das geplante
Freihandelsabkommen ("ist eine gute Sache für Deutschland"). Im
Februar dieses Jahres waren es allerdings noch 55 Prozent, die - bei
identischer Fragestellung - in einer Emnid-Studie im Auftrag des
amerikanischen PEW-Forschungszentrums und der Bertelsmann-Stiftung
das Abkommen positiv einschätzten ("ist eine gute Sache"). Lediglich
25 Prozent fanden damals, TTIP sei "eine schlechte Sache". Jetzt




sehen bereits 32 Prozent der Deutschen TTIP kritisch ("ist eine
schlechte Sache").

foodwatch fragte außerdem, wie es mit den Verhandlungen
weitergehen solle: 24 Prozent der Deutschen unterstützen die
Forderung nach einem Verhandlungsstopp - und das, obwohl eine
überwältigende Mehrheit von 85 Prozent den internationalen Handel mit
den USA und anderen Ländern grundsätzlich als positiv für Deutschland
einschätzt ("sehr gut" oder "eher gut" für Deutschland).

foodwatch warf der Bundesregierung vor, die Öffentlichkeit über
TTIP und die angeblich zu erwartenden positiven Auswirkungen zu
täuschen. So seien beispielsweise - entgegen den Versprechen der
Bundesregierung - die Effekte auf Wachstum und Arbeitsplätze zu
vernachlässigen: Eine von der EU-Kommission beim
wirtschaftswissenschaftlichen Institut Center for Economic Policy
Research (CERP) in Auftrag gegebene Studie hätte errechnet, dass sich
das Pro-Kopf-Einkommen in Europa nach 13 Jahren um gerade einmal um
125 Euro im Jahr erhöhen würde.

Auch die Beteuerung, europäische Standards im Verbraucherschutz
würden nicht abgesenkt, sei ein leeres Versprechen, kritisierte
foodwatch. So bestehe beispielsweise die Gefahr, dass das in der EU
gültige und verfassungsrechtlich geschützte "Vorsorgeprinzip"
faktisch abgeschafft werde. Während bisher in der EU bereits bei
einem begründeten Verdacht ein riskanter Stoff verboten werden könne
und jeweils die verantwortliche Firma beweisen müsse, dass dieser
Stoff unschädlich ist, gelte in den USA hingegen: Solange die
Schädlichkeit eines Stoffes nicht zweifelsfrei bewiesen wurde, sei er
erlaubt. "Salopp ausgedrückt heißt das: Es muss erst eine Leiche
vorliegen, die eindeutig auf einen Risiko-Stoff zurückgeht, bevor
dieser verboten werden kann", kritisierte foodwatch-Geschäftsführer
Thilo Bode. Wenn im Rahmen von TTIP nun unterschiedliche Standards
gegenseitig angeglichen werden sollen, käme es zwangsläufig zu einer
Aufweichung der in der EU bestehenden Regeln, warnte foodwatch.

"Es geht bei TTIP nicht nur um die Angleichung von Standards für
die Farbe von Autoblinkern oder die Länge von Schrauben - sondern
gesellschaftspolitische Errungeschaften stehen auf dem Spiel. Unter
der Überschrift Freihandel werden Bürgerrechte, Umwelt- und
Verbraucherschutzstandards geschleift", sagte Thilo Bode. "Wir sind
weder Amerika-Feinde noch Gegner von fairem Freihandel, aber TTIP in
seiner geplanten Form ist eine Bedrohung für unsere Demokratie."

DIE WEITEREN TÄUSCHUNGSMANÖVER DER BUNDESREGIERUNG ZU TTIP AUS
SICHT VON FOODWATCH:

- "Es wird kein Abkommen gegen die Interessen der Bürger geben."

Die Bundesregierung beruhigt die Bürger, man werde nur ein
Abkommen unterzeichnen, das "tatsächlich im Interesse der Bürgerinnen
und Bürger" sei. Ansonsten sei "ein gemeinsames Abkommen nicht
möglich". Dabei ist noch unklar, ob der Bundestag überhaupt über das
fertig ausgehandelte Abkommen abstimmen wird. Zudem verschweigt die
Bundesregierung, dass der TTIP-Vertrag im Europäischen Rat durchaus
auch gegen die Stimme Deutschlands angenommen werden könnte.

- "Dass Standards in der EU nicht gesenkt werden, ist ein Erfolg."

Die Regierung versichert, dass europäische Standards etwa beim
Umwelt- und Verbraucherschutz durch eine Harmonisierung mit US-Regeln
nicht gesenkt würden. Aber: Der Erhalt europäischer Standards ist
kein Erfolg, denn die bestehenden Standards in Deutschland und Europa
sind längst nicht alle gut und müssen verbessert werden. Der massive
Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung, die Verschmutzung des
Trinkwassers durch Überdüngung, regelmäßige Dioxin-Belastung in
Milch, Fleisch und Eiern oder mangelnde Transparenz bei der
Gentechnikkennzeichnung - das sind nur einige negative Beispiele für
die skandalöse Normalität, die durch ein Abkommen wie TTIP quasi
eingefroren und völkerrechtlich zementiert würde.

- "Das TTIP fördert die nachhaltige Entwicklung und
Weiterentwicklung von Verbraucherrechten und Umweltschutz."

Die Bundesregierung verkauft TTIP als einen Weg, weltweit Akzente
für eine nachhaltige Entwicklung, für eine Stärkung der
Arbeitnehmerrechte sowie eine Stärkung des Verbraucher- und
Umweltschutzes zu setzen. Dieses Versprechen ist Illusion - nicht
zuletzt, weil Konzerne die Möglichkeit bekommen sollen, über private
Schiedsgerichte Staaten auf Schadenersatz zu verklagen, wenn zum
Beispiel Umweltschutzvorgaben ihre Gewinne gefährden. In der
Konsequenz könnten Staaten sich gezwungen fühlen, auf schärfere
Gesetze zu verzichten oder diese zurückzunehmen. Zudem sollen durch
die sogenannte "regulatorische Kooperation" Regulierungsvorhaben der
Vertragsstaaten schon im Vorfeld zwischen den zuständigen Behörden
diesseits und jenseits des Atlantiks abgestimmt werden - natürlich
unter Beteiligung der Industrielobby. Angesichts des übermäßigen
Einflusses organisierter Wirtschaftsinteressen auf
EU-Regulierungsmaßnahmen bedeutet dies eine völkerrechtlich
abgesicherte Fortsetzung der Politik gegen Bürger und Verbraucher an
den Parlamenten vorbei.

- "Das Recht der EU und der EU-Mitgliedstaaten,
allgemeinwohlorientierte Gesetze und Regeln autonom zu
entscheiden, wird durch TTIP nicht berührt."

Auch wenn die Bundesregierung etwas anderes behauptet: Durch TTIP
wird der politische Handlungsspielraum der EU und der einzelnen
Mitgliedstaaten massiv eingeschränkt. Denn das Abkommen wäre ein
völkerrechtlich bindender Vertrag - die dort festgeschriebenen Regeln
hätten rechtlich Vorrang vor anderen Gesetzen der EU und
Deutschlands. Alle Gesetze, die zum Schutz der Verbraucher und der
Umwelt verabschiedet werden, müssten auf Vereinbarkeit mit TTIP
geprüft werden. Strengere Regeln als jene, die in TTIP festgelegt
werden, könnten die Mitgliedsstaaten in Zukunft also nur noch unter
Bruch eines völkerrechtlichen Vertrages beschließen.

LINK:

E-Mail-Protestaktion gegen das TTIP-Abkommen:
www.foodwatch.de/aktion-ttip

REDAKTIONELLE HINWEISE:

- Im Auftrag von foodwatch hatte TNS Emnid zwischen dem 23. und
25. Oktober 1.003 Bundesbürger bevölkerungsrepräsentativ
befragt. Die Ergebnistabellen von Emnid mit Detailauswertungen
und den genauen Fragestellungen finden Sie hier:
http://bit.ly/10yoxkP

- Übersicht über die Emnid-Ergebnisse vom Februar und Oktober:
http://bit.ly/1wMTk99

- "Sechs Täuschungsmanöver der Bundesregierung zum TTIP-Abkommen"
- foodwatch-Hintergrundpapier inklusive Quellenangaben:
http://bit.ly/1E0S70r

- Emnid-Umfrage von PEW und Bertelsmann-Stiftung vom Februar 2014:
http://pewrsr.ch/1lL0UdT



Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Andreas Winkler
E-Mail: presse(at)foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90


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Datum: 31.10.2014 - 11:22 Uhr
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