(ots) - Was Erwachsene schon als Cybermobbing empfinden,
ist für Jugendliche oft noch harmloses Hänseln. "Necken, verspotten,
schikanieren? Wann Cybermobbing beginnt und was man dagegen tun kann"
- unter diesem Motto stand deshalb die 20. Fachtagung des Forums
Medienpädagogik, die gestern in der Bayerischen Landeszentrale für
neue Medien (BLM) stattfand.
"Digitaler Smalltalk kann sich so hochschaukeln, dass es für die
Opfer nicht mehr zu ertragen ist. Was Cybermobbing so problematisch
macht, ist, dass die Opfer - anders als beim Offline-Mobbing auf dem
Pausenhof - keine Rückzugsmöglichkeiten mehr haben: Sie nehmen die
Beleidigungen, Bloßstellungen oder Belästigungen auf dem Smartphone
mit nach Hause", so beschrieb BLM-Präsident Siegfried Schneider den
Wandel des Phänomens Mobbing in Online-Zeiten.
Ein brisantes Thema, das die mehr als 180 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer der ausgebuchten Veranstaltung einen Tag lang in Referaten
und Workshops beschäftigte - immer mit dem Ziel vor Augen, "neue
Medien sinnvoll zu nutzen und dabei menschlich zu bleiben", seit 20
Jahren Antrieb der Fachtagung.
Dass Kinder gemein und auch gnadenlos sein können, ist nicht neu.
Verena Weigand, Bereichsleiterin Medienkompetenz und Jugendschutz der
BLM und stellvertretende Vorstandvorsitzende der Stiftung
Medienpädagogik Bayern, machte das in ihrem Eröffnungsreferat
deutlich. Sie zeigte Mobbing gestern und heute an Filmbeispielen vom
"Hässlichen Entlein" über den "jungen Törleß" und "Deutschland sucht
den Superstar" bis hin zu einem Exkurs in den Musikbereich. "Nicht
die Menschen, erst recht nicht die Kinder und Jugendlichen, sind
grausamer geworden. Es sind die Mittel, die Mobbing heute noch
problematischer machen", resümierte Weigand mit Blick auf die
besondere Problematik des Cybermobbings.
Die Digitalisierung der Gesellschaft hat die Kommunikationsräume
erweitert und damit den Raum, in dem Menschen Konflikte austragen.
Deshalb plädierte Prof. Dr. Petra Grimm von der Hochschule der Medien
in Stuttgart in ihrem Vortrag über "verletzendes Onlineverhalten aus
medienethischer Sicht" für eine "Ethik der Achtsamkeit" und forderte
eine "Netzcourage als neue Form der Zivilcourage, um Mobbingopfer zu
stärken". Gerade die Rolle der "Bystander", also der Mitläufer, die
das Mobbing beobachten, müsse in der Präventionsarbeit verstärkt in
den Vordergrund rücken.
"Jugendliche sind bei Cybermobbing mitverantwortlich, wenn sie
nicht eingreifen", so brachte es Mareike Schemmerling,
medienpädagogische Referentin am JFF - Institut für Medienpädagogik
in Forschung und Praxis, auf den Punkt und nannte die fragwürdige
Einstellung vieler Digital Natives "Egal 2.0". Nicht nur auf Täter
und Opfer, sondern gerade auch auf die Bystander zielt das Projekt
"ICH WIR IHR im Netz - Werkstätten zur Förderung von Werte- und
Medienkompetenz", das Schemmerling vorstellte. Von ihren positiven
Erfahrungen mit einem Planspiel "Cyber-Mobbing" berichtete Beatrix
Benz, Referentin für Jugendmedienschutz und Medienpädagogik bei der
Aktion Jugendschutz der Landesarbeitsstelle Bayern. Schwierig sei
momentan in ihren Augen die Beliebtheit des Dienstes WhatsApp, da
hier "ganz viel in geschlossenen Gruppen stattfindet, auf die
Erwachsene keinen Zugriff haben". Schriftliche Klassen- oder
Gruppenvereinbarungen, die alle Beteiligten unterschreiben müssen,
sind ihrer Meinung nach daher zur Prävention unerlässlich.
"Man muss nicht nur mit Täter und Opfer, sondern mit der ganzen
Klasse arbeiten", dieser Meinung war auch Markus Prummer von der
Staatlichen Schulberatungsstelle Schwaben. Er plädierte für eine
Anti-Mobbing-Konvention an Schulen, um ein einheitliches Vorgehen zu
erreichen. Erfahrungen bei der Elternarbeit waren das Thema von
Oliver Arnold, Referent des Medienpädagogischen Referentennetzwerks
Bayern. Seine Beobachtung: "Cybermobbing ist für viele Eltern heute
noch ein vorwiegend technisches Problem der neuen Medien. Der
persönliche, emotionale Aspekt wird oft vernachlässigt." Eine Folge
davon sei, dass viele Eltern in dem Bereich den Kontakt zu ihren
Kindern verloren hätten und sich deshalb Aktionspläne der Schulen
wünschten.
Erkenntnisse, die Handlungsbedarf signalisieren. Moderator Dr.
Erich Jooß, Vorsitzender des BLM-Medienrats, stellte daher in seiner
abschließenden Zusammenfassung fest, dass Cybermobbing nicht nur ein
medienpädagogisches Thema, sondern "ein gesellschaftliches Problem
insgesamt" sei.
Pressekontakt:
Dr. Wolfgang Flieger
Pressesprecher
Tel.: (089) 638 08-313
wolfgang.flieger(at)blm.de