(ots) -
Das geplante Versorgungsstärkungsgesetz im Gesundheitswesen wird
die traditionell gute ambulante Medizin in Deutschland dramatisch
verschlechtern. Das machte ein breites Bündnis von Ärzte- und
Patientenverbänden vor allem aus Nordrhein in einem Offenen Brief an
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sowie die
Gesundheitsexperten im Deutschen Bundestag, Jens Spahn (CDU) und Karl
Lauterbach (SPD), deutlich. "Wir fordern Sie auf, Ihren Gesetzentwurf
ganz grundsätzlich zu revidieren!", heißt es darin. "Sagen Sie der
Öffentlichkeit die Wahrheit über die massive Verschlechterung der
Versorgung, die Folge Ihres Gesetzentwurfes sein wird. Nehmen Sie
Abstand von dirigistischer Staatsmedizin und ebenso von
kommerzialisierter Industriemedizin, wo der Patient am Ende
Renditeobjekt ist."
Weniger Ärzte, weniger medizinische Leistungen
Angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung und des
medizinischen Fortschritts kündige die Politik seit Jahren mehr
finanzielle Mittel an. "Der Gesetzentwurf verfolgt aber das
Gegenteil: weniger Mittel, weniger Ärzte, weniger medizinische
Leistungen - außer für die zahlungskräftigen Patienten, die sich dann
Privatmedizin kaufen", sagte Mitunterzeichner Wieland Dietrich,
Vorsitzender der Freien Ärzteschaft (FÄ) am Donnerstag in Essen.
Konkrete Zahlen: Nach Berechnungen des Leiters des Instituts für
Mikrodaten-Analyse (IfMDA) in Kiel, Dr. Thomas Drabinski, stehen
längerfristig den Arztpraxen jährlich bis zu 19 Milliarden Euro
weniger für die medizinische Betreuung der Bürger zur Verfügung -
etwa ein Drittel des Gesamtetats. Bundesweit sollen bis zu 25.000
Arztsitze wegfallen. In Nordrhein, wo viele der unterzeichnenden
Verbände ansässig sind, soll es künftig 3.000 Fachärzte und 300
Hausärzte weniger geben. Damit müssen auch 12.000 medizinische
Fachangestellte in Nordrhein um ihren Arbeitsplatz bangen.
Patient wird Renditeobjekt
Ebenso kritisieren die Verbände in ihrem Brief den gleichzeitigen
Ausbau von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in der Hand von
Klinikkonzernen und Kommunen. Es habe sich in den vergangenen Jahren
gezeigt, "dass MVZ mehrheitlich nicht in der Lage sind, ärztliche
Behandlung nach Qualität und Quantität annähernd so anzubieten wie
selbstständige, freiberufliche Arztpraxen. Zahlreiche MVZ wurden aus
wirtschaftlichen Gründen geschlossen, andere hängen am Tropf der
Kliniken und dienen als Einweisungsportale, was die Versorgung am
Ende verteuert." Die Unterzeichner fordern: "Geben Sie den Menschen
Wahlfreiheit für eines ihrer höchsten Güter, die Gesundheit.
Wahlfreiheit dadurch, dass es auch künftig ausreichend unabhängige
Ärzte gibt, die im Dienste ihrer Patienten unabhängige Medizin
anbieten können."
Die Ärzte und Verbandsvertreter kündigen an, die Bevölkerung über
die Gründe und die Verantwortlichen für die Mangelversorgung intensiv
aufzuklären, wenn das Gesetz so beschlossen würde. Zugleich wolle man
den berechtigten Anspruch der Patienten auf moderne und
zuwendungsorientierte Behandlung erfüllen - dies sei den Ärzten aber
nur möglich, wenn im Rahmen der staatlichen Krankenversorgung künftig
ärztliche Unabhängigkeit und ausreichende Ressourcen für eine gute
Behandlung gewährleistet würden.
(Der Offene Brief im Wortlaut ist als PDF angehängt.)
Unterzeichner: Freie Ärzteschaft, Landesverband Nordrhein; Freie
Ärzteschaft e. V.; Bürger Initiative Gesundheit e. V.; Berufsverband
der HNO-Ärzte, Landesverband Nordrhein; Deutscher Facharztverband,
Sektion Nordrhein; Managementgesellschaft der nordrheinischen
Urologen; Orthonet-NRW eG, Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener
Chirurgen Nordrhein; Genossenschaft Niedergelassener Chirurgen
Nordrhein; Anästhesienetz NRW e. V.; NRW-Facharztverband (BVNF);
Bundesverband niedergelassener Fachärzte; Berufsverband der
Frauenärzte, Nordrhein; HNO-Net NRW
Über die Freie Ärzteschaft e.V.
Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den
Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und
zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene
Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des
Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der
FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im
Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.
Pressekontakt:
Daniela Schmidt, Tel.: 0176 49963803,
E-Mail: presse(at)freie-aerzteschaft.de
V .i. S. d. P.: Wieland Dietrich, Freie Ärzteschaft e. V.,
Vorsitzender, Gervinusstraße 10, 45144 Essen,
Tel.: 0201 4690939, E-Mail: mail(at)freie-aerzteschaft.de,
www.freie-aerzteschaft.de