(ots) - Anlässlich des Australien-Besuchs von
Bundeskanzlerin Angela Merkel am kommenden Wochenende kritisiert
Reporter ohne Grenzen die besorgniserregenden Einschränkungen der
Pressefreiheit in dem Land. Aufgrund verschärfter Sicherheitsgesetze
ist dort künftig die Verbreitung von Informationen über sogenannte
verdeckte Spezialeinsätze des Inlandsgeheimdienstes verboten. Bei
Verstößen drohen Journalisten, Bloggern und Informanten bis zu zehn
Jahre Haft.
"Der Wunsch nach Sicherheit darf nicht zu Lasten der
Pressefreiheit gehen", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr in
Berlin. "Die Verschärfung der australischen Sicherheitsgesetze stellt
eine massive Bedrohung der Pressefreiheit dar und höhlt das Recht der
Bürger auf Informationen aus."
Nach der jüngst verabschiedeten Gesetzesreform reicht eine
Anweisung des Geheimdienstchefs aus, um einen Spezialeinsatz als
"verdeckt" einzustufen und damit jegliche Berichterstattung darüber
zu unterbinden (http://t1p.de/kt8u). Damit kann der Geheimdienst
eigene Fehler oder Gesetzesbrüche künftig nach Belieben vertuschen.
Selbst bei Berichten über längst abgeschlossene Einsätze drohen bis
zu fünf Jahre Haft (http://t1p.de/as6r). Journalisten werden mit der
Strafandrohung davon abgehalten werden, ihre Kontrollfunktion
auszuüben und die Öffentlichkeit etwa über fehlgeschlagene oder
widerrechtliche Geheimdiensteinsätze zu informieren.
Im Zuge weiterer Reformen sollen Telefon- und Internetfirmen
verpflichtet werden, Metadaten wie Zeitpunkt und Ziele von Anrufen
oder E-Mails zwei Jahre lang zu speichern. Damit würde der Schutz
journalistischer Quellen grundsätzlich infrage gestellt. Schon heute
können zahlreiche Behörden in Australien gemäß einem Gesetz von 1979
solche Daten ohne Richterbeschluss ausforschen, um etwa die
Weitergabe geheimer Regierungsinformationen zu verfolgen
(http://t1p.de/l1o1). Die Regierung begründet die Reform mit der
Gefahr von Anschlägen etwa durch militante Islamisten, die aus Syrien
oder dem Irak nach Australien zurückgekehrt sind.
GERICHTE VERHÄNGEN HÄUFIG NACHRICHTENSPERREN
Immer wieder verhängen Gerichte in Australien Nachrichtensperren,
um Berichte über bestimmte Themen zu verhindern. Ein besonders
gravierendes Beispiel machte die Enthüllungsplattform Wikileaks im
vergangenen Sommer publik: Am 19. Juni verbot das Oberste Gericht des
Bundesstaats Victoria für fünf Jahre jede Berichterstattung
australischer Medien und Journalisten über Korruptionsvorwürfe gegen
17 hochrangige asiatische Politiker, darunter Präsident und
Regierungschef Vietnams, Malaysias Ministerpräsident und ein früherer
indonesischer Präsident (http://t1p.de/p6d6). Hintergrund ist ein
Skandal um hochrangige australische Bankmanager, die mit Bestechung
in Millionenhöhe um Aufträge ausländischer Regierungen gebuhlt haben
sollen.
Zur Begründung für die Nachrichtensperre hieß es, man wolle
Schaden für die internationalen Beziehungen verhindern, denn die
veröffentlichten Informationen könnten auch den Ruf von Personen in
Zweifel ziehen, die nicht direkt in den Fall verwickelt sind.
Vergleichbare Gerichtsbeschlüsse sind in Australien kein Einzelfall:
Nach Angaben des Medienrechtlers Jason Bosland haben Gerichte in
Victoria Zwischen 2008 und 2013 durchschnittlich rund 200
Berichtsverbote pro Jahr verhängt - oft mit unklarer Begründung und
für unbegrenzte Zeit (http://t1p.de/fztg). Nur wenige davon wurden
wieder aufgehoben.
Auf der ROG-Rangliste der Pressefreiheit steht Australien auf
Platz 28 von 180 Ländern.
Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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