(ots) -
2009 hat Deutschland die UN-Behinderten-Konvention ratifiziert,
die ein inklusives Bildungssystem auf allen Ebenen gewährleisten
soll. Nach fünf Jahren lohnt eine Zwischenbilanz. Und wo könnte die
besser gezogen werden als dort, wo sich alle Bildungsbereiche
präsentieren und Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis
treffen? Auf der didacta 2015 in Hannover.
Die Analyse der Bildungschancen von Menschen mit Behinderungen war
Schwerpunktthema des Berichtes "Bildung in Deutschland 2014", der im
Juni dieses Jahres vorgestellt wurde. Ein wichtiges Ergebnis: Die
Bedingungen für inklusives Lernen verschlechtern sich von der
Grundschule bis zur Sekundarstufe II deutlich. Je älter die
behinderten Kinder und Jugendlichen sind, desto geringer stehen ihre
Chancen, gemeinsam mit Gleichaltrigen ohne Behinderungen zu lernen.
Berufliche Bildung
Das zeigt sich deutlich in der beruflichen Bildung: Von den
jährlich rund 50 000 Schulabgängern mit sonderpädagogischem
Förderbedarf finden nur etwa 3 500 einen betrieblichen
Ausbildungsplatz. Nur jedes vierte ausbildungsberechtigte Unternehmen
in Deutschland hat in den vergangenen fünf Jahren Erfahrungen mit
Jugendlichen mit Behinderung gesammelt. So lautet das Ergebnis einer
repräsentativen Unternehmensbefragung aus dem Sommer 2014.
Genau diesem Thema wird sich das Forum Berufliche Bildung einen
ganzen Tag lang widmen. Der Messe-Mittwoch steht dort unter dem
Motto: "Inklusion in der beruflichen Bildung". Zu den
Diskussionsrunden und Projektpräsentationen werden unter anderem
Prof. Dr. Martin Baethge vom Soziologischen Forschungsinstitut der
Georg-August-Universität Göttingen, der Geschäftsführer des
Westdeutschen Handwerkskammertags, Andreas Oehme, und die Vorsitzende
des Expertenkreises "Inklusive Bildung" der Deutschen
UNESCO-Kommission, Ute Erdsiek-Rave, erwartet. Auf dem bundesweiten
Gipfel zur inklusiven Bildung hat die UNESCO erst im Frühjahr 2014
die Bundesregierung aufgefordert, Inklusion im Dialog mit der
Wirtschaft in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung umzusetzen.
Inklusion wird im Rahmen eines Thementages am Messe-Mittwoch auch
auf anderen Foren eine zentrale Rolle spielen.
Frühkindliche Bildung
Am weitesten fortgeschritten ist die inklusive Bildung im
Vorschulbereich: Zwei Drittel aller Kinder mit Behinderung besuchen
eine Regel-Kita. Warum Inklusion hier gelingt, was Inklusion für die
tägliche Arbeit sowie Aus- und Weiterbildung der Erzieherinnen
bedeutet und noch zu tun ist - darüber wird das Bündnis frühkindliche
Bildung im Forum didacta aktuell informieren.
Schule
Zuerst die gute Nachricht: Der so genannte Inklusionsanteil in den
allgemeinbildenden Schulen ist in den vergangenen fünf Jahren stetig
gewachsen. Immerhin besuchten im Schuljahr 2012/13 gut 28 Prozent der
insgesamt knapp eine halbe Million Förderschüler eine Regelschule.
Vor fünf Jahren waren es erst 18,4 Prozent. Die schlechte Nachricht:
Gemessen an der Gesamtschülerzahl blieb der Anteil der Förderschüler,
die keine Regelschulen besuchen, blieb konstant bei knapp fünf
Prozent. Ein Grund dafür: Bei immer mehr Kindern wurde in den letzten
Jahren Förderbedarf diagnostiziert. Das mag damit zusammenhängen,
dass durch die Inklusionsdebatte genauer hingeschaut wird. Möglich
ist aber auch eine andere Erklärung: Mit mehr förderungsbedürftigen
Schülern stehen den Schulen auch mehr (finanzielle) Ressourcen zur
Verfügung. Und die brauchen sie dringend. Dazu kommt, dass sich
gerade beim Thema Inklusion große Länderunterschiede zeigen. So haben
in Mecklenburg-Vorpommern anteilig doppelt so viele Kinder
Förderbedarf wie in Rheinland-Pfalz (10,1 versus 5,1 Prozent). In
Bremen besuchen vier Mal so viele Schüler mit Behinderung eine
reguläre Schule wie in Niedersachsen (63,1 versus 15 Prozent). Und in
Sachsen-Anhalt gehen nahezu drei Mal mehr Schüler auf eine
Sonderschule als in Schleswig-Holstein (7,1 versus 2,5 Prozent).
Wie kann Inklusion also besser gelingen und werden die großen
Länderunterschiede auf Dauer behoben? Welche Hürden müssen genommen
werden und wie steht es um die Argumente derer, die vor einer zu
schnellen Entwicklung warnen? Darüber wird in verschiedenen Foren vom
24. bis 28. Februar 2015 auf der didacta in Hannover diskutiert und
informiert. Etwa im Forum Bildung, wo es um den Stand der Inklusion
in Niedersachsen geht. Oder wo die Frage erörtert wird, wie Inklusion
auf dem Gymnasium aussehen kann. Und schließlich werden
Inklusionskonzepte vorgestellt, die sich bereits bewährt haben. Im
Forum Unterricht berichten Praktiker über inklusiven
Mathematikunterricht in der Grundschule und erklären, warum und wie
Teamteaching zum Gelingen des inklusiven Lernens beitragen kann. Und
schließlich geht es darum, was sich aus den bisher vorliegenden
Forschungsergebnissen lernen lässt.
Aus- und Weiterbildung
Bereits auf der diesjährigen didacta in Stuttgart war die Frage,
wie inklusive Erwachsenenbildung aussehen kann, ein wichtiges Thema.
Bundesländer wie etwa Rheinland-Pfalz haben unterdessen begonnen,
konkrete Handlungsvorschläge zu erarbeiten. Das Deutsche Institut für
Erwachsenenbildung und die Gesellschaft Erwachsenenbildung und
Behinderung kooperieren seit gut einem Jahr, um den Ausbau einer
inklusiven Erwachsenenbildung zu fördern. Genug Beispiele und
Erfahrungen also, um sie auf der didacta im Februar vorzustellen.
Materialien für die Praxis
Doch nicht nur in den Foren, Diskussionsrunden oder Workshops wird
das Thema Inklusion in Hannover präsent sein. In den
Ausstellungshallen werden Bildungsverlage und Ausstatter Schulbücher,
Werkzeuge, Möbel und Hilfsmittel präsentieren, die in der Praxis
eingesetzt werden können, um Inklusion zu fördern - von
individualisierten Unterrichtsmaterialien über spezifische Sitzmöbel
bis hin zu augengesteuerten Computerbildschirmen.
Die fachliche Qualifizierung des Personals in allen
Bildungsbereichen bleibe im Hinblick auf die Umsetzung der Inklusion
eine zentrale Aufgabe, hatte die Präsidentin der
Kultusministerkonferenz, Sylvia Löhrmann, anlässlich der Vorstellung
des Bildungsberichts im Sommer 2014 erklärt. Mit Blick auf den
gegenwärtigen Stand in diesen Bildungsbereichen, dem Ausblick auf die
weitere Entwicklung und den vielfältigen Informationen zu Aus- und
Weiterbildungsangebote wird die didacta 2015 einen weiteren Beitrag
zum Gelingen dieser Aufgabe leisten.
Deutsche Messe AG
Die Deutsche Messe AG ist mit einem Umsatzvolumen von 312
Millionen Euro im Jahr 2013 eine der zehn größten Messegesellschaften
weltweit und betreibt das größte Messegelände der Welt. Sie
entwickelte, plante und realisierte im Jahr 2013 insgesamt 119 Messen
und Kongresse im In- und Ausland mit 41 000 Ausstellern und vier
Millionen Besuchern. Zu ihrem Eventportfolio gehören internationale
Leitmessen wie die CeBIT (Informations- und
Kommunikations-technologien), die HANNOVER MESSE (industrielle
Technologien), die BIOTECHNICA (Biotechnologie), die CeMAT
(Intralogistik), die didacta (Bildung), die DOMOTEX (Bodenbeläge),
die INTERSCHUTZ (Brand-, Katastrophenschutz, Rettung und Sicherheit)
und die LIGNA (Holz- und Forstwirtschaft). Mit mehr als 1 000
Beschäftigten und 66 Repräsentanzen, Tochtergesellschaften und
Niederlassungen ist sie in mehr als 100 Ländern präsent.
Pressekontakt:
Ansprechpartnerin für die Redaktion:
Andrea Staude
Tel.:+49 511 89-31015
E-Mail:andrea.staude(at)messe.de
Weitere Pressetexte und Fotos finden Sie unter:
www.didacta-hannover.de/presseservice