(ots) - Tier- und Naturschutzverbände fordern die
Bundesregierung auf, die Privathaltung von Wildtieren strenger zu
regeln, so wie es im Koalitionsvertrag angekündigt wurde. Deutschland
ist Europas Drehscheibe für den Handel mit exotischen Tieren wie
Schlangen und Echsen. Dies zeigt sich auch am kommenden Samstag, wenn
in Hamm/Nordrhein-Westfalen die weltgrößte Reptilienbörse
stattfindet, wo Wildtiere zu Tausenden verramscht werden.
Ein Krokodil, ein Äffchen oder eine Giftschlange: Möglichst
außergewöhnlich soll ein Haustier heute sein. Doch was das Ego des
Besitzers schmückt, bedeutet für viele Wildtiere in Gefangenschaft
ein langes Leid und eine Bedrohung für die Wildbestände mancher Arten
in den Herkunftsländern. Viele Arten sind für die Heimtierhaltung
nicht geeignet. Weil der Exoten-Boom in Deutschland immer mehr
Probleme mit sich bringt, einigte sich die schwarz-rote
Bundesregierung vor mehr als einem Jahr darauf, die Haltung und den
Handel mit exotischen Tieren einheitlich zu regeln. Importe von
Wildfängen in die EU sollen ebenso verboten werden wie gewerbliche
Wildtierbörsen in Deutschland.
Tier- und Naturschützer begrüßen diese Pläne. "Doch es hapert an
der Umsetzung", berichtet Per Fiesel, Präsident des
Landestierschutzverbandes NRW. "Nach über einem Jahr ist immer noch
nichts passiert. Weiterhin werden Arten verkauft, die gefährlich
sind, als Heimtier völlig ungeeignet oder aus freier Wildbahn
stammen. Flughunde, Krokodile, Chamäleons - das Artenspektrum ist
unglaublich".
Vorbild Belgien und Niederlande
Die Tier- und Naturschutzverbände empfehlen, dem Modell Belgiens
und der Niederlande zu folgen. Dort regelt eine Positivliste, dass
nur die Arten gehalten werden dürfen, die als Heimtiere wirklich
geeignet sind. Erlaubt sind nur Tierarten, die ihren Bedürfnissen
entsprechend gehalten werden können und weder eine Gefahr für die
Gesundheit von Mensch und Tier, noch für die heimische Natur
darstellen. "Gerade Wildtiere haben besonders hohe Haltungsansprüche,
die in Privathand schwer zu erfüllen sind", sagt Sandra Altherr von
Pro Wildlife. Terrarien, Zubehör und Strom kosten viel Geld. Allzu
oft werden die Halter dieser Tiere schnell überdrüssig: Immer öfter
landen exotische Tiere in der freien Natur oder in Tierheimen, die
jedoch mit der Pflege oft überfordert sind.
Wildfänge: Aus der Natur ins Terrarium
Für den Exoten-Boom in Europa werden Tierbestände in Asien, Afrika
und Lateinamerika geplündert. Händler verkaufen in Deutschland
unzählige wild gefangene Reptilien, Amphibien, Fische und Säugetiere
an Privatleute - sogar bedrohte oder gefährliche Arten und teilweise
illegal. "Den Reibach machen einige wenige Händler - auf Kosten der
Natur", kritisiert Laura Zodrow von Animal Public.
"Hierzulande ist es streng verboten, ein Tier aus der Wildnis
einzufangen, um es in einen Käfig oder ein Terrarium zu setzen - ob
das Tier bedroht ist oder nicht. Wir müssen verhindern, dass
Wildbestände außerhalb der EU für den hiesigen Markt geplündert
werden", so Friederike Scholz vom Bund für Umwelt- und Naturschutz
Deutschland (BUND). "Als wichtiger Absatzmarkt steht Deutschland hier
besonders in der Verantwortung."
Das Terrarium als Arche Noah? Halter exotischer Tiere
argumentieren oft, sie würden mit ihrem Hobby einen Beitrag zum
Artenschutz leisten. Naturschützer widersprechen: "Es nützt dem
Artenschutz nicht, wenn bedrohte Arten hier in Deutschland in
privaten Käfigen und Terrarien gezüchtet werden. Sie müssen in ihren
Herkunftsländern geschützt werden", sagt Tom Kirschey vom
Naturschutzbund Deutschland (NABU). "Freigekommene oder ausgesetzte
exotische Heimtiere können zudem eine Gefahr für heimische Arten
werden".
Die Deutschen wollen keine Wildtierimporte Eine Umfrage der GfK im
Auftrag von PETA zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen den
Wildtierhandel einschränken will: 95,5 Prozent sind für ein
Einfuhrverbot von exotischen Tieren, die in der Natur gefangen
wurden. 89,1 Prozent sprechen sich für ein Verbot von gewerblichen
Wildtierbörsen aus, auf denen zum Beispiel Reptilien gehandelt
werden.
Zehn deutsche Tier- und Naturschutzverbände hatten bereits im März
diesen Jahres in einem gemeinsamen Positionspapier an die
Bundesregierung appelliert, den Koalitionsvertrag zügig umzusetzen:
Animal Public, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND),
Bund gegen den Missbrauch der Tiere, Deutscher Tierschutzbund,
Menschen für Tierrechte, Naturschutzbund Deutschland (NABU), People
for the Ethical Treatment of Animals (PETA), Pro Wildlife, The
Eurogroup against Birdcrime und Vier Pfoten.
Pressekontakt:
Dr. Sandra Altherr, Pro Wildlife e.V., Tel. +49 (0) 89 81299 507,
sandra.altherr(at)prowildlife.de