(ots) - Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur
teilweisen Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer hat für
Unternehmer weitreichende Folgen
Es war wie bei Haydens "Symphonie mit dem Paukenschlag": Alle
wissen, dass er kommt, dennoch zuckt der Saal zusammen. Der
Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit
der Erbschaftsteuer war ein lang erwarteter Paukenschlag. "Der
Gesetzgeber ist seit Jahrzehnten in ein Geflecht aus wirtschaftlichen
Lenkungsmotiven mit weitreichenden Privilegierungstatbeständen und
Typisierungen verstrickt, in dem der verfassungsrechtlich notwendige
rote Faden fehlt", sagt Heinrich Steinfeld, Programmleiter Wirtschaft
und Steuern beim renommierten auf Steuer- und Wirtschaftsrecht
spezialisierten NWB Verlag in Herne. Diesen roten Faden hat das
Verfassungsgericht nun nachgeliefert.
Das Gericht argumentiert mit dem Gleichheitsgrundsatz: Da alle
Menschen vor dem Gesetz gleich sind, müssen Privilegien - wie die zur
Verschonung des Betriebsvermögens im aktuellen Erbschaftssteuerrecht
- rechtlich begründet sein. Bereits bei den Urteilen zur
Pendlerpauschale und zur Ungleichbehandlung von verheirateten und in
einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten beim
Familienzuschlag spielte dies eine tragende Rolle: Beide Gesetze
hatte das Bundesverfassungsgericht ebenfalls für verfassungswidrig
erklärt.
Da die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer lange erwartet
wurde, haben Unternehmer vielfach schon reagiert. "Das derzeitige
Gesetz wird zwar bis zum Inkrafttreten der Neuregelung weiter
angewendet", erklärt Jochen Lüdicke, Honorarprofessor an der
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, "das Bundesverfassungsgericht
erlaubt dem Gesetzgeber aber ausdrücklich, die überbegünstigenden
Regelungen rückwirkend aufzuheben", so der Rechtsanwalt und
Steuerberater, der auch Präsident des Bundesverbands der
Steuerberater und Partner bei der Rechtsanwaltssozietät Freshfields
Bruckhaus Deringer in Düsseldorf ist. Heinrich Steinfeld vom NWB
Verlag ergänzt: "Das Verfassungsgericht setzt sich sehr dezidiert mit
den einzelnen Privilegierungstatbeständen auseinander und macht dem
Gesetzgeber, der an dem derzeit geltenden System festhalten möchte,
einen konkreten Reparaturvorschlag."
Swen Bäuml, Steuerberater und Professor an der Hochschule Mainz,
sieht im Urteil bereits die ersten Hinweise, wie das Gesetz künftig
aussehen könnte: "Auffällig ist, dass der Senat die Zulässigkeit der
Privilegierung von kleinen und mittleren Unternehmen hervorhebt. Er
sieht dies aber nicht in Bezug auf große Unternehmen, bei denen der
für Familienunternehmen typische personale Bezug zwischen
Gesellschafter und Unternehmen fehlt", so Bäuml, der auch Partner des
Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG ist. "Dies
deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber aus Sicht des
Bundesverfassungsgerichts möglicherweise eine Begünstigungsausnahme
für diese Unternehmen vorsehen sollte." Als Abgrenzungskriterium
komme die Kapitalmarktorientierung dieser Unternehmen in Frage. Auch
die Befreiung von kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als
20 Beschäftigten von der Lohnsummenkontrolle werde künftig nicht mehr
gesetzlich darstellbar sein. Das sei aber eine Frage der praktischen
Gesetzesanwendung: "Eventuell lässt sich hier im Verwaltungswege eine
Billigkeitsregelung finden, von der die kleinen Betriebe und auch die
Finanzverwaltung auch künftig profitieren könnten."
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