(ots) - Die Flagge im Isaf-Hauptquartier in Kabul ist
eingerollt, der längste und verlustreichste Einsatz der
Nato-Geschichte geht mit dem Jahreswechsel zu Ende. Es folgt der
Ausbildungseinsatz "Resolute Support" - Entschlossene Unterstützung.
Das soll entschieden klingen, ist aber nicht frei von Absurdität. Wie
so vieles in Afghanistan.
55 deutsche Soldaten haben in Afghanistan ihr Leben verloren. Sie
sollten, so hat es der damalige Verteidigungsminister Peter Struck
formuliert, unsere Freiheit am Hindukusch verteidigen. 13 lange Jahre
ist das her, als auf die Jagd auf Osama Bin Laden, den Chef des
Terrornetzwerks Al-Kaida und Drahtzieher der Anschläge vom 11.
September 2001, der Stabilisierungseinsatz Isaf folgte.
Was hat der Krieg gebracht? Hat er was gebracht? Bin Laden ist
tot. Sein Terrornetzwerk aber lebt. Und es hat Schule gemacht. Die
Terrormiliz "Islamischer Staat", die derzeit eine Blutspur durch Irak
und Syrien zieht, unterscheidet sich von Al-Kaida vor allem dadurch,
dass sie noch gnadenloser, noch brutaler, noch radikaler agiert. Auch
die radikalislamischen Taliban sind nicht besiegt. Sie kündigten an,
sie würden auch nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes die
ausländischen Truppen weiter angreifen.
Frieden, Freiheit, Demokratie, Menschenrechte - das alles lässt
sich nicht herbeibomben. Deshalb ist der unblutige, nahezu
demokratische Machtwechsel in diesem Jahr ein großer Fortschritt,
wenn auch kein Garant für die Zukunftsfähigkeit des Landes. Die
Hoffnung Afghanistans geht - anders als viele Eltern und Großeltern -
zur Schule. Jahrzehntelang war das Land geprägt von Krieg und Gewalt.
Jetzt lernen zehn Millionen Mädchen und Jungen nicht nur lesen und
schreiben, sondern auch Respekt vor der Meinung des anderen,
Konfliktlösung ohne Faust und Machete.
Ob der Einsatz in Afghanistan all die Opfer wirklich wert war, ist
noch unklar. Vielleicht, so sagt es die Mutter eines jungen Soldaten,
der bei einem Anschlag ums Leben kam, wissen wir es in ein paar
Jahren. Dann sind die Kinder, die jetzt zur Schule gehen können,
erwachsen. Sie könnten das Land von unten verändern.
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