(ots) -
Seit dem verheerenden Erbeben vom 12. Januar 2010 ist es der
haitianischen Regierung unter Präsident Michel Martelly gelungen,
kleine Fortschritte zu erzielen: Die extreme Armut wurde gemindert,
der Straßen- und Wiederaufbau sind vorangekommen und es wurden
Fortschritte im Bildungssystem erzielt. Doch diese kleinen Erfolge
sind durch die politische Dauerkrise gefährdet. Im letzten Oktober
verschob Präsident Martelly die seit drei Jahren fälligen Parlaments-
und Regionalwahlen auf unbestimmte Zeit. Der Grund ist, dass sich
Regierung und Opposition weder auf den Wahltermin noch auf die
Zusammensetzung des Wahlrates einigen können. Inzwischen wurde eine
Kommission eingesetzt, die Vorschläge erarbeitet hat. Demnach sollen
die derzeitige Regierung, die aktuelle Wahlkommission und der
wichtigste Justizvertreter entlassen werden. Darüber hinaus sollen
die Parlamentsmitglieder, deren Mandat am 12. Januar ausläuft,
weiterhin im Amt bleiben damit kein Machtvakuum entsteht. Nun muss
das Parlament diese Vorschläge ratifizieren. Falls dies nicht
geschieht, wird Präsident Martelly ab Mitte Januar auf unbestimmte
Zeit per Dekret weiterregieren.
Durch die politische Lähmung kam es in den letzten Monaten
vielerorts zu teils gewalttätigen Protesten der Bevölkerung, die
Regierung und Opposition vorwerfen, sich nicht um die drängenden
sozialen Probleme zu kümmern. Diese Probleme prägen das Bild von
Haiti bis heute. Auch heute, fünf Jahre nach dem Erdbeben, leben rund
80 Prozent der Bevölkerung in Armut. Die Hälfte der Haitianer geht
abends hungrig ins Bett und mehr als 40 Prozent der Menschen sind
arbeitslos.
Die weiterhin dramatische Lage macht die Arbeit von
Nichtregierungsorganisationen wie nuestros pequeños hermanos (nph) so
wichtig. nph haiti engagiert sich bereits seit 1987 in dem
Karibikstaat und hatte schon vor dem Erdbeben zahlreiche Projekte und
Programme aufgebaut. Nach dem Erdbeben reagierte nph haiti - zusammen
mit der Partnerorganisation St. Luc Stiftung - auf den Bedarf der
Menschen. Die medizinischen und therapeutischen Einrichtungen wurden
ausgebaut und die Angebote erweitert. Zusammen mit den Menschen in
Cité Soleil, einem der größten Slums in Haiti, haben nph haiti und
die St. Luc Stiftung ein Krankenhaus und Häuser für menschenwürdiges
Leben gebaut. 256 Familien konnten ihr neues Zuhause bereits
beziehen.
Als eine der größten Herausforderungen für die Zukunft beschreibt
der Priester und Arzt Richard Frechette, Leiter der nph-Einrichtungen
und der St. Luc Stiftung, die Schaffung von Arbeitsplätzen: "Die
Menschen hier haben keine Angst vor Arbeit, im Gegenteil, sie suchen
verzweifelt danach. Und das ist wahrscheinlich die wichtigste
Ressource des Landes und auch für uns." nph haiti und die St. Luc
Stiftung beschäftigen mehr als 1.600 haitianische Mitarbeiter, die
sich um Weiterentwicklung der Projekte und Programme kümmern.
Doch so lange die politischen Verhältnisse instabil sind, werden
sich kaum Investoren finden, die Geld in den Aufbau von Fabriken oder
Hotels investieren. Und ohne eine funktionierende Wirtschaft wird es
jeder künftigen Regierung schwer fallen Arbeitsplätze zu schaffen und
Armut und Hunger nachhaltig zu bekämpfen. Deshalb wird Haiti weder im
Jahr 2015, noch in den darauf folgenden Jahren, das erste
Millenniumsziel (Bekämpfung von Armut und Hunger) erreichen. Bleibt
zu wünschen, dass das Land schnell aus der politischen Dauerkrise
herauskommt, um, wie im Jahresbericht "Haiti 2030 am Horizont"
beschrieben, in den nächsten 15 Jahren zum Schwellenland
aufzusteigen.
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