PresseKat - Allg. Zeitung Mainz: Frei / Kommentar zu Terrorismus und "Charlie Hebdo"

Allg. Zeitung Mainz: Frei / Kommentar zu Terrorismus und "Charlie Hebdo"

ID: 1158419

(ots) - Am Ende waren es 90000 Einsatzkräfte, die Frankreich
aufbot, um die mutmaßlichen "Charlie Hebdo"-Attentäter und ihre
möglichen Komplizen zu fassen. Wenn die Killer Krieg wollten, haben
sie ihn also bekommen. Und nicht nur sie haben es mit ihrem Leben
bezahlt: Seit Mittwoch sind wegen des feigen Anschlags auf alles, was
freien Europäern - selbst denen, die an keinen Gott glauben - heilig
sein muss, 20 Menschen gestorben. Aber dennoch dürfen Trauer und Wut
uns nicht den Blick vernebeln. Ja, unsere Freiheit wird schon lange
nicht mehr nur am Hindukusch oder in Kobane verteidigt. Und trotzdem
sind unsere Straßen, Plätze und Redaktionen keine Kampfzonen. Wer
jetzt mit Maximalforderungen nach einer Hochrüstung des Staates
überzieht, macht mit noch frischem Entsetzen falsche Politik: Werte
aufgeben, um eine Sicherheit zu gewinnen, die immer nur eine
Scheinsicherheit sein kann - wir haben leider in den USA gesehen,
wohin das führen kann.

Auf der anderen Seite dürfen wir keinesfalls wehrlos werden. Aber
wogegen müssen wir uns wehren? Natürlich gegen den Terror. Wenn es
sein muss, mit allem, was die Sicherheitskräfte aufbieten können.
Aber davor muss immer erst etwas anderes stehen. Wir müssen uns
wehren gegen die, die mit dümmlichsten Parolen unser Wertegerüst
schwächen. Dazu zählen neben Terroristen alle Spektren des Extremen:
die nach Stimmen gierenden Rechten - auch und gerade die, die bei
Pegida mittun - wie auch die Linken, die unfassbar zynisch
verbreiten, Europa ernte in Paris, was es in Nahost gesät habe. Vor
wem fliehen eigentlich Abertausende nach Europa? Vor Karikaturisten?
Amerikanischen Flugzeugen? Wohl kaum. Sie laufen weg vor gottlosen
Schlächtern, die den Islam zur Tötungsideologie pervertieren. Diese
Fanatiker haben den Krieg nach Frankreich getragen. Ihnen und ihren
Anhängern müssen wir ebenso wie linken und rechten Rattenfängern




entgegen treten. Weil sie alle nicht begreifen oder begreifen wollen,
was Europa seit der Aufklärung ausmacht: die Erkenntnis, dass unsere
Freiheit eine Freiheit des Geistes ist. Die Macher von "Charlie
Hebdo" waren Fackelträger dieser Erkenntnis. Im Gedenken an sie und
die Polizisten, die ihr Leben ließen, sagen wir: Wir sind frei.
Unsere Kunst darf alles. Unsere Wahl ist das Wort und erst dann das
Schwert. Wer diese Werte zu den seinen machen will, der ist
willkommen. Und wer diese Werte hasst und bekriegt, wird nur dann
eine Chance haben, wenn wir selbst diese Werte vergessen und
verraten.



Pressekontakt:
Allgemeine Zeitung Mainz
Florian Giezewski
Regionalmanager
Telefon: 06131/485817
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Datum: 09.01.2015 - 20:20 Uhr
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