(ots) - Autobauer wie Toyota und Tesla sorgen mit der
Freigabe tausender Patente für einen Paukenschlag in der Autobranche.
Durchdachte Strategie oder Kardinalfehler? KPMG-Experte Dieter Becker
erklärt die Chancen für die Branche und die Gefahren für die
Patent-Steller.
Toyota gibt 5680 Patente ab, rund 1970 beziehen sich auf
Erfindungen zur Brennstoff-Zelle im Auto. Verblüffend, dabei haben
die Japaner erst unlängst ein neues Auto mit Brennstoffzellen-Antrieb
auf den Markt gebracht. Diese Technologie ist nun für andere Anbieter
zugänglich. Der Hintergrund: Durch diese Maßnahme soll mehr Bewegung
in den Teilbereich des Marktes kommen.
Auch Tesla, die für Elektro-Sportautos bekannte Marke aus dem
US-Bundesstaat Kalifornien, hatte 2014 bereits Patente freigegeben.
Dieter Becker, KPMG-Autoexperte und Global Head of Automotive,
schätzt, dass die Freigabe in Hinblick auf mögliche Kunden erfolgte:
"Offensichtlich verschieben sich die kaufentscheidenden Faktoren aus
Kundensicht doch und wenn sich kein Premium-Preis aus diesen
Technologien ableiten lässt, so ist der Anreiz für diejenigen, die
als erstes neue Technologien marktfähig machen wollen, nicht
besonders groß."
Dass nun Patente in großem Stil frei auf dem Markt verfügbar sind,
soll neue Impulse bringen: "Der Geist der Open-Source-Bewegung, also
die Freigabe von Informationen anstatt auf proprietäre Lösungen zu
setzen, hat seine Wurzeln insbesondere in der IKT-Branche und bietet
mittlerweile einige erfolgreiche Beispiele. Eine Reduktion der Anzahl
der Antriebe hilft allen und nicht nur einzelnen, die Kosten für die
Entwicklung von neuen Antrieben können so nachhaltig gesenkt werden.
Ohne das Wissen über technische Spezifika kann sich auch kein
Infrastrukturnetz entwickeln, ohne Infrastruktur überlebt aber auch
keine Technologie, insofern hilft dies auch der Versorgungswirtschaft
die Infrastruktur zu durchdenken und nun zu entwickeln, zum Beispiel
beim Thema Wasserstoff. Womöglich ist das ein Hinweis, dass diese
Freigabe nur deshalb erfolgt ist, weil man mit der isolierten
Technologie keine Veränderung allein aus OEM-Sicht betreiben kann",
so Becker weiter.
Kleiner Markt, große Wirkung
Bislang ist der Markt für Fahrzeuge mit neuen Antriebstechnologien
laut Becker einfach zu klein, im Fokus bleiben deshalb vorerst andere
Bereiche der Branche. Das sind die, mit denen die Autobauer Umsatz
machen. Die freigebenden Patente sind deshalb auch so wichtig, denn
sie verhindern ein neuerliches Wettrennen zwischen Konkurrenten.
"Dieser kleine Markt hat so stabile Wachstumschancen. Denn wenn alle
gegeneinander konkurrieren, verunsichert das den Kunden und führt nur
zu größerer Kaufzurückhaltung", begründet Becker. Die Folgen sind
verheerend: Hält sich der Käufer zurück, kann sich das ungünstig auf
den Restwert der Fahrzeuge auswirken. Das wiederum bedeutet, dass das
Finanzierungsrisiko für die Hersteller steigt. Die Konkurrenz hat
jetzt also fünf Jahre Zeit, auf Grundlange der frei zugänglichen
Patente eigene Lösungen zu entwickeln. Wie "Harvard Business Review"
berichtete, hat die Geschichte gezeigt, dass sich der Transfer von
Wissen zum Vorteil für den Freigebenden auswirken kann. Becker führt
ein konkretes Beispiel an: "Googles Android OS zeigt, dass in Zeiten
in denen nicht mehr die zwingend die Hardware, sondern die Software
dominiert, große Erfolge und Umsatzsteigerungen ohne viel
Geheimniskrämerei rund um die Technik möglich sind."
Wie der Global Executive Survey 2015 von KPMG prognostiziert, ist
das Elektroauto noch weit davon entfernt, eine wesentliche Rolle auf
dem Automarkt zu spielen. "In absehbarer Zukunft wird sicherlich
nicht mehr die Art des Antriebs das bestgehütete Geheimnis eines
Autokonzerns sein, sondern vielmehr die Informationen, die der
Konzern über das Verhalten eines jeden Fahrzeugnutzers über den
gesamten Fahrzeuglebenszyklus erhalten hat", sagt der
KPMG-Autoexperte über Zukunft der technologischen Geheimnisse der
Autobauer.
Weniger Antriebsarten, klarere Handlungsmuster - auch für
Zulieferer
Ferner sei heute klarer denn je, mit welcher Antriebsart die
Hersteller ihre Autos künftig auf die Straße schicken wollen.
Besonders interessant seien die Technologien, die aus anderen
Bereichen in die Autos und somit auch in die Branche drängen, so
Becker. Außerdem gelte, dass wenn gleiche Patente zum Einsatz kommen,
die Überlebenswahrscheinlichkeit für die Zulieferer höher sei.
Bislang sei es eine Schwäche der Autoindustrie gewesen, eine
Technologie zu standardisieren. Einer der Gründe: "Die Branche hat
kein Interesse daran, dass die eigene Zulieferungsindustrie in
finanzielle Schwierigkeiten gerät", beschreibt Becker die Situation.
Lesen Sie, was die 200 befragten Entscheider der Automotive
Executive Survey 2015 der Autobranche bewegt, wie sie die Chancen
neuer Technologien sehen und welche Marken 2030 die Nase vorn haben
könnten. Außerdem finden Sie hier http://ots.de/v5yq1 ein exklusives
und interaktives Dashboard zur Studie.
Pressekontakt:
KPMG AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Marita Reuter/Thomas Blees
Tel.: (0 30) 20 68-11 18, -1408
E-Mail: mreuter(at)kpmg.com / tblees(at)kpmg.com
KPMG im Internet: www.kpmg.de