(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG), n-ost - Netzwerk für
Osteuropa-Berichterstattung und die mazedonische
Bürgerrechtsorganisation Civil - Center for Freedom verurteilen die
Bestätigung der Haftstrafe für den mazedonischen Journalisten
Tomislav Kezarovski. Ein Berufungsgericht in Skopje verurteilte
Kezarovski am Donnerstagnachmittag zu zwei Jahren Haft
(http://t1p.de/40rh). Damit reduzierte es die im Herbst 2013 in
erster Instanz verhängte Strafe von viereinhalb Jahren. Abzüglich der
bis jetzt verbüßten Strafe stehen Kezarovski jedoch noch viereinhalb
Monate Freiheitsentzug bevor. Ob er sie im Gefängnis oder wie zuletzt
im Hausarrest absitzen muss, wurde zunächst nicht bekannt.
"Dieses absurde Urteil ist eines EU-Beitrittskandidaten unwürdig
und muss so schnell wie möglich aufgehoben werden", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Tomislav Kezarovski hätte keinen
einzigen Tag in Haft verbringen dürfen. Sein einziger Fehler war es,
mit seinen journalistischen Recherchen auf Missstände in der Arbeit
von Regierung und Justiz in Mazedonien hinzuweisen."
"Europa hat lange keinen Gerichtsprozess mit vergleichbarem
Schaden für die Leben der Betroffenen, die Menschenrechte und die
Grundprinzipien der Demokratie erlebt", sagte Xhabir Deralla von der
mazedonischen Menschenrechtsorganisation Civil - Center for Freedom.
"Dieser Prozess und das Urteil gegen den Journalisten Tomislav
Kezarovski sind augenfällige Belege für eine zutiefst politisierte
Justiz."
WIDERSPRÃœCHE IM GERICHTSVERFAHREN
Kezarovski, der Journalist der in Skopje erscheinenden
Tageszeitung Nova Makedonija ist, war am 28. Mai 2013 überraschend
verhaftet worden. Ihm wird vorgeworfen, er habe 2008 in einem Artikel
für die Zeitschrift Reporter 92 die Identität eines geschützten
Zeugen in einem Strafprozess aufgedeckt. Der Betreffende befand sich
jedoch seinerzeit noch gar nicht in einem Zeugenschutzprogramm und
räumte Februar 2013 ein, damals unter dem Druck der Polizei falsch
ausgesagt zu haben (http://t1p.de/w4b2).
Vor seiner öffentlichkeitswirksam inszenierten Festnahme durch
Spezialkräfte der Polizei hatte Kezarovski zum Tod von Nikola
Mladenov recherchiert, dem kurz zuvor unter ungeklärten Umständen bei
einem Autounfall getöteten Verleger der unabhängigen mazedonischen
Zeitung Fokus.
Kurz nach seiner erstinstanzlichen Verurteilung im Oktober 2013
war Kezarovski im Herbst 2013 aufgrund internationaler Proteste
vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen worden. Seitdem stand er unter
Hausarrest.
Im Oktober kritisierte die Europäische Union in ihrem jüngsten
Fortschrittsbericht für den Beitrittskandidaten Mazedonien die Lage
der Medien in dem Balkanstaat (http://t1p.de/hi5l). Unter anderem
kritisierte sie einen Missbrauch der Verleumdungsgesetze und
bemängelte, dass staatliche Institutionen unabhängige Medien beim
Schalten von Werbeanzeigen benachteiligten. Außer Acht gelassen
werden in dem Bericht jedoch Einzelschicksale wie jenes von
Kezarovski.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Europäische Union
auf, den Schutz kritischer Journalisten zur Bedingung für einen
EU-Beitritt Mazedoniens zu machen und sich vehementer als bisher für
Presse- und Meinungsfreiheit in dem Balkanstaat einzusetzen.
In den vergangenen Jahren hat sich die Lage der Pressefreiheit in
Mazedonien dramatisch verschlechtert. 2009 stand das Land auf der
ROG-Rangliste der Pressefreiheit noch auf Platz 34. Mittlerweile ist
es auf Rang 123 von 180 Ländern abgestürzt.
Weitere Informationen zur Lage der Journalisten in Mazedonien
finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/mazedonien/.
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