(ots) - Konzern stellt intern IC-Strecken in Frage /
Bundesländer fordern Streckenerhalt
Die Deutsche Bahn AG (DB AG) gerät durch die Liberalisierung des
Fernbusmarktes immer stärker unter Druck. Das zeigen interne Vorlagen
für Aufsichtsratssitzungen des Konzerns im November und Dezember
2014, die dem ARD-Politikmagazin KONTRASTE vorliegen.
Im internen Lagebericht vom November 2014 stellt die DB fest, dass
durch die Liberalisierung des Fernbusmarktes Millionen Fahrgäste von
der Bahn zum Bus gewechselt seien. Demnach verliert die DB AG allein
auf der ICE-Verbindung Berlin-Leipzig täglich 953 Reisende an den
Fernbus, auf der Strecke Berlin-Hannover seien es 759 Reisende. Auf
der Strecke Frankfurt - Stuttgart beziffert die DB AG den
Fahrgastverlust mit 802 Reisenden pro Tag. Die DB beklagt intern eine
"Kannibalisierung" durch den Fernbus, weil die Anbieter in direkter
Konkurrenz zum ICE-Netz fahren und mit Kampfpreisen den Markt
aufrollen würden.
Laut einer als "Streng vertraulich!" eingestuften Vorlage für die
Aufsichtsratssitzung im Dezember will die Deutsche Bahn AG auf
unterschiedlichen Geschäftsfeldern auf die durch die Fernbusse
erzeugten Verluste reagieren. Einerseits prüft die DB AG, wie sie
ihre Wettbewerbsposition im lukrativen ICE-Netz stärken kann, etwa
durch eine "zusätzliche Taktverdichtung". Andererseits soll es beim
Intercity-Fernverkehr eine "grundlegende Betrachtung zu
Angebotsstruktur und Produktpositionierung" geben. Die
Wirtschaftlichkeit der Intercity-Verbindungen wird als "niedrig"
eingestuft.
Alexander Kirchner, Vorsitzender der Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft befürchtet deshalb, dass die DB AG künftig
Verbindungen, die abseits der ICE-Hauptstrecken liegen, einstellen
könnte. Städte in Randlagen wie Kiel, Bremen, Saarbrücken, Dresden
und Rostock wären dann vom Fernverkehr abgehängt. Kirchner
kritisiert, dass der Bahn-Vorstand die Konkurrenz der Fernbusse lange
unterschätzt habe. Wörtlich sagte er gegenüber KONTRASTE: "Bis heute
gibt es kein Konzept der Bahn, wie sie auf den Fernlinienbus
reagiert."
Nach Recherchen von Kontraste wollen die Bundesländer mit einer
Bundesrats-Initiative dagegen halten. "Wir verlangen vom Bund als
Eigentümer der DB AG Garantien, dass künftig auch Städte in Randlagen
oder in weniger dicht besiedelten Gebieten angefahren werden."
erklärt Roger Lewentz (SPD), Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz.
"Das ist ein klarer Auftrag des Grundgesetzes, gleiche
Lebensverhältnisse zu garantieren".
Das Umweltbundesamt übt heftige Kritik an der Verkehrspolitik von
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt: "Die Politik muss die
Rahmenbedingungen so setzen, dass die Deutsche Bahn als
zukunftsträchtiger Verkehrsträger erhalten bleibt.", erklärt die
Leiterin des Fachgebiets Umwelt und Verkehr, Katrin Dziekan. Nur mit
der Schiene, nicht mit Bus könne die Bundesregierung ihre Klimaziele
einhalten.
Kontraste, heute 22.00 Uhr im ERSTEN.
Weitere Informationen:
ARD-Politikmagazin KONTRASTE, Tel. 030 97 993 22801