(ots) - EZB ruft EU-Kommission und Euro-Staaten zur
Einhaltung des Stabilitätspaktes auf
Direktoriumsmitglied Mersch verteidigt Programm zum Ankauf von
Anleihen - Reformerwartungen vor Griechen-Wahl
Osnabrück.- Die Europäische Zentralbank (EZB) pocht nach dem
Beschluss ihres Programms zum Kauf von Staatsanleihen auf die
Einhaltung der Maastricht-Kriterien durch Euro-Staaten und
EU-Kommission. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung"
(Samstag) sagte EZB-Direktor Yves Mersch, um gegen die
Vertrauensprobleme in der Eurozone anzugehen "können wir nicht immer
nur die Währungspolitik bemühen. Während fortlaufend an der EZB
gezerrt wird, sehen wir zugleich, wie die EU-Kommission auf Vorschlag
einiger Staaten den Stabilitäts- und Währungspakt aufweichen will.
Sie sollte sich dazu nicht breitschlagen lassen."
Andernfalls schwäche die Brüsseler Behörde das Vertrauen in die
Gemeinschaftswährung, warnte Mersch und wandte sich damit gegen den
Vorstoß, die Maastricht-Kriterien für die Staaten zu lockern, die
sich am Investitionsprogamm der EU-Kommission beteiligen. Darüber
will am Montag die Eurogruppe beraten.
Unter anderem mit Blick auf Griechenland ergänzte der Luxemburger,
"Länder, die Wettbewerbsnachteile haben, sind gefordert, dem
entgegenzuwirken und nicht fortlaufend Anforderungen an die
Währungspolitik zu stellen". Diese komme irgendwann an ihr Ende, "und
wir haben uns diesem bereits stark angenähert", erklärte Mersch
angesichts des Zinsniveaus und des umstrittenen Aufkaufs von
Anleihen.
Gleichzeitig verteidigte er diesen am Donnerstag beschlossenen
Schritt der EZB gegen Kritik. Zu den Bedingungen zähle, dass keine
volle Verlustteilung vereinbart worden sei, um Risiken und
unerwünschte Nebenwirkungen zu verhindern. "Es gibt also keine
Gemeinschaftshaftung wie sie bei Eurobonds vorliegen würde", erklärte
der EZB-Direktor. "Den deutschen Bedenken ist weitgehend Rechnung
getragen worden, auch wenn man es vielleicht nur im Kleingedruckten
sieht." Ferner werde die Inflationsrate nach den Erwartungen der EZB
trotz des Kaufprogramms noch für mehrere Monate sehr niedrig und
teilweise negativ sein.
Vor der Wahl in Griechenland an diesem Sonntag sagte der
EZB-Direktor, "es liegt in der Verantwortung der griechischen Wähler,
die Regierung zu wählen, von der sie denken, dass sie die beste
Zukunft für das Land liefert". Grundsätzlich seien miteinander
geschlossene Verträge allerdings einzuhalten. Auch sei es Sache der
nationalen Akteure, auf welche Weise Reformen durchgeführt würden.
"Wir sind allerdings der Meinung, dass eine Senkung der Schulden und
von Arbeitslosenzahlen eine solide Wirtschaftspolitik voraussetzt",
betonte Mersch.
EZB-Direktor sorgt sich um Zukunft der Marktwirtschaft
Warnung vor allumfassendem Glauben an staatliche
Investitionsprogramme
Osnabrück.- EZB-Direktor Yves Mersch stören die umfassenden Rufe
nach staatlichen Investitionsprogrammen innerhalb der Eurozone. In
einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) sagte
das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), "wenn nur noch
der Staat investieren sollte, um die Wirtschaft anzukurbeln, und der
Privatsektor dazu selbst nicht mehr bereit wäre, dann hätte ich
Bedenken, ob unser marktwirtschaftliches System noch zukunftsfähig
wäre". Europa sei dringend angewiesen auf die Innovations- und
Investitionskraft der Privatwirtschaft, gerade auch der kleinen und
mittleren Unternehmen. Hingegen seien verschiedene Vorstellungen, die
gegenwärtig in Politik und Gesellschaft zu hören seien, nicht mehr
mit der Marktwirtschaft vereinbar, kritisierte der Luxemburger
Währungsspezialist.
EZB: Keine gezielte Destabilisierung Russlands an den Märkten zu
beobachten
Mersch sieht "Verschwörungstheorien"
Osnabrück.- EZB-Direktor Yves Mersch hat Spekulationen, wonach
interessierte Kreise die Kurse von Rubel und Öl gezielt manipulieren,
um Russland politisch zu schaden, als "Verschwörungstheorien"
bezeichnet. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung"
(Samstag) sagte er, "als Zentralbank liegen uns keinerlei
Erkenntnisse über gesteuerte Destabilisierungsversuche auf den
Märkten vor". Russlands aktuelle Probleme lägen an der Situation in
der Ukraine, den daraus resultierenden Sanktionen und am Verfall des
Ölpreises. In der Kombination wirke sich das auf die Währung aus,
deren Bewertung die Erwartungen an die wirtschaftliche Stärke eines
Landes widerspiegele. "Das sind normale Prozesse und keine gezielten
Handlungen", betonte Mersch. Auch wenn es für einzelne Länder oder
Sektoren anders aussehe, sei Russlands wirtschaftliches Gewicht für
Europa überschaubar, führte der EZB-Direktor weiter aus. Das gleiche
gelte für das gesamte europäische Bankensystem. "Es ist durch seine
russischen Verbindungen nicht gefährdet, wenn auch für einzelne
Institute Risiken zu sehen sind, denen sie vorbeugen sollten", sagte
Mersch.
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