(ots) - Der Wahlerfolg des Populisten Alexis Tsipras und
seiner linksradikalen Syriza-Partei kam nicht überraschend. In dieser
Klarheit ist er dennoch ein deutliches und zugleich beunruhigendes
Signal für Europa: Die Mehrheit der Griechen hat die Nase voll von
Sparmaßnahmen, von Entbehrungen, von fehlenden Perspektiven. Sie
wollen ihr altes Leben zurück, mit der Sicherheit eines aufgeblähten
Beamtenapparats, hoher Renten und dem Wohlgefühl des
Mittelstandslebens. Das ist menschlich nachvollziehbar, für die
Zukunft Griechenlands aber fatal. Es ist eine Welt, die es so nicht
mehr geben wird.
Alexis Tsipras hat diese Wünsche und Gefühle geschickt bedient.
Durch Frust, Wut und Zukunftsangst war der Boden für ihn bereitet.
Zudem hatten die bislang regierenden Konservativen vergeblich
versucht, einen gesellschaftlichen Konsens zu schaffen, der die
Notwendigkeit von Reformen beinhaltet. In dieser Gemengelage wurde
Tsipras zum strahlenden Sieger - der aber zugleich Gefangener seiner
großen Versprechen ist. Denn natürlich kann Athen nichts erreichen
ohne das Entgegenkommen der Gläubiger. Schuldenschnitt, Aufschwung,
mehr Investitionen, weniger Arbeitslose, sichere Renten: Tsipras
braucht Europa, weil Griechenland am Tropf hängt. Er hat nur eine
Chance: Das Bestreben der Euro-Länder, Griechenland nicht zu
verlieren, um einen Präzedenzfall zu vermeiden, bekommt oberste
Priorität.
Damit tritt die Zerreißprobe um die Rettung Griechenlands in eine
neue Phase. Wohl wissend, dass es in letzter Konsequenz nicht um die
Griechen und ihre vergleichsweise kleine Wirtschaft geht. Die
Empfänger der Signale sind vor allem die großen, ebenfalls
reformunwilligen Südeuropäer. Allen voran Frankreich und Italien.
Aber auch die Menschen in den Gläubigerstaaten werden genau
registrieren, ob griechischer Populismus mit dem Geld aus anderen
Ländern bezahlt wird. Das europäische Miteinander ist Freundschaft
und Idealismus, es ist aber auch das Einhalten von Regeln. Je mehr
Menschen daran nicht mehr glauben, desto mehr Akzeptanz geht
verloren. Darauf warten die Populisten - auch in Deutschland.
Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 - 804 6519
zentralredaktion(at)waz.de