(ots) - Zentralrat der Juden fordert Pflichtbesuch für
Schüler in KZ-Gedenkstätten
Präsident Schuster vor 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung:
Bundesländer sind gefragt - Kritik an Politisierung des Gedenktages -
Lob für Stolpersteine
Osnabrück.- Im Zuge des Gedenkens an die Auschwitz-Befreiung vor
70 Jahren hat der Zentralrat der Juden die Bundesländer aufgefordert,
im Schulunterricht mehr Informationen über den Holocaust zu
vermitteln. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung"
(Montag) schlug Zentralrats-Präsident Josef Schuster konkret vor,
"dass jeder Schüler ab der neunten Klasse verpflichtend eine
KZ-Gedenkstätte besucht". Alle Länder, in denen dies noch nicht der
Fall sei, seien gefragt, eine entsprechende Regelung einzuführen,
sagte Schuster. "Theorie und Unterricht sind schließlich die eine
Sache", führte der Präsident des Zentralrats seinen Vorschlag aus,
"das konkrete Erleben vor Ort, die plastische Anschauung die andere".
Mit Blick auf die Abwesenheit von Kremlchef Wladimir Putin bei der
zentralen Gedenkveranstaltung an diesem Dienstag in Auschwitz sagte
Schuster: "Ich bedauere es, dass auf dem Rücken dieses Gedenktages
Politik gemacht wird." Er hätte nichts gegen die Anwesenheit Putins
einzuwenden gehabt. Zudem kritisierte er, "dass es noch eine weitere
Gedenkveranstaltung in Tschechien gibt. Der authentische Ort für den
Holocaust-Gedenktag am 27. Januar ist Auschwitz". Sowjetische Truppen
hatten das Lager befreit.
Schuster hob hervor, dass sich die Holocaust-Gedenkkultur in
Deutschland in den vergangenen 20 Jahren positiv gewandelt habe.
"Dies hat sicherlich auch damit zu tun, dass aus der Generation der
Täter nur noch wenige leben und die jüngere Generation offener über
dieses Thema spricht", sagte er. Eine ritualisierte Gedenkkultur
empfinde er nicht als negativ, "im Gegenteil. Ich begrüße es, dass es
feste Termine im Jahresablauf gibt, um sich an Ereignisse zu
erinnern". Parallel forderte Schuster andere Arten des Gedenkens.
Namentlich hob er die Idee der "Stolpersteine" hervor: "Diese Aktion
finde ich sehr gelungen."
Mit Blick auf die Gegenwart sagte Schuster, einen wachsenden
Antisemitismus sehe er in Deutschland nicht. Wohl aber beobachte er
neue Formen, die häufig mit scharfer Kritik an Israel einhergingen.
Beispiele dafür seien die Dämonisierung oder Delegitimierung des
israelischen Staates. "Ebenso werden an Israel häufig andere
Standards angelegt als an andere Staaten", erläuterte der
Zentralrats-Präsident. "Antisemitismus kommt zunehmend in diesem
Gewand daher", warnte er.
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