(ots) - Meeresschutz findet in Deutschland nur auf dem
Papier statt: In den zehn Offshore-Schutzgebieten in Nord- und Ostsee
sind auch acht Jahre nach ihrer Ausweisung keinerlei Schutzmaßnahmen
in Kraft. Dagegen klagt jetzt eine Allianz der Umweltorganisationen
Greenpeace, WWF, BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe, WDC (Whale und
Dolphin Conservation) und dem Deutschen Naturschutzring (DNR), der
die formell gegen das Bundesamt für Naturschutz gerichtete Klage
heute am Verwaltungsgericht Köln einreichte. "Die Bundesregierung
verschleppt den Schutz von Nord- und Ostsee seit Jahren und gefährdet
damit bedrohte Meeresbewohner und ihre Lebensräume", kritisierten die
Verbände. "In den ausgewiesenen Gebieten müssen nach EU-Recht
Schweinswale, Seevögel, wertvolle Sandbänke und Riffe geschützt
werden. Tatsächlich darf aber jeder Quadratmeter im Schutzgebiet
befischt werden, obwohl Fischerei der schwerste Eingriff ins
Ökosystem Meer ist." Neben der Fischerei finden auch Sand- und
Kiesabbau, der Bau von Offshore-Windkraftanlagen und die Suche nach
Öl- und Gasvorkommen in den Schutzzonen statt.
Für die Regulierung der Fischerei ist in Deutschland das
Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zuständig. Für das Management
der zehn Schutzgebiete in der deutschen Ausschließlichen
Wirtschaftszone, dem Seegebiet zwischen 12 und 200 Seemeilen zur
Küste, ist das Bundesumweltministerium (BMUB) verantwortlich. Da sich
die beiden Ministerien nicht einig werden können, verweist der
Schutz der Meere seit Jahren im toten Winkel der Zuständigkeiten. Ein
unhaltbarer Zustand, den die Klage der Umweltorganisationen beenden
soll. Sie fordert, den Einsatz umweltschädlicher Fischereimethoden
wie Grundschleppnetze und Stellnetze aus den Schutzgebieten zu
verbannen. "Die skandalöse Blockadehaltung zwischen den Ministerien
gefährdet unsere wertvollsten Meeresgebiete und verstößt gegen
EU-Recht. Es ist absurd, wenn Schweinswale selbst in Rückzugsräumen
in Stellnetzen ersticken und der Meeresboden in Schutzzonen von
schwerem Fischereigerät durchpflügt wird. Zerstörerische Fischerei
hat in Meeresschutzgebieten nichts zu suchen", kritisieren die
Umweltschützer die Tatenlosigkeit des Fischereiministeriums. Seit die
Sechs-Jahresfrist zur Einführung von Schutzgebietsverordnungen Ende
2013 abgelaufen ist, verstößt der Zustand in deutschen Gewässern auch
gegen die europäische FFH-Richtlinie.
Die negativen Umweltfolgen sind den politisch Verantwortlichen
bekannt: Der Zustand von wichtigen "Schutzgütern" wie Schweinswalen,
Seevögeln und Riffen verschlechtert sich, wie der aktuelle FFH
Bericht der Bundesregierung an die EU-Kommission beweist. Trotz
wissenschaftlicher Gutachten und zwei ministeriellen Anhörungen
wurden die bereits 2011 erarbeiteten Regulierungsmaßnahmen für die
Fischerei nicht in Kraft gesetzt, weil der politische Streit zwischen
den Ministerien BMUB und BMEL nicht beigelegt wurde. Dass es auch
besser geht, zeigen europäische Nachbarn: Irland, Spanien, UK und die
Niederlande haben längst Schutzauflagen für die Fischerei in marinen
Natura 2000 Gebieten durchgesetzt.
Formal sind 47 Prozent der Meeresfläche in deutschen Gewässern als
Schutzgebiet ausgewiesen. Von den küstennahen Gewässern stehen 70
Prozent unter Schutz, der Schutzgebietsanteil in der deutschen AWZ
beträgt über 30 Prozent.
Kontakt:
BUND: Nadja Ziebarth; Meeresschutzexpertin, Tel: 0174 3191424
Deutscher Naturschutzring: Liselotte Unseld, Generalsekretärin
Tel. 030 678 1775 99
Deutsche Umwelthilfe: Ulrich Stöcker Tel: 0160 8950556
Greenpeace: Thilo Maack, Campaigner Meeresschutz 040 30618 359
NABU: Kim Detloff Tel: Meeresschutzexperte 030 284984 1626
Whale and Dolphin Conservation: Fabian Ritter Leiter Kampagne
"Walheimat" Tel. 01577 344 82 74
WWF Stephan Lutter, Meeresschutzexperte Tel: 040 530 200 322
Fotos erhalten Sie bei Greenpeace, Tel. 040-30618-376/-377,
Videomaterial unter Tel. 0175-589 1718.