(ots) - Deutschland ist niedergeschlagen: Vom Jahr 2000 bis
2013 sind Fehlzeiten aufgrund von Depressionen um fast 70 Prozent
ge-stiegen. Der Anteil der Erwerbspersonen (dazu gehören
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und ALG I-Empfänger), die
Antidepressiva verschrieben bekamen, hat im gleichen Zeitraum um ein
Drittel auf sechs Prozent zugenommen. Das geht aus dem
Depressionsatlas Deutschland hervor, den die Techniker Krankenkasse
(TK) heute in Berlin vorgestellt hat.
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK: "Statistisch gesehen
war jeder einen Tag aufgrund von Depressionen krankgeschrieben.
Anders als bei anderen Diagnosen wie Erkältungskrankheiten oder
Rückenschmerzen sind bei den Depressionen zwar deutlich weniger
Menschen betroffen - nur 1,6 Prozent bekamen eine solche
Krankschreibung. Die, die es trifft, fallen aber sehr lange aus, im
Durchschnitt 64 Tage. Das heißt, es ist eine sehr langwierige
Erkrankung für den Patienten, verbunden mit hohen Ausfallzeiten für
die Betriebe. Betrachtet man zudem den großen medizinischen
Versorgungsbedarf der Patienten, sind Depressionen also auch ein
wirtschaftlicher Faktor."
Für ein Unternehmen mit 250 Mitarbeitern bedeutet dies, dass
durchschnittlich vier ihrer Beschäftigten gut zwei Monate im Jahr
fehlen. Berücksichtigt man noch den Urlaubsanspruch, bleibt also
mindestens ein Arbeitsplatz allein aufgrund von Depressionen
unbesetzt.
Große Unterschiede zwischen den Berufen
Betroffen sind laut TK vor allem Berufe mit einem hohen
Stresslevel und einer großen psychischen Belastung wie im Callcenter
(2,8 Tage), in der Altenpflege (2,5), in Erziehungs- (1,6) sowie
Sicherheitsberufen (1,4).
Dr. Thomas Grobe vom AQUA (Institut für angewandte
Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen), der die Daten
für die TK ausgewertet hat: "Die Fehlzeiten unterscheiden sich zudem
zwischen den Geschlechtern. Frauen sind mit durchschnittlich 1,3
Tagen deutlich mehr aufgrund von Depressionen krankgeschrieben als
Männer mit durchschnittlich 0,8 Tagen. Zudem nehmen die Fehlzeiten
mit dem Alter deutlich zu. Erst ab dem 60. Lebensjahr sind die Werte
wieder rückläufig.
Erstmals lokale Daten zu Depressionen
Erstmals hat die TK Krankschreibungen aufgrund von Depressionen
auch auf lokaler Ebene ausgewertet. Die höchsten Fehlzeiten gibt es
in Merzig-Wadern im Saarland mit durchschnittlich 1,7 Fehltagen pro
Kopf sowie in Lübeck, Neumünster, Bad Segeberg, Duisburg,
Gelsenkirchen, Herne, Bielefeld und Oberhavel (jeweils 1,6). Bei
guter seelischer Gesundheit ist man dagegen offenbar in Greiz im
Vogtland mit nur 0,2 depressionsbedingten Fehltagen und im
oberfränkischen Kulmbach (0,3 Tage).
Arzneimittel - die andere Seite der Medaille
Laut TK zeigen die Fehlzeiten jedoch nur zum Teil, wie belastet
die Republik ist. "Nicht jeder der eine Depression hat, wird
krankgeschrieben", erklärt York Scheller, Psychologe bei der TK.
"Deshalb haben wir zusätzlich die Antidepressiva-Verordnungen
untersucht."
Dabei zeigt sich, dass auch einige Regionen mit
unterdurchschnittlichen depressionsbedingten Fehlzeiten relativ hohe
Verordnungsraten aufweisen. Die bereits erwähnten Kulmbacher sind
zwar 70 Prozent weniger krankgeschrieben als der Bundesdurchschnitt,
aber auch hier bekommen 5,5 Prozent der Erwerbspersonen
Antidepressiva verschrieben - damit liegen sie nur knapp unter dem
Mittelwert (5,97 Prozent). Auch Birkenfeld in Rheinland-Pfalz liegt
trotz unterdurchschnittlicher Fehlzeiten (minus 48 Prozent) bei den
Antidepressiva 20 Prozent über dem Bund. Fast 7,2 Prozent erhielten
hier 2013 Medikamente zur Behandlung von Depressionen.
TK-Chef Baas nannte zudem bereits erste Vorabergebnisse aus dem im
Frühsommer erscheinenden Gesundheitsreport 2015: "Die ersten Daten
zeigen, dass sich der Trend steigender psychisch bedingter Fehlzeiten
fortsetzt. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit guten Angeboten
im Betrieblichen Gesundheitsmanagement, in der Individualprävention,
mit E-Coaching-Angeboten und in der medizinischen Versorgung gegen
die Zunahme psychischer Störungen stemmen. Gesetzliche
Anti-Stress-Verordnungen reichen hier nicht aus. Hier sind
Unternehmen, Beschäftigte und Krankenkassen gleichermaßen gefordert."
Hinweis für die Redaktionen:
Der TK-Depressionsatlas ist eine Sonderauswertung des
TK-Gesundheitsreports 2014. Dafür wertet die TK die Krankschreibungen
der 4,1 Millionen bei der TK versicherten Erwerbspersonen aus. Dazu
zählen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Empfänger von
Arbeitslosengeld I, von denen mehr als jeder Siebte bei der TK
versichert ist. Der Depressionsatlas mit allen Daten zu
depressionsbedingten Krankschreibungen und
Antidepressiva-Verordnungen steht unter www.tk.de zum kostenlosen
Download (Webcode 696240). Die digitale Pressemappe zur
Pressekonferenz "TK-Depressionsatlas" ist unter dem Webcode 695638
verfügbar.
Pressekontakt:
TK-Pressestelle
Für Rückfragen: Michaela Hombrecher
Tel. 040-6909 2223
E-Mail michaela.hombrecher(at)tk.de
Social Media Newsroom: www.newsroom.tk.de
Twitter: www.twitter.com/TK_Presse