PresseKat - Bundesregierung und EU-Kommission verschleiern Folgen von TTIP für Entwicklungsländer - Ökonomen

Bundesregierung und EU-Kommission verschleiern Folgen von TTIP für Entwicklungsländer - Ökonomen rechnen mit drastischen Einkommensverlusten für Menschen in ärmsten Regionen der Welt

ID: 1169910

(ots) - Die Verbraucherorganisation foodwatch hat der
Bundesregierung und der Europäischen Kommission vorgeworfen, die
Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommens TTIP zu verschleiern.
"Der Studienlage zufolge ist TTIP ein echtes Armutsprogramm für
Menschen in den ärmsten Ländern der Welt - darüber sprechen weder
Bundeskanzlerin Angela Merkel noch Vizekanzler Sigmar Gabriel noch
Jean-Claude Juncker aufrichtig", kritisierte foodwatch-Sprecher
Martin Rücker. "Mehr noch: Die Bundesregierung hat eine hochgradig
dubiose Studie vorgelegt, mit der die erwartbaren negativen Folgen
für Entwicklungsländer verschleiert werden."

Am 21. Januar hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine Studie des ifo-Instituts
vorgestellt, der zufolge ein Freihandelsabkommen zwischen EU und USA
keine nennenswerten negativen Folgen auf Entwicklungsländer habe
(Gabriel Felbermayr et al.: "Mögliche Auswirkungen der
Transatlantischen Handels-und Investitionspartnerschaft (TTIP) auf
Entwicklungs-und Schwellenländer"). Ein Vertreter der Europäischen
Kommission bezeichnete TTIP daraufhin nach Medienangaben als
"Goldgrube" für Entwicklungsländer.

In einer für die Bertelsmann Stiftung erstellten Studie hatte das
ifo-Institut unter Federführung desselben Autors dagegen vor
"dramatischen" Verlusten für Entwicklungsländer ("Verlierer") gewarnt
und - je nach Ausgestaltung des TTIP-Abkommens - berechnet, dass die
Menschen in Ländern wie Guinea mit einem Real-Einkommensverlust von
bis zu minus 7,4 Prozent, in Botswana von bis zu minus 4,1 Prozent zu
rechnen hätten. Das ifo-Institut rückt von diesen Berechnungen auch
nicht ab, hat für die neue Studie im Auftrag des BMZ jedoch seine
Annahmen verändert:

- Das ifo-Institut unterstellt in der BMZ-Studie, dass es zu so




genannten Spillover-Effekten kommt - dass TTIP also auch zu
Handelserleichterungen in Drittländern außerhalb der
Freihandelszone führe. Das ifo-Institut selbst schreibt jedoch:
"Die empirische Evidenz für diese Annahme ist allerdings dünn."

- Die genannten Spillover-Effekte stellt das ifo-Institut als
unabdingbare Voraussetzung dafür dar, die negativen Folgen von
TTIP für Entwicklungsländer abzumildern. Um diese Effekte
"möglichst wahrscheinlich" zu machen, machen die Ökonomen eine
Reihe von "Empfehlungen", die letztlich dazu führen würden, dass
Entwicklungsländer mehr oder weniger der Freihandelszone
beitreten: Vom Abbau von Zöllen auch für Drittstaaten über eine
Einbindung von Entwicklungsländern in TTIP-Gremien zur
Verabredung gemeinsamer Standards bis hin zum Vorschlag: "die
[Welthandelsorganisation] WTO reformieren". Solche Vorschläge
mögen zwar wünschenswert sein - sie sind jedoch größtenteils
unrealistisch, stehen überhaupt nicht auf der politischen Agenda
oder liegen in der Entscheidungskompetenz Dritter, können also
gar nicht von den TTIP-Partnern EU und USA als Ausgleich für die
negativen Folgen des Abkommens beschlossen werden. So werden
durch ein ganzes Bündel von unrealistischen Annahmen die
erwarteten negativen Effekte "weggerechnet".

- Zudem hat das ifo-Institut "Expertengespräche" durchgeführt, in
denen vor allem Wirtschaftslobbyisten, d.h. potenzielle
TTIP-Profiteure, die Einschätzung vertraten, dass die negativen
Folgen von TTIP "nicht bedeutend" seien. Die Aussagen flossen
zwar nicht in Modellberechnungen ein, prägen jedoch das
Gesamtbild der Studie.

Eine ausführliche Auswertung der beiden ifo-Studien hat foodwatch
heute in einem Hintergrundpapier veröffentlicht. Letztlich erwähnen
die Wissenschaftler den entscheidenden Hinweis in ihrer Studie für
das Bundesministerium selbst nach Durchsicht des Verhandlungsmandats,
das die Regierungen der EU-Staaten der Europäischen Kommission
erteilt haben: "Die entwicklungspolitische Verträglichkeit wird
allerdings unter den Zielen des Abkommens nicht explizit gefordert."

foodwatch-Sprecher Martin Rücker: "Wohlstand für alle - so heißt
sinngemäß das Argument, mit dem die TTIP-Befürworter das Abkommen
durchsetzen wollen. Dieselbe Bundesregierung, die mangelnde
Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen beklagt, schweigt die
erwarteten Folgen von TTIP für Entwicklungsländer erst tot und tut
jetzt auch noch so, als sei alles doch gar kein Problem - mithilfe
einer Studie, die die Grenze zur Unseriosität deutlich überschritten
hat."

LINK:

Selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative "STOP TTIP":
www.foodwatch.de/aktion-ttip

REDAKTIONELLE HINWEISE:

- foodwatch-Hintergrundpapier: TTIP und die Folgen für
Entwicklungsländer: http://bit.ly/1vuqZXG

- FAQ - Fragen und Antworten zu TTIP, CETA und TiSA:
www.ttip-faq.foodwatch.de

- Gabriel Felbermayr et al.: "Mögliche Auswirkungen der
Transatlantischen Handels-und Investitionspartnerschaft (TTIP)
auf Entwicklungs-und Schwellenländer" (ifo-Studie für das BMZ,
21.01.2015): http://bit.ly/18Rce71

- Gabriel Felbermayr et al.: "Die transatlantische Handels- und
Investitionspartnerschaft (THIP): Wem nutzt ein
transatlantisches Freihandelsabkommen?" (ifo-Studie für die
Bertelsmann-Stiftung, 2013): http://bit.ly/18Rcy5G



Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse(at)foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90


Themen in dieser Pressemitteilung:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:
drucken  als PDF  an Freund senden  Mit der High Definition Nozzle Architecture werden Druckvorgänge und Kosten vorhersehbar Europa-Premiere des Subaru Levorg auf dem 85. Genfer Auto-Salon / Erster Auftritt des neuen Subaru Outback / Neue Motor-/Getriebekombination für den Subaru Forester (FOTO)
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 06.02.2015 - 11:34 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 1169910
Anzahl Zeichen: 6108

Kontakt-Informationen:
Stadt:

Berlin



Kategorie:

Handel



Diese Pressemitteilung wurde bisher 0 mal aufgerufen.


Die Pressemitteilung mit dem Titel:
"Bundesregierung und EU-Kommission verschleiern Folgen von TTIP für Entwicklungsländer - Ökonomen rechnen mit drastischen Einkommensverlusten für Menschen in ärmsten Regionen der Welt"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

foodwatch e.V. (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).


Alle Meldungen von foodwatch e.V.