Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat entschieden, dass nicht veröffentlichte und geheim gehaltene Vorgaben zu Gegenständen aus Handgepäck, Reisegepäck und Fluggepäck am Flughafen beim Sicherheits-Check gegenüber Fluggästen keine Rechtswirksamkeit entfalten und daher für diese nicht bindend sind. von Jan Bartholl (Rechtsanwalt für Reiserecht und Luftverkehrsrecht)
(firmenpresse) - MA 2009 (Ma) Dass das Handgepäck abfliegender Fluggäste vor dem Zugang zum Sicherheitsbereich im Flughafen und vor Besteigen des Flugzeuges auf verbotene Gegenstände untersucht wird, kennt jeder Fluggast. Probleme gibt es jedoch immer wieder bei bestimmten Gegenständen wie Werkzeugen, Attrappen, besonderem Schmuck, Kosmetika oder mitgeführtem technischen Gerät. Häufig werden Fluggäste vor die Wahl gestellt, die abgenommenen Gegenstände von den Mitarbeitern des Sicherheitspersonals am Flughafen entsorgen zu lassen oder nicht in den Sicherheitsbereich gelassen zu werden.
Die Praxis der Sicherheitsuntersuchung ist von Flughafen zu Flughafen sehr unterschiedlich. Wer einmal vom Düsseldorfer oder Frankfurter Flughafen abgeflogen ist, wird vermutlich äusserst strikte Kontrollen des Sicherheitspersonals erfahren haben. Die Praxis der Kontrolle und die Abnahme von Gegenständen ist nicht immer rechtmäßig.
Der Europäische Gerichtshof (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) entschied mit Urteil vom 10. März 2009, dass die Normen für die Luftsicherheit aus dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 622/2003 für den einzelnen Fluggast entgegen der Annahme der Europäischen Kommission und der Sicherheitsunternehmen nicht bindend sind, da sie nicht im Amtsblatt der Euopäischen Union veröffentlicht wurden (EuGH, Urt. v. 10.03.2009, Az.: Rs C-345/06 – Verfahren Gottfried Heinrich).
Der Beschwerdeführer wurde als österreichischer Staatsbürger am Flughafen Wien vom Sicherheitspersonal aufgefordert, den im Handgepäck mitgeführten Tennisschläger abzugeben. Der Beschwerdeführer hielt die Aufforderung für rechtswidrig und weigerte sich, den Tennisschläger abzugeben. Die Flughafenbetreibergesellschaft und die mit der Kontrolle beauftragte Sicherheitsfirma am Flughafen Wien beriefen sich auf eine Liste im Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 622/2003. In der Anlage zu diesem Anhang sind verbotene Gegenstände beispielhaft aufgeführt. In Ziff. iii dieser Anlage werden als eine Kategorie solcher Gegenstände „Schlagwaffen: Totschläger, Schlagstöcke, Baseballschläger und ähnliche Gegenstände“ genannt. Das europäische Recht normiert in den Erwägungsgründen 2 bis 4 der Verordnung (EG) Nr. 68/2004: „Natürlich kann eine solche Liste niemals vollständig sein. Die zuständige Behörde sollte daher die Möglichkeit haben, zusätzlich zu den aufgeführten Gegenständen noch weitere zu verbieten. Die Fluggäste sollten vor und während der Abfertigung genau über alle verbotenen Gegenstände informiert werden.“. Der EuGH entschied, dass die Vorschriften dieser Anlage für Fluggäste nicht bindend sind. Solange die Vorschriften nicht im Amtsblatt veröffentlicht wurden, entfalten sie gegenüber Fluggästen keine Rechtswirkung.
Werden Fluggästen mitgeführte Gegenstände wie Laptops, Spielzeug, Werkzeugteile, Schmuck, Kosmetika oder andere Gegenstände bei der Sicherheitskontrolle von den Mitarbeitern des Sicherheitspersonals abgenommen, ist genauestens zu dokumentieren, wem die Gegenstände in Obhut gegeben werden. Nimmt eine Person, die nicht mit Gewissheit einer Fluggesellschaft zugeordnet werden kann, einen Gegenstand in Obhut, sollte der Fluggast auf einer schriftlichen Empfangsbestätigung bestehen. Aus der Empfangsbestätigung sollte hervorgehen, wer welchen genau bezeichneten Gegenstand mit Nennung des Wertes, wann vom wem in Empfang genommen hat.
Denn Fluggäste können Schadensersatz im Falle des Abhandenkommens von der Fluggesellschaft nur verlangen, wenn die Gegenstände dokumentiert und nachweisbar in die Obhut der Fluggesellschaft gelangt sind. Nachdem einem Fluggast, der Geschäftsführer einer Firma war, die Polizeieinsatzstöcke herstellte, ein Einsatzstock bei der Sicherheitsüberprüfung abgenommen wurde und dieser im Nachhinein verschwand, verlangte er Schadensersatz von der Fluggesellschaft Lufthansa. Das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt a.M. Urt. v. 02.05.2007, Az.: 3-13 O 170/06) sah zwar grundsätzlich einen Anspruch des Fluggastes gegen die Lufthansa. Der Fluggast konnte jedoch im konkret entschiedenen Fall nicht nachweisen, dass er den Gegenstand einem Mitarbeiter der Fluggesellschaft Lufthansa übergeben hatte. Es konnte nicht geklärt werden, wer den Gegenstand entgegengenommen hatte und wo dieser verblieben war. Daher ist es dringend erforderlich, zur Beweisführung eine genaue Dokumentation im Falle der Abgabe von Gegenständen bei der Sicherheitsuntersuchung am Flughafen anzufertigen.
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