(ots) - Das Ärzte der Welt-Netzwerk legt heute beim
Europäischen Patentamt (EPA) in München Einspruch gegen das Patent
für den Wirkstoff Sofosbuvir ein.
Es ist das erste Mal in Europa, dass eine medizinische
Nicht-Regierungs-Organisation diesen Weg wählt, um den Zugang zu
Arzneimitteln für Patienten zu verbessern. Denn das "1000-Dollar
Medikament" Sovaldi mit dem Wirkstoff Sofosbuvir der US-Firma Gilead
zur Behandlung von Hepatitis C kann je nach Land zu Behandlungskosten
von bis zu 60.000 Euro führen. In Deutschland befürchten die
Krankenkassen Milliardenkosten, die Preispolitik von Gilead steht
europaweit in der Kritik. In Indien wurde dem Wirkstoff im Januar
überraschend der Patentschutz verweigert.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind
schätzungsweise zwischen 130 und 150 Millionen Menschen chronische
Träger des Hepatitis C-Virus. Innerhalb der EU sind zwischen 7,3 und
8,8 Millionen Menschen mit Hepatitis C infiziert.
Auch wenn die Verwendung von Sofosbuvir zur Behandlung von
Hepatitis C ein großer therapeutischer Fortschritt ist, ist nach
Meinung von Experten die Molekularstruktur auch das Ergebnis der
Arbeit von zahlreichen staatlichen und privaten
Forschungseinrichtungen und rechtfertigt daher nicht den alleinigen
Anspruch auf ein Patent durch Gilead.
"Wir setzen uns für den universellen Zugang zu medizinischer
Versorgung ein", erklärt Dr. Jean-Francois Corty, Leiter der
Inlandsprojekte von Ärzte der Welt-Frankreich. Auch in wohlhabenden
Ländern wie Frankreich, Deutschland oder England gefährde der Preis
von Sofosbuvir die Existenz der solidarischen Gesundheitssysteme.
Ärzte der Welt ficht das Patent an, um den Zugang zur Behandlung
von Hepatitis C zu verbessern und die Diskussion um die Preispolitik
von Medikamenten anzuregen: Wie teuer darf ein Medikament sein?
Welche wirtschaftlichen Interessen bestimmen den Preis von
Medikamenten? Welche ethischen Grundsätze brauchen wir innerhalb
unserer Gesundheitssysteme?
Der Einspruch gegen ein Patent ist ein Rechtsmittel, mit dem die
Berechtigung des Patentes angefochten werden kann. Patenteinsprüche
wurden in der Vergangenheit von zivilgesellschaftlichen
Organisationen zum Beispiel in Indien, Brasilien, USA oder Ägypten
genutzt, um bereits erteilte Patente aufzuheben und die Herstellung
von kostengünstigeren Generika zu ermöglichen. Behandlungskosten
konnten so deutlich gesenkt werden.
Der Einspruch wurde mit technischer und rechtlicher Unterstützung
des internationalen Netzwerkes I-MAK (Initiative For Medicines,
Access & Knowledge) und des Patentanwalts Lionel Vial vorbereitet.
Mehr zu dem Thema und zur Haltung des Ärzte der Welt-Netzwerkes:
oppositionaubrevet.medecinsdumonde.org
patentopposition.medecinsdumonde.org
Interviewpartner in englischer und französicher Sprache können
vermittelt werden.
Ärzte der Welt ist die deutsche Sektion der humanitären
Organisation Médecins du Monde/Doctors of the World. Das Ärzte der
Welt-Netzwerk leistet weltweit medizinische Hilfe für benachteiligte
Menschen, die von Krisen oder Verfolgung betroffen sind setzt sich
aktiv für das Menschenrecht auf Zugang zu Gesundheitsversorgung ein.
Über 350 Gesundheitsprogramme in fast 80 Ländern (Inlands- und
Auslandsprojekte) werden weltweit unterstützt.
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