(ots) -
Sonntag, 15. März 2015, 14.55 Uhr
planet e.: Verdämmt und zugeklebt
Film von Berndt Welz
Deutschland im Dämmfieber: Die Energiewende hat den Neubau und die
Sanierung von Altbauten nachhaltig verändert. Doch die Skepsis
wächst.
Lassen sich tatsächlich so viele Energiekosten einsparen, dass sich
das Anbringen der Dämmung lohnt? Vor allem im Zeichen sinkender
Ölpreise zweifelhaft. Wem nutzt also das Geschäft mit dem Dämm-Wahn?
Seit Jahren forciert die Bundesregierung mittels Verordnungen,
Gesetzen und Fördermaßnahmen die Wärmedämmung als Allzweckwaffe gegen
den Klimawandel. Wer dämmt, praktiziere nicht nur aktiven
Klimaschutz, sondern spare auch noch ordentlich Energiekosten, so
auch die Botschaft der halbstaatlichen Deutschen Energie-Agentur. Bis
zum Jahr 2050 soll der gesamte deutsche Hausbestand klimaneutral
sein.
Hausfassaden stehen besonders im Fokus: 25 bis 40 Prozent der
Heizungsenergie gingen über die Außenwände verloren, warnt die
Energie-Agentur. Das zeigt Wirkung: Mittlerweile kleben fast eine
Million Quadratmeter Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) an deutschen
Hauswänden. Häuslebauer und Hauseigentümer werden mit zinsgünstigen
Darlehen und Rechenspielen über das vorgeblich enorme
Energiesparpotential geködert.
Der Renner bei den Dämmmaterialien ist Polystyrol, besser bekannt als
Styropor. Rund drei Viertel der Wärmedämmplatten bestehen aus diesem
Material. Doch die Kritik wächst: Oft bildet sich Feuchtigkeit
zwischen Styropor und Hauswand. Algen und Schimmel haben beste
Wachstumschancen, Spechte picken Löcher in den Kunststoff. Viele
Experten warnen gar vor einer erhöhten Brandgefahr der Erdölprodukte.
In den Platten befindet sich außerdem eine toxische Chemikalie:
Hexabromcyclododecan steht auf der Giftliste der Vereinten Nationen
und kann offenbar die Gesundheit der Hausbewohner gefährden. Ab
August 2015 darf dieses Brandschutzmittel nicht mehr verwendet
werden, doch in den bisher verbauten Dämmplatten steckt es weiterhin
drin. Experten fühlen sich an den Asbest-Skandal erinnert, als
unzählige Gebäude wegen des krebserregenden Baumaterials abgerissen
werden mussten. Dazu kommt, dass die Dämmplatten nach ungefähr
dreißig Jahren reif für den Müll sind. Dann entstehen wiederum Kosten
für die Entsorgung. Derzeit gibt es nicht einmal Anlagen für ein
effizientes Recycling: Die Dämmplatten werden einfach verbrannt.
Besonders ökologisch ist das nicht.
Viele Hausbesitzer kommen ins Grübeln. Marco Wiegand aus Zeuthen,
einem schmucken Ort am Rande von Berlin, handelt schon: Er befreit
sein Haus von der zehn Jahre alten Fassadendämmung. Seine Rechnung
ist einfach: Lieber ersetzt er den alten Gasbrenner durch eine
energieeffiziente Heizung, als weiter mit dem Polystyrol zu leben. An
seinem Kamin haben sich Algen breitgemacht, schon oft mussten
Handwerker Spechtlöcher stopfen. Für den Kaufmann kommt ein erneutes
Verpacken der Fassade nicht in Frage. Stattdessen will er dort
isolieren, wo es zieht an den Fenstern etwa oder am Dachboden.
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