(ots) - Hessische LKA-Chefin plädiert für
"Deradikalisierungsprogramme"
Nicht erst seit den Anschlägen von Paris und Kopenhagen gelten sie
als "tickende Zeitbomben": Deutsche Rückkehrer aus dem
IS-Kampfgebiet. Im ARD-Magazin "Monitor" (heute, 21.45 Uhr im Ersten)
spricht nun erstmals einer von ihnen öffentlich über seine Reise nach
Syrien und seine Rückkehr nach Deutschland. Dabei handelt es sich um
einen jungen Mann aus Hessen, der im vergangenen Jahr über die Türkei
nach Syrien gereist ist und dort mehrere Wochen in einem IS-Lager
verbracht hat.
In seinen Schilderungen gibt er tiefe Einblicke in das
Rekrutierungssystem des IS. Demnach hielten sich ca. 1.000
kampfbereite Dschihadisten in dem Lager im syrisch-türkischen
Grenzgebiet auf, von denen die große Mehrzahl bereit war, als
Selbstmordattentäter zu sterben. In einer Woche sollen ca. 500
Neuankömmlinge im Lager eingetroffen sein, die meisten von ihnen aus
arabischen Staaten. Aber auch Männer aus Deutschland sollen sich in
dem Lager aufgehalten haben. Direkt nach ihrer Ankunft seien ihnen
Ausweise und Handys abgenommen worden. Die Reise über die Grenze
sollen deutsche Dschihadisten mit Hilfe von Schmugglerbanden
organisiert haben. Nach Angaben des Rückkehrers sei das Gebiet
regelmäßig von Kampfjets überflogen worden.
Nach mehrwöchigem Aufenthalt habe er sich entschlossen, das Lager
wieder zu verlassen und nach Deutschland zurückzukehren, auch weil er
nicht als Selbstmordattentäter sterben wollte. "Ich habe gemerkt,
dass ich einen großen Fehler gemacht habe", sagte er dem ARD-Magazin
"Monitor". Über die Umstände seiner Flucht wollte er keine
detaillierteren Auskünfte geben. Bei der Rückreise aus der Türkei
nach Deutschland wurde er von Mitarbeitern des "Violence Prevention
Network" (VPN) unterstützt, einem Verein, der sich in Deutschland um
islamistische Straftäter kümmert. Er habe sich entschlossen, mit
seiner Geschichte jetzt an die Öffentlichkeit zu gehen, "damit andere
nicht denselben Fehler machen."
Mitarbeiter des VPN halten die Bekenntnisse des jungen Mannes im
Kern für glaubwürdig. Auch weitere Recherchen von "Monitor" haben
wesentliche Teile der Schilderungen bestätigt.
Vor dem Hintergrund des von "Monitor" recherchierten Falls
plädiert die Präsidentin des hessischen Landeskriminalamtes, Sabine
Thurau, für Deradikalisierungsprogramme für IS-Rückkehrer: "Ich würde
mir wünschen, dass bundesweit mehr solcher Kooperationen mit
Beratungsstellen entstehen", sagte Thurau gegenüber "Monitor". Zur
Zeit besucht der junge Mann, der anonym bleiben will, wieder eine
Schule in Hessen und wird von Mitarbeitern des VPN betreut. Das
ausführliche Interview sendet "Monitor" heute um 21:45 Uhr im Ersten.
(Redaktion: Georg Restle, Jochen Taßler)
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