(ots) - Es ist schon viel getan worden, um Griechenland vor
dem Bankrott und den Euro vor unübersehbaren Turbulenzen zu bewahren.
Euro-Austritt und Staatspleite sind weder für Gläubiger noch für den
Schuldner eine gute Alternative; dann wäre auch an Rückzahlung kaum
noch zu denken. Für Deutschland würde das besonders teuer. Jetzt muss
die neue griechische Regierung endlich das tun, was ihre
Vorgängerinnen versäumt haben: Steuerbetrug und Korruption
rücksichtslos bekämpfen, die eigene Finanzverwaltung auf Vordermann
bringen und dafür sorgen, dass diejenigen, die richtig viel verdienen
und besitzen, auch ordentlich Steuern bezahlen. Es den Griechen mal
so richtig zu zeigen, wozu Deutschlands führendes Revolverblatt mit
einer ordinären Kampagne aufruft, mag hierzulande weit verbreiteter
Wunsch sein; es würde aber gerade die deutsche Position eher
schwächen. Viele Griechen fühlen sich gedemütigt, ob man das für
übertrieben hält oder nicht. Darauf Rücksicht zu nehmen, ist klug,
selbst wenn die kessen Sprüche des Athener Finanzministers so gar
nicht zur Lage seines Landes passen. Berlin gibt den Ton an -
wirtschaftlich und politisch. Deutschland übt europäisch und weltweit
großen Einfluss aber nur deshalb aus, weil es Teil einer Union ist,
die als Ganzes Eindruck macht und Gewicht hat. Ohne die EU hat
Deutschland - zumal seine Exportwirtschaft - keine großen Chancen
mehr. Wenn es der EU gut geht, ist das am besten für Deutschland. Der
EU kann und wird es nur gut gehen, wenn sich nicht ein Staat als
Gebieter der anderen aufspielt. Darauf hat Berlin zu achten. Nicht
immer vermitteln deutsche Politiker den Eindruck, das sei ihnen
bewusst. Selbst wenn Berlin noch so Recht hat, autoritäre Töne sind
kontraproduktiv. Mit strengen Sparauflagen verbinden Schäuble und
andere Europäer den Wunsch, die Euroländer enger aneinander zu
binden. Was von vielen Ökonomen kritisiert wird, ist politisch
richtig. Schäuble besteht darauf, weil er richtigerweise eine gute
Zukunft nur in einem Europa sieht, das zusammenbleibt - und
zusammenbleiben kann, weil sich alle an Regeln halten. Somit ist nun
ein Geben und Nehmen nötig. Regierungschef Tsipras darf weder Wähler
noch Euro-Partner enttäuschen. Die Geldgeber dürfen Athen nicht zu
weit nachgeben, damit man in Rom und Madrid oder anderswo nicht auf
dumme Gedanken kommt. Das ist kompliziert; aber das Zusammenspiel in
dieser EU mit den notwendigen Rücksichten auf nationale,
demokratische, monetäre und gemeinschaftliche Erfordernisse war noch
nie einfach. Schäuble hat ebenso Recht wie jene, die sagen, nur mit
rigider Sparpolitik werde Griechenland nie aus dem Schlamassel
herauskommen. Also sind Kompromisse nötig. Das gehört zur EU. Wenn
Griechenland auf den richtigen Weg kommt und Vertrauen gewinnt, wird
man demnächst Schulden erlassen. Wenn sich die EU aus dieser Krise
kämpft, wird der Euro stärker da stehen als vorher - und
widerstandsfähiger gegen Spekulationen der Finanzmärkte. Müsste
Griechenland den Euro aufgeben, würde mehr in Bewegung geraten als
dieses eine Land. In einer Zeit, da Europa - als vereintes Europa -
stärker und positiver wahrgenommen wird, da es - als vereintes Europa
- guten Einfluss auf weltweite Krisen und Konflikte nehmen kann, wäre
ein Austritt Griechenlands das verheerende Signal, diese Europäische
Union lasse die Schwächsten einfach fallen. Europa würde viel Respekt
verlieren - gegenüber den USA, China, Russland . . .
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