(ots) - Wenn Hollywood die Themen ausgehen, also zu
Beginn jeder neuen Kinosaison, greift es zu Altbewehrtem: Superhelden
und Virusschocker. Erlöser und Erlösungsmomente treiben noch immer
die Menschen an die Kassen. Zwischen den Blockbustern "I am Legend"
(2007), "Contagion" (2011), "World War Z" (2013) und "Planet der
Affen" (2011 und 2014) liegen nur wenige Jahre, das Gruselmuster der
alles und alle niederraffenden Seuche funktioniert dennoch immer
gleich. Die wenigen Ãœberlebenden schotten sich in gigantischen
Festungen gegen die da draußen, gegen die Kranken, die Todgeweihten
und Zombis ab. Wer drinnen ist, lebt. Wer draußen ist, stirbt. Diese
Parabel von Leben und Tod ist dabei längst Realität. Täglich wird an
der Außengrenze der EU gestorben. Die Geburt innerhalb oder außerhalb
der Festung Europa bestimmt das Schicksal. Mehr als 3.000 Menschen
sind alleine im letzten Jahr nach vorsichtigen Schätzungen bei der
Überfahrt über das Mittelmeer ertrunken. In den Auffanglagern von
Marokko, der Türkei und der Ukraine, den Vorposten der westlichen
Welt, gehen Handlanger mit Wissen der EU brutal gegen Flüchtlinge
vor. Nicht ein Virus führt zum Ausschluss aus der Festung. Herkunft
wird zum Stigma. Natürlich werden Äpfel mit Birnen verglichen, wenn
man den unendlich fließenden Milliardenkrediten für die marode und
marodierende Finanzwirtschaft die drei Millionen Euro
gegenüberstellt, die die EU-Grenzschutzbehörde Frontex monatlich zur
Rettung Tausender Flüchtlinge auf dem Mittelmeer zur Verfügung hat.
Aber warum vergleichen wir eigentlich nicht Äpfel und Birnen? Beides
ist Kernobst. Und Geld ist Geld. Es ist an der Zeit, sich ehrlich zu
machen. Eine wirklich tragfähige Lösung des Flüchtlingsproblems ist
nicht gewollt. Nicht von den politisch Verantwortlichen, aber auch
nicht von uns Wählern. Wir müssten, wenn das Sterben enden soll, eine
auffangende Einreisepraxis gewähren, ein zentrales Verteilungssystem
installieren, wir müssten akzeptieren, dass andere an unserem
Wohlstand teilhaben wollen, dass Menschenrechte tatsächlich
universell sind. Doch wer, sind wir ehrlich, hebt die Hand, wenn es
um die Suche für neue Flüchtlingsunterkünfte geht? Wem sind die
Vorurteile und Ängste fremd, wenn die Flüchtlinge nicht im Fernsehen
an der Küste Italiens ankommen, sondern in der benachbarten Turnhalle
der Grundschule? Stattdessen schieben wir das Problem räumlich so
weit weg, wie es irgend geht. So schlägt Bundesinnenminister Thomas
de Maizière Asylzentren in Afrika vor. Der gleiche de Maizière, der
wegen gerade einmal 400 (!) Menschen im Kirchenasyl die Kirchen wegen
Beugung des Rechtsstaates anprangert. Alles, auch Flucht, muss
schließlich seine Ordnung haben. Was wir dabei verkennen, ist, dass
der Ãœberlebenswillen kein Schlangestehen kennt. Asylzentren in Afrika
werden die Verzweifelten trotzdem wieder in die Arme skrupelloser
Schlepper treiben. Das Anrennen gegen die Festung Europa hat gerade
erst begonnen. Wenn aus Hollywood tatsächlich Wirklichkeit wird, dann
hoffentlich auch diese Lehre: Nicht das Hochrüsten der Festungen
rettet dort die Glückseligen, sondern die Suche nach einer Lösung.
Diese wird in der europäischen Flüchtlingsfrage allenfalls halbherzig
betrieben. Das ist das wahrlich Grauenhafte.
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