(ots) - Anlässlich des Internationalen Frauentages erklärt
Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte:
"Flüchtlingsfrauen in Deutschland müssen Zugang zu wirksamem
Schutz vor sexueller Belästigung und geschlechtsspezifischer Gewalt
haben, wenn sie hier in Erstaufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünften leben.
Diese menschenrechtliche Verpflichtung folgt für die Staaten aus
der UN-Frauenrechtskonvention CEDAW, die mit der bevorstehenden
Ratifikation der Europaratskonvention gegen Gewalt gegen Frauen und
häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) weiter konkretisiert wird: Der
Bund und die Länder verpflichten sich dazu, sogenannte Kontakt- und
Näherungsverbote sowie Schutzanordnungen für Betroffene zu
gewährleisten. Frauen müssen über ihre Rechte informiert werden und
sie tatsächlich in Anspruch nehmen können.
Mindestens 50 Prozent aller Flüchtlinge weltweit sind Frauen und
Mädchen. Häufig zieht sich Gewalt durch mehrere Phasen ihres Lebens.
Sie fliehen unter anderem vor geschlechtsspezifischer Gewalt in ihren
Herkunftsländern und erfahren Gewalt auf der Flucht. Doch auch wenn
Frauen in Flüchtlingsunterkünften in Deutschland ankommen, können sie
sexualisierter Gewalt oder Gewalt durch Partner, andere Bewohner oder
Personal ausgesetzt sein. Die Bedingungen der Unterkünfte wie
isolierte Standorte, niedrige Personalschlüssel und fehlende
Frauenräume bieten wenig Schutz und können gewaltfördernd wirken. Das
Gewaltschutzgesetz ist in Teilen nur auf längerfristig angelegte
Wohnverhältnisse ausgerichtet und daher eingeschränkt anwendbar in
den Gemeinschaftseinrichtungen mit hoher Fluktuation. Frauen sind
durch die Residenzpflicht sowie Wohnsitzauflagen in ihrer
Freizügigkeit und damit auch in ihrer Möglichkeit, der Gewalt
auszuweichen, eingeschränkt.
In Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt hat die Polizei in
Deutschland seit langem die Möglichkeit, die Täter aus der Wohnung zu
weisen. Unabhängig davon können gewaltbetroffene Frauen die Zuweisung
der gemeinsamen Wohnung zur alleinigen Nutzung beantragen. Dieser
Schutz muss für alle Frauen gelten, unabhängig davon, wo sie leben
oder wie ihr rechtlicher Status ist. Das bedeutet: Die polizeiliche
Wegweisung und das Gewaltschutzgesetz müssen auch in
Gemeinschaftseinrichtungen gelten und konsequent angewendet werden.
Sind Frauen stark gefährdet, müssen sie die Möglichkeit haben, mit
ihren Kindern kurzfristig und niedrigschwellig in andere
Flüchtlingsunterkünfte oder Frauenhäuser umzuziehen. Wie bei Gewalt
in Privathaushalten auch ist das Schutzbedürfnis der Betroffenen
maßgeblich dafür, ob sie die Unterkunft verlassen oder ob die Täter
gehen müssen."
Konvention des Europarates gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche
Gewalt: http://ots.de/2lf5B
Allgemeine Empfehlung Nr. 31 des UN-Frauenrechtsausschusses
(CEDAW-Ausschuss) "on the gender-related dimensions of refugee
status, asylum, nationality and statelessness of women" (nur in
englischer Sprache verfügbar): http://ots.de/rOmy2
Arbeit des Instituts zu Gewalt gegen Frauen http://ots.de/PxVtn
Pressekontakt:
Ansprechpartnerin:
Heike Rabe, wissenschaftliche Mitarbeiterin
Geschlechtsspezifische Gewalt und Zugang zum Recht
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