PresseKat - Reporter ohne Grenzen: Gabriel soll in Saudi-Arabienöffentlich Freilassung Raif Badawis fordern

Reporter ohne Grenzen: Gabriel soll in Saudi-Arabienöffentlich Freilassung Raif Badawis fordern

ID: 1181247

(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf, sich bei seiner
bevorstehenden Reise nach Saudi-Arabien mit Nachdruck für die
bedingungslose Freilassung des Bloggers Raif Badawi einzusetzen.
Angesichts des nun drohenden weiteren Prozesses gegen Badawi mit der
Gefahr eines Todesurteils hält die Organisation diplomatische
Zurückhaltung dabei für fehl am Platze.

"Unverbindliche Appelle hinter verschlossenen Türen reichen nicht
aus", sagte ROG-Vorstandssprecher Michael Rediske. Bundeskanzlerin
Angela Merkel habe etwa bei Ihrer China-Reise im vergangenen Sommer
gezeigt, dass man durchaus öffentlich für Menschenrechte werben
könne, ohne Türen zuzuschlagen (http://t1p.de/0cwz).
"Wirtschaftsminister Gabriel sollte sich offensiv für Badawi
starkmachen. Mit einer Regierung, die so brachial gegen abweichende
Stimmen vorgeht, darf es kein business as usual geben."

Badawi wurde im vergangenen September zu zehn Jahren Gefängnis und
1000 Stockschlägen verurteilt, außerdem zu einer hohen Geldstrafe und
einem zehnjährigen Ausreiseverbot im Anschluss an seine Haftstrafe.
Die Stockschläge, die ursprünglich in wöchentlichem Abstand mit je 50
Schlägen ausgeführt werden sollten, sind nach dem ersten Mal am 9.
Januar wegen der schweren Verletzungen bislang von Woche zu Woche
verschoben worden. Dem Mitbegründer der Diskussionswebsite Liberal
Saudi Network wurden unter anderem kritische Online-Kommentare über
die saudische Religionspolizei zur Last gelegt, mit denen er gegen
das Gesetz gegen Internetverbrechen verstoßen habe.

Laut Badawis Ehefrau wird nun in saudischen Justizkreisen erwogen,
dem Blogger wegen Abfalls vom islamischen Glauben den Prozess zu
machen, worauf im Königreich die Todesstrafe durch Enthauptung steht.
Vom selben Vorwurf war er 2013 schon einmal freigesprochen worden




(http://t1p.de/cbwc).

ALLTÄGLICHE ZENSUR, VERSCHÄRFTE REPRESSIONEN GEGEN
ONLINE-AKTIVISTEN

Und Raif Badawi ist kein Einzelfall. Zensur ist in Saudi-Arabien
alltäglich. Verboten sind etwa Kritik an Religionsführern und
ungenehmigte Berichte über Gerichtsverfahren. Bestraft werden auch
Berichte über die Proteste der schiitischen Minderheit oder Kritik an
der Diskriminierung von Frauen. Hunderttausende Internetseiten sind
gesperrt.

Seit dem vergangenen Jahr hat das Königreich insbesondere die
Verfolgung von Online-Aktivisten verschärft, die über soziale Medien
die Regierung kritisieren. So wurde im Juli eine fünfjährige
Haftstrafe für Michlif al-Schammari bestätigt, einen prominenten
Kritiker der systematischen Diskriminierung der schiitischen
Minderheit Saudi-Arabiens. Zu seiner Strafe für das "Stiften von
Unfrieden" und Kritik an saudischen Funktionären in seinen
Online-Schriften gehört auch ein zehnjähriges Reiseverbot
(http://t1p.de/8zfh). Drei Tage nach Schammari wurde der
Menschenrechtsaktivist Walid Abu al-Chair für seine Kritik an den
saudischen Behörden in sozialen Medien und Medieninterviews
verurteilt (http://t1p.de/lmmi).

Ende Juni verurteilte ein Gericht in Riad den
Menschenrechtsaktivisten Fausan al-Harbi unter anderem wegen
Verstößen gegen das Gesetz über Internetverbrechen zu sieben Jahre
Haft, einem siebenjähriges Reiseverbot sowie einem
Veröffentlichungsverbot in sozialen Medien. (http://t1p.de/yxur) Eine
Woche zuvor war der freie Fotojournalist Dschassim Mekki Aal Safar in
Jedda zu sieben Jahren Haft und einem siebenjährigen Reiseverbot
verurteilt worden - unter anderem, weil er sich mit ausländischen
Journalisten getroffen und weil er per YouTube Videos und Fotos
veröffentlicht habe, die dem Ruf Saudi-Arabiens schaden könnten
(http://t1p.de/rdq8).

Schon im Februar 2014 hatte ein Gericht in Riad den
Fernsehunternehmer und -moderator Waddschi Al-Ghassawi zu zwölf
Jahren Haft, einem zwanzigjährigen Reiseverbot sowie einem
lebenslangen Verbot von Fernsehauftritten verurteilt
(http://t1p.de/trqz). Ihm wurde unter anderem zur Last gelegt, dass
er Saudi-Arabien in seiner Sendung "Al-Fadfada" Verbindungen zu
Terroristen und insbesondere zu Al-Kaida vorgeworfen hatte.

BRACHIALES VORGEHEN GEGEN BERICHTE ÃœBER PROTESTE IM OSTEN DES
LANDES

Ebenfalls im Februar 2014 wurde bei einer Polizeirazzia in der
Provinz Al-Katif im Osten Saudi-Arabiens der Fotograf und Kameramann
Hussein Ali Madan Al-Faradsch getötet, der dort die seit 2011
andauernden Proteste der schiitischen Minderheit fortlaufend
dokumentiert hatte (http://t1p.de/pzbn). Die Journalistin Safa
Al-Ahmad, die für die britische BBC in rund dreijährigen verdeckten
Recherchen eine Dokumentation über die - nicht zuletzt infolge einer
umfassenden Nachrichtensperre - international kaum beachteten
Proteste im Osten des Landes gedreht hatte (http://t1p.de/fw0i),
wurde aufgefordert, nicht mehr in ihre Heimat zurückzukehren
(http://t1p.de/fu5f).

Spezialisten des kanadischen Citizen Lab haben in einer
modifizierten Version einer Smartphone-App für Nachrichten aus
Al-Katif Ãœberwachungssoftware des italienischen Anbieters Hacking
Team (http://surveillance.rsf.org/en/hacking-team/) nachgewiesen. Auf
solchermaßen gekaperten Geräten könnten Behörden Anrufe, E-Mails,
Kurznachrichten sowie Social-Media-Apps ausforschen und sogar Kamera
und Mikrofon ohne Wissen des Handybesitzers anschalten
(http://t1p.de/2r0l).

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht Saudi-Arabien auf Platz
164 von 180 Ländern. Weitere Informationen zur Lage der Journalisten
dort finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/saudi-arabien/.



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
T: +49 (0)30 609 895 33-55
F: +49 (0)30 202 15 10-29


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Datum: 04.03.2015 - 12:32 Uhr
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