(ots) - In einer aktuellen Umfrage unter Ärzten in den
Niederlanden haben 85 Prozent der Befragten den assistierten Suizid
bei Patienten mit Krebserkrankungen befürwortet, rund 30 Prozent
stimmten der Beihilfe zum Suizid bei einer Demenzerkrankung zu. Auch
die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS), die es als
eine ihrer Aufgabe sieht, für Menschen am Lebensende einen
menschenwürdigen Umgang zu etablieren, diskutierte dieses brisante
Thema im Rahmen des Deutschen Schmerz- und Palliativtages, u. a. mit
dem Theologen Dr. Nikolaus Schneider, ehemaliger Ratsvorsitzender der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Thomas Sitte,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen PalliativStiftung. Das Ergebnis:
Ein klares Statement für eine effektive Schmerz- und
Palliativmedizin, die den assistierten Suizid überflüssig werden
lässt.
Die Themen assistierter Suizid und Sterbehilfe sind regelmäßig
Gegenstand öffentlicher und politischer Diskussionen. Dabei geht es
u. a. um die Frage, den ärztlich assistierten Suizid auch in
Deutschland gesetzlich zu regeln. Eine aktuelle Umfrage unter Ärzten
der Niederlande, in denen aktive Sterbehilfe erlaubt ist, hat
ergeben, dass 85 Prozent der Ärzte den assistierten Suizid bei
Patienten mit Krebserkrankungen und 82 Prozent bei anderen physischen
Erkrankungen befürworten. 34 bzw. 40 Prozent der Ärzte sprachen sich
außerdem für den assistierten Suizid bei Demenzpatienten im Früh-
bzw. Spätstadium aus. Auch bei Menschen, die des Lebens überdrüssig
sind, halten 24 Prozent der Ärzte den assistierten Suizid für
richtig.
Nach Ansicht von Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin, macht aber die effektive
Umsetzung schmerzmedizinischer und palliativmedizinischer Optionen
den assistierten Suizid überflüssig. Eine Ursache für die hohe Anzahl
der Befürworter sieht er darin, dass sowohl Ärzte als auch Patienten
zu wenig über die Möglichkeiten der modernen Schmerzmedizin wissen.
Müller-Schwefe plädiert daher für mehr Aufklärung und eine bessere
Ausbildung von Medizinstudierenden in der Schmerzmedizin.
Auch Thomas Sitte, Vorstandsvorsitzender der Deutschen
PalliativStiftung, sieht in der aktuellen Diskussion die Gefahr, dass
künftig "aktiv lebensverkürzende Maßnahmen als normal hingenommen
werden, um mögliches Leiden zu lindern". Das Wissen um die
hospizlich-palliativen Möglichkeiten sei dagegen kaum verbreitet. Die
Deutsche PalliativStiftung wolle dieses Wissen daher jedem zugänglich
machen, um die Chance zu haben, Wünsche und Vorstellungen über das
eigene Sterben zu formulieren. Wenn es Schwerstkranken möglich sei,
durch gute Symptombehandlung noch am Leben teilzunehmen, sei das für
ihn "Sterbehilfe" im besten Sinn.
Verantwortung für das Lebensende heißt medizinische und
seelsorgerische Betreuung
Dr. Nikolaus Schneider, ehemaliger Ratsvorsitzender der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und im Zusammenhang mit der
Krebserkrankung seiner Frau aktuell häufig in Diskussionen zum Thema
Sterbehilfe involviert, sprach sich beim Deutschen Schmerz- und
Palliativtag ebenso klar gegen Sterbehilfe im Sinne von "Tötung auf
Verlangen" aus: "Ein Mensch gehört nicht sich selbst und auch nicht
einem anderen Menschen, der über ihn verfügen könnte, sondern Gott,
der alles Leben geschaffen hat. Das gilt auch für den Tod."
Verantwortung für das Ende des menschlichen Lebens ziele nach
theologischem Verständnis vordringlich auf ärztliche, pflegerische
und seelsorgliche Betreuung Schwerstkranker und ihrer Angehörigen
sowie auf den Ausbau und die Qualifizierung der palliativen Medizin
und Versorgung ab. Tötung auf Verlangen sowie ärztlich assistierten
Suizid lehne er ab, die Begleitung eines Suizidanten in
"Extremsituationen" könne dagegen Ausdruck von Liebe oder
Nächstenliebe sein. Ob für solche Grenzbereiche gesetzliche
Regelungen sinnvoll seien, scheine ihm zweifelhaft.
Pressekontakt:
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