(ots) - Reporter ohne Grenzen kritisiert die zahlreichen
Angriffe und Repressionen auf Medien und Journalisten auf der Krim.
Ein Jahr nach der russischen Annexion der Krim gibt es dort so gut
wie keine unabhängigen Medien mehr. Weil sie bedroht, verfolgt und
angegriffen wurden, sind bereits Medienvertreter von der Krim
geflohen.
"Unabhängige Journalisten haben fast keine Möglichkeiten der
kritischen Berichterstattung mehr", sagt Christian Mihr,
Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen in Berlin. "Während der
vergangenen zwölf Monate wurden so gut wie alle Medien unter
russische Kontrolle gebracht. Von der unabhängigen Medienlandschaft
der Krim ist so gut wie nichts mehr übrig."
Seit dem Referendum auf der Krim am 16. März 2014, das zur
weiteren Annexion führte, wurden alle ukrainischen Fernsehsender aus
dem Kabelnetz genommen, unter ihnen die Sender Inter, Briz, 1+1, STB,
5. Kanal, und durch russisches Staatsfernsehen ersetzt.
Auch die terrestrische Ãœbertragung von Chernomorskaya TV, dem
größten unabhängigen Fernsehsender der Krim, wurde im März 2014
beendet. Auf der Frequenz sendet seither der russische Sender Rossiya
24. Aus den Kabelnetzen wurde Chernomorskaya im Juni 2014 entfernt
(http://bit.ly/1KRr4LR). Am 1. August wurde zudem das Eigentum des
Senders beschlagnahmt. Zeitungen in ukrainischer Sprache werden nicht
mehr auf die Krim geliefert.
Kritische Journalisten und Blogger wurden in den vergangenen
Monaten bei ihrer Arbeit behindert, angegriffen, verfolgt und auch
entführt. Aufgrund der Repressionen sind bereits Medienvertreter von
der Krim geflohen, unter anderem nach Kiew.
Einzig der krimtatarische Fernsehsender ATR sendet auch nach der
Annexion weiter. Doch die russischen Behörden setzen die Mitarbeiter
des Senders immer wieder unter Druck. Am 26. Januar 2015 führten
russische Polizisten in der Zentrale in Simferopol eine Razzia durch.
Maskierte und bewaffnete Männer unterbrachen den Sendebetrieb für
einen Großteil des Tages, beschlagnahmten Server und andere Geräte
und behinderten die Mitarbeiter sowohl bei ihrer regulären Arbeit als
auch bei der Live-Übertragung der Durchsuchung. Bereits während der
vergangenen Monate wurde ATR mehrmals verwarnt, dem Sender wurde
vorgeworfen, mit seinem Programm "Misstrauen gegen die Staatmacht"
und "russlandkritische Haltungen zu fördern" (http://bit.ly/1wWbXKQ).
Auch Mitarbeiter der tatarischen Zeitung Avdet wurden in den
vergangenen Monaten mehrmals wegen ihrer Berichterstattung verwarnt
und sogar vom russischen Geheimdienst einbestellt
(http://bit.ly/1KWTRP8).
Zahlreiche Medienvertreter wurden in den zurückliegenden Monaten
bedroht, verfolgt, bei ihrer Arbeit behindert und auch angegriffen.
Im September 2014 wurde etwa das Haus der kritischen Bloggerin
Elizaveta Bogutskaya von Ermittlern der Anti-Extremismus-Abteilung
der Krim durchsucht. Bogutskaya arbeitet auch für Krym.Realii, den
lokalen Dienst von Radio Free Europe/Radio Liberty. Die Eindringlinge
beschlagnahmten bei ihrer Durchsuchung Bogutskayas Computer,
Notebooks, USB-Sticks und weiteres Arbeitsmaterial
(http://www.osce.org/fom/123314). Bogutskaya wurde bei der Razzia
gesagt, es handele sich um eine Suche nach Drogen, Waffen und
extremistischem Material. Nach ihrem Verhör berichtet sie selbst,
dass sie jedoch in erster Linie zu ihrer Tätigkeit als Bloggerin und
zu ihren russlandkritischen Berichten befragt wurde. Drogen oder
Waffen hätten bei dem Verhör keine Rolle gespielt. Nach dem Verhör
floh Bogutskaya von der Krim.
Zahlreiche Radiosender von der Krim haben während der vergangenen
Wochen ihre Ãœbertragungsrechte verloren, da sie zu einer
Neu-Ausschreibung der Sendefrequenzen in Moskau nicht zugelassen
wurden. Zu den betroffenen Sendern gehören Leader FM, Trans-M-radio,
TRC und Briz. Auch der einzige krimtatarische Radiosender Meydan
könnte gezwungen sein, sein Programm einzustellen, denn auch er war
zur Ausschreibung nicht zugelassen. Einzig, weil seine Frequenz
bislang noch nicht weitervergeben wurde, kann er sein Programm noch
ausstrahlen (http://bit.ly/1EXWATh).
Die Nachrichtenagentur Crimea News Agency QHA erhielt am 20.
Februar von der russischen Medienaufsichtsbehörde Roskomnadzor ohne
weitere Erläuterungen die Mitteilung, dass sie ihre Aktivitäten nicht
lizenzieren könne. Die Journalisten arbeiten bereits seit April 2014
ohne Lizenz, da sie sich bislang nicht registrieren konnten. Ohne
Lizenz zu arbeiten, bringt jedoch Probleme und Nachteile mit sich. So
bewegen sich die Journalisten nicht nur in einem Graubereich. Sie
können auch keine Akkreditierung beantragen und werden nicht zu
Pressekonferenzen oder ähnlichem zugelassen. Auch der jüngste
Versuch, eine Lizenz zu bekommen, schlug fehl. Nun ist seit Ende
Februar die Registrier-Webseite von Roskomnadzor für Internetnutzer
von der Krim gesperrt.
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Silke Ballweg / Christoph Dreyer
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