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foodwatch zu Lebensmittelbuch-Kommission/Evaluierungsbericht - Ministeriumsgutachten bestätigt: Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission ist gescheitert

ID: 1185897

(ots) - Zu dem heute vom Bundesernährungsministerium nach
drei Monaten endlich veröffentlichten Evaluationsbericht über die
Arbeit der Deutschen Lebensmittelbuchkommission erklärt Lena Blanken,
Expertin für Lebensmittelkennzeichnung der Verbraucherorganisation
foodwatch:

"Das Gutachten des Ministeriums belegt: Die Deutsche
Lebensmittelbuch-Kommission ist gescheitert. Für verschiedene
Szenarien listen die Gutachter Pro- und Contra-Punkte auf - für eine
Fortsetzung der Kommission in der bisherigen Form spricht demnach nur
ein einziges Argument, und das heißt: 'Kein
Restrukturierungsaufwand'. Das ist eine schallende Ohrfeige für die
jahrelange Politik der Bundesregierung, die es zugelassen hat, dass
die geheim tagende Lebensmittelbuch-Kommission viele irreführende
Produktbezeichnungen legalisiert.

Folgt Minister Christian Schmidt den Vorschlägen der
industrienahen Gutachter, dürfte die staatlich legitimierte
Verbrauchertäuschung weiter gehen. Denn an den entscheidenden
Konstruktionsfehler gehen sie nicht ran: Den Einfluss der Hersteller
auf die Produktbezeichnungen, die eben nicht für die Unternehmen da
sind, sondern die Verbraucher über die Beschaffenheit von
Lebensmitteln verständlich informieren sollen. Wer Klarheit und
Wahrheit verspricht, darf nicht diejenigen maßgeblich an der
Entscheidung über Kennzeichnungsstandards beteiligen, die von
Unklarheit und Etikettenschwindel profitieren.

Minister Schmidt muss die bisherige Lebensmittelbuchkommission
abschaffen. Stattdessen sollten rechtsverbindliche Leitsätze für die
Produktbezeichnung in einem demokratisch legitimierten Verfahren von
einer Bundesbehörde erarbeitet werden und sich zuvorderst an
Erwartungen und Verständnis der Verbraucher orientieren, nicht an den
ökonomischen Interessen der Hersteller. Die Angaben der Hersteller




über Herstellungsweisen müssen natürlich einfließen - am Ende jedoch
muss auf dem Etikett eine Angabe stehen, die Verbraucher verstehen
können und die ihren Erwartungen gerecht wird."

Link: Einer E-Mail-Aktion von foodwatch für die Abschaffung der
Lebensmittelbuch-Kommission wird bereits von rund 47.000 Verbrauchern
unterstützt: www.foodwatch.de/aktion-lebensmittelbuch

Redaktionelle Hinweise:

- Pressemitteilung von foodwatch zur Einschätzung von Prof. Rixen
zur LMBK: http://bit.ly/1ArgRit
- foodwatch-Beitrag zur Evaluierung: http://bit.ly/1MR1eGi
- Fotostrecke von foodwatch mit Beispielen für irreführende
Leitsätze: http://bit.ly/1DTrV8U

Hintergrund: Die geheim tagende, beim Bundesernährungsministerium
(BMEL) angesiedelte Lebensmittelbuch-Kommission erarbeitet sogenannte
Leitsätze zur Produktkennzeichnung und -zusammensetzung. Diese sind
zwar formal unverbindlich, doch weil sich Hersteller, die amtliche
Lebensmittelüberwachung und auch Gerichte an ihnen orientieren, haben
sie eine mit Gesetzen vergleichbare Wirkung. Acht der 32 Mitglieder
der Kommission stammen aus der Lebensmittelwirtschaft. Die
Geschäftsordnung sieht vor, dass sie mit ihren Stimmen alle
Entscheidungen blockieren können. In der Kritik steht das Gremium,
weil es für zahlreiche irreführende Produktbezeichnungen
verantwortlich ist - zum Beispiel Schokoladenpudding, der nur einen
Mini-Anteil Kakao enthält, Kirschtee ohne Kirschen oder Lachs-Imitat,
das unter dem Namen "Alaska-Seelachs" verkauft wird. Der Bayreuther
Staatsrechtler Prof. Stephan Rixen hatte das Konstrukt einer quasi
normsetzenden, aber demokratisch unzureichend legitimierten Instanz
zuletzt als verfassungswidrig bezeichnet.

Das Bundesernährungsministerium hatte im Jahr 2013 auf die Kritik
an der Lebensmittelbuch-Kommission reagiert und eine externe
Evaluation angestoßen. Dabei sollte laut Ausschreibungstext die
"gesamte Struktur" des umstrittenen Gremiums "auf den Prüfstand"
kommen. Nach der Ausschreibung durch die Bundesanstalt für
Landwirtschaft und Ernährung (BLE) erhielt die zur industrienahen AFC
Consulting Group gehörende AFC Public Services GmbH den Zuschlag -
gemeinsam mit Prof. Dr. Wolfgang Voit von der Philipps-Universität
Marburg, dessen Forschungsstelle u.a. von Ferrero und Dr. Oetker
unterstützt wird. Im April 2014 begannen sie mit der Arbeit an dem
Gutachten. Auch foodwatch wurde um eine Einschätzung gebeten. Mitte
Dezember 2014 wurde der Evaluationsbericht dem Ministerium
überstellt, zunächst jedoch nicht veröffentlicht. Ende Februar 2015
hatte foodwatch hat Bundesernährungsminister Christian Schmidt
aufgefordert, den Evaluationsbericht unverzüglich und vollständig zu
veröffentlichen. Am 13. März schließlich erfolgte die
Veröffentlichung.



Pressekontakt:

foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse(at)foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90
Fax: +49 (0)30 / 24 04 76 - 26


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Datum: 13.03.2015 - 11:50 Uhr
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Kategorie:

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