(ots) - Ist die Frage, ob Deutschland den Griechen eine
finanzielle Entschädigung für Verbrechen während der NS-Zeit zahlen
soll, inhaltlich verknüpft mit der aktuellen Schuldendebatte in dem
Krisenland? Nein. Trotzdem könnte gerade in der Frage der
Wiedergutmachung eine große Chance liegen, das durch den Euro-Streit
völlig zerrüttete Verhältnis zwischen den beiden Staaten wieder zu
reparieren.
Die Bundesregierung hält das Thema Reparationen für "abschließend
geklärt", und zwar sowohl juristisch wie politisch. Doch so eindeutig
ist die Lage keineswegs. Berlin hat es bei den Verhandlungen nach der
Wiedervereinigung lediglich geschickt verstanden, das heikle Thema
abzuräumen; das gilt auch für die Zwangsanleihe in Höhe von knapp
einer halben Milliarde Reichsmark, die die Nazis der Nationalbank in
Athen seinerzeit abpressten. Man muss das Thema auch 70 Jahre nach
Ende des Zweiten Weltkriegs also nicht unbedingt als erledigt
betrachten.
Stattdessen drängt sich ein Vergleich auf: Es brauchte mehr als
ein halbes Jahrhundert, bis sich die Bundesregierung und deutsche
Unternehmen dazu durchringen konnten, im Jahr 2000 zehn Milliarden
D-Mark als Entschädigung für ehemalige Zwangsarbeiter des NS-Regimes
zur Verfügung zu stellen.
Berlin bekannte sich damals zu einer moralischen Verpflichtung,
und eine solche besteht durchaus vergleichbar gegenüber Griechenland;
daran ändert auch der Umstand nichts, dass die unsortierte Regierung
in Athen diese Frage auf unzulässige und wenig hilfreiche Weise mit
der aktuellen Euro-Schuldendebatte verbindet.
Im Gegenteil: Die Bundesregierung hat es in der Hand, durch die
grundsätzliche Anerkennung griechischer Ansprüche ein Zeichen zu
setzen - beispielsweise durch die Gründung einer Stiftung, aus der
sich Entschädigungszahlungen speisen, nach dem Vorbild der
Zwangsarbeiter-Regelung. Es wäre ein spätes, aber wichtiges Zeichen
des Respekts gegenüber einem Volk, das schwer gelitten hat unter
deutschen Gräueltaten. Und ganz nebenbei würde man der Regierung in
Athen im aktuellen Euro-Streit viel Wind aus den Segeln nehmen.
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