PresseKat - Ein Jahr NSA-Untersuchungsausschuss hat keine Aufklärung gebracht

Ein Jahr NSA-Untersuchungsausschuss hat keine Aufklärung gebracht

ID: 1188549

(ots) - Mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen sind empört,
dass ein Jahr nach Einsetzung des NSA-Untersuchungsausschusses so gut
wie nichts passiert ist. Reporter ohne Grenzen, Privacy Project,
Humanistische Union, der Rechtsanwalt Niko Härting,
Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und
Partizipation und das Whistleblower-Netzwerk kritisieren in einer an
die Fraktionsvorsitzenden des Bundestages und an die
Ausschussmitglieder gerichteten Stellungnahme das am 20. März 2014
eingesetzte Gremium dafür, dass bislang keine Aufklärung darüber
stattgefunden hat, in welchem Umfang ausländische Geheimdienste in
Deutschland spioniert haben. Die Unterzeichner verlangen zudem, dass
der Ausschuss endlich Schritte zur umfassenden Kontrolle der
deutschen Geheimdienste unternimmt. Dazu haben sie in der
Stellungnahme konkrete Vorschläge aufgeführt.

Die Organisatoren haben während der vergangenen Monate wiederholt
gefordert, die Arbeit des NSA-Untersuchungssausschusses so
transparent wie möglich zu gestalten. Dabei berufen sie sich auf das
Bundesverfassungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2009. Die Richter haben
damals entschieden, dass die Bundesregierung verfassungswidrig
gehandelt habe, indem sie Aussagegenehmigungen für Zeugen eines
Untersuchungsausschusses beschränkt und die Vorlage angeforderter
Akten verweigert hatte.

BEHINDERUNG DER ARBEIT DES AUSSCHUSSES

Doch auch die Arbeit des NSA-Untersuchungssauschusses wird massiv
behindert. Am 5. Februar sagten zwei zur Befragung der Operation
Glotaic geladene BND-Mitarbeiter vor den Ausschussmitgliedern, dass
sie sich nur in geheimer Sitzung zu der Operation äußern könnten. Die
Sitzung verlief daraufhin ergebnislos. (http://bit.ly/1CrOnGt) Kurz
darauf wurde bekannt, dass dem Gremium in der gleichen Angelegenheit
130 Dokumente vom BND vorenthalten wurden, obwohl Bundesregierung und




Nachrichtendienste verpflichtet sind, umfängliches Material zur
Verfügung zu stellen. (http://bit.ly/1B6Nr9I)

Im November verschärfte die Bundesregierung die ohnehin
umstrittene Geheimhaltungspraxis und stufte eine Vernehmung als
"streng geheim" ein, wodurch die Aufklärungsarbeit des Ausschusses
einmal mehr empfindlich gehemmt wurde. (http://bit.ly/1vgYV64) Im
Oktober vergangenen Jahres drohte Kanzleramtsminister Peter Altmaier
damit, die Weitergabe interner Dokumente aus dem
NSA-Untersuchungsausschuss strafrechtlich verfolgen zu lassen.

SCHUTZ VON WHISTLEBLOWERN UNERLÄSSLICH

Die durch Edward Snowden angestoßenen Enthüllungen haben
verdeutlicht, wie wichtig der Schutz von Whistleblowern für
unabhängige journalistische Berichterstattung ist. Darüber hinaus
haben sie auch in Deutschland die unzureichende parlamentarische
Kontrolle über die Geheimdienste offengelegt.

Die Unterzeichner fordern, dass der Ausschuss seine Sitzungen
uneingeschränkt öffentlich abhält und Zugang zu allen relevanten
Dokumenten erhält. Zudem sollte das Gremium endlich Vorschläge
unterbreiten, die die Arbeit der Geheimdienste umfassend
kontrollieren.

Unerlässlich sind vor allem:

-Es darf keine Überwachungsmaßnahmen ohne gesetzliche Grundlage
geben, weder im Inland noch im Ausland. Die Gesetze müssen
verhältnismäßig und angemessen ausgestaltet sein und die
Voraussetzungen, die Anordnung und das Verfahren sowie die
Rechtsschutzmöglichkeiten klar benennen. Die Ungleichbehandlung von
In- und Ausländern in den einzelnen Überwachungsvorschriften ist zu
beenden. Die Bundesregierung hat sicherzustellen, dass die deutschen
Dienste die gesetzlichen, grund- und menschenrechtlichen
Verpflichtungen wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder
die von Deutschland mitinitiierte UN Resolution zum "Right to Privacy
in the Digital Age" auch bei Einsätzen im Ausland einhalten.

-Sämtliche Übermittlungen von Kommunikationsdaten an ausländische
Stellen sind der G10-Kommission anzuzeigen und in deren jährliche
Berichte aufzunehmen, unabhängig davon, ob es sich um Inhalts- oder
Metadaten handelt. Eine Ãœbermittlung personenbezogener Daten an
ausländische Stellen oder die Entgegennahme solcher Daten von
ausländischen Stellen ohne gesetzliche Regelung ist auszuschließen.

-Der Bundestag muss das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr)
finanziell und personell so ausstatten, dass es die Kontrolle der
Nachrichtendienste auch tatsächlich gewährleisten kann. Dem PKGr ist
gesetzlich ein direkter Zugriff auf alle Vorgänge in und Zeugen aus
den Diensten einzuräumen. Alle Mitarbeiter der Dienste müssen dem
Gremium stets für eine vollständige Auskunft über ihre Tätigkeit zur
Verfügung stehen.

-Die Unterzeichner schlagen die Einrichtung eines
Geheimdienst¬beauf¬tragten des Bundestages vor, der das PKGr in
seiner Arbeit unterstützt.

-Aufgrund der fehlenden öffentlichen Kontrolle ist es im Bereich
der Nachrichtendienste besonders wichtig, einen funktionierenden
Mechanismus für Whistleblower einzurichten. Insbesondere ist die
Möglichkeit einzuräumen, dass sich Mitarbeiter der Geheimdienste ohne
Einhaltung des Dienstweges jederzeit uneingeschränkt an die
parlamentarischen Kontrollgremien sowie die Datenschutzaufsicht
wenden dürfen.

-Das Informationsfreiheitsgesetz muss auch für die
Nachrichtendienste gelten, damit abgelehnte Auskunftsbegehren von
Gerichten überprüft werden können.

-Das Bundesdatenschutzgesetz muss auch im Bereich der
Nachrichtendienste für alle Datensammlungen uneingeschränkt
angewendet werden. Der Bundesdatenschutz-beauftragten ist - wie das
Gesetz es vorsieht - uneingeschränkter Zugang zu gewähren.
Datensammlungen dürfen nicht ohne Genehmigung der BfDI betrieben
werden.

-Der Schutz des Post- und Telekommunikationsgeheimnisses ist ein
universelles Menschenrecht und gilt nicht nur für Deutsche. Das
Grundgesetz und internationale Konventionen wie die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte oder die von Deutschland mitinitiierte
UN Resolution zum "Right to Privacy in the Digital Age" binden die
Bundesregierung auch jenseits der deutschen Grenzen. Jede Maßnahme
zur Einschränkung muss verhältnismäßig und notwendig sein. Das
Bundesverfassungs-gericht und der Europäische Gerichtshof haben in
ihren Urteilen dazu klare rechtliche Vorgaben gemacht.

In einer ausführlichen Stellungnahme haben die Unterzeichner ihre
Kritik an der bisherigen Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses und
ihre Forderungen zur Kontrolle der Geheimdienste dargelegt. Den Text
finden Sie hier: http://bit.ly/1BB8r3J



Pressekontakt:
Reporter ohne Grenzen
Silke Ballweg / Christoph Dreyer
presse(at)reporter-ohne-grenzen.de
www.reporter-ohne-grenzen.de
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Datum: 19.03.2015 - 12:18 Uhr
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