(ots) - Vor dem Grand Prix von Bahrain am kommenden
Wochenende fordert Reporter ohne Grenzen (ROG) die Regierung der
Golf-Monarchie auf, ihre systematische Verfolgung von Journalisten
und Online-Aktivisten zu beenden. Die Repressionen Bahrains gegen
Fotojournalisten, Kameraleute und andere Medienschaffende dauern seit
dem Beginn einer Protestbewegung im Februar 2011 unvermindert an.
Immer wieder werden Journalisten, die über Demonstrationen oder
Missstände berichten, unter fingierten Anschuldigungen vor Gericht
gestellt und zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt.
"Wenn Bahrain mit der Formel 1 die Blicke der Weltöffentlichkeit
auf sich zieht, sollten auch Folter, Willkürjustiz und die
Unterdrückung der Pressefreiheit zur Sprache kommen", sagte
ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. "Die inhaftierten Journalisten
und Blogger müssen sofort freikommen, Verfolgung und Schikanen auch
gegen viele weitere müssen ein Ende haben."
PROZESSE UND STRAFEN FÃœR KRITISCHE TWEETS
Zu den bevorzugten Zielen der staatlichen Repression in Bahrain
gehören Blogger und Aktivisten, die für regimekritische Äußerungen in
sozialen Medien wie Twitter verfolgt werden. So sitzt seit dem 2.
April erneut der international renommierte Menschenrechtsaktivist
Nabeel Rajab in Untersuchungshaft, der unter anderem Präsident des
Bahrain Center for Human Rights ist (http://t1p.de/0pv4). Anlass für
seine Verhaftung war offenbar eine Twitter-Nachricht über Folter im
berüchtigten bahrainischen Zentralgefängnis Dschau.
Rajab wurde schon im Januar wegen angeblicher Beleidigung der
Sicherheitskräfte in einer Twitter-Nachricht zu sechs Monaten
Gefängnis verurteilt. Bis zu seiner erneuten Verhaftung befand er
sich auf freiem Fuß, weil sein Berufungsurteil in diesem Fall erst am
4. Mai erwartet wird.
Ebenfalls wegen eines Tweets wurde im Februar der Onlineaktivist
Jakub Slais zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Kurznachricht
hatte er kritisiert, dass Soldaten gezwungen worden seien, bei der
Parlamentswahl für bestimmte Kandidaten zu stimmen
(http://t1p.de/94fy). Ende Januar ließ das Innenministerium neun
Bahrainer verhaften, weil sie soziale Medien "missbraucht" hätten, um
sich über den Tod des saudischen Königs Abdullah lustig zu machen.
ZAHLREICHE ÃœBERGRIFFE AUF FOTOGRAFEN UND KAMERALEUTE
Besonders häufig werden in Bahrain Fotojournalisten und
Kameraleute, die über "illegale" Demonstrationen berichten, Opfer von
Einschüchterung, willkürlichen Festnahmen und dubiosen Anklagen. Der
Kameramann Mohammed al-Nadschar etwa wurde Ende Februar von
Polizisten verprügelt und vorübergehend festgenommen, als er eine
Protestaktion in der Hauptstadt Manama filmte (http://t1p.de/94fy).
Anfang Januar beschossen Sicherheitskräfte bei
regierungskritischen Protesten die Reuters-Journalisten Hamad
Mohammed und Aamer Mohammed sowie die Fotografen Mohammed al-Schaich
(AFP) und Masen Mahdi (EPA) wiederholt und offensichtlich gezielt mit
Tränengas und Schrotkügelchen, obwohl sie sich durch Westen mit
Presse-Aufschrift deutlich zu erkennen gaben.
Der erst 17-jährige Amateurfotograf Hussam Surur wurde im
vergangenen September wegen eines angeblichen Angriffs auf einen
Behördenvertreter, Teilnahme an illegalen Demonstrationen und
Besitzes entflammbarer Materialien zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Ende März erhielt er weitere zehn Jahre Haft wegen gemeinschaftlichen
Waffenschmuggels und Mordkomplotts gegen Journalisten.
Seit dem 10. März fehlt jede Nachricht unter anderem von den
Fotojournalisten Ahmed Humaidan und Hussain Hubail, die die
Protestbewegung dokumentiert hatten und derzeit im Zentralgefängnis
Dschau Haftstrafen von zehn bzw. fünf Jahren absitzen. An diesem Tag
kam es dort zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen
Sicherheitskräften und Häftlingen, die gegen Misshandlungen und
systematische Folter protestierten. In der Folge wurden Häftlinge mit
Isolationshaft bestraft und Besuchstermine für ihre Angehörigen
abgesagt. Außerdem sollen Häftlinge gezwungen worden sein, die Nächte
bei bitterer Kälte in Zelten zu verbringen.
ZENSUR DER UNABHÄNGIGEN BERICHTERSTATTUNG
Die Ausstrahlung des neuen unabhängigen Fernsehsenders Al-Arab mit
Sitz in Manama wurde nur wenige Stunden nach dem Sendebeginn am 2.
Februar gestoppt. Die Behörden erklärten, der Nachrichtensender habe
nicht die erforderlichen Lizenzen vorweisen können. Als eigentlicher
Grund für die Suspendierung wird allerdings ein Interview mit einem
Oppositionellen in der ersten Nachrichtensendung des neuen Kanals
vermutet. (http://t1p.de/3kag)
Um Berichte über das Verfahren gegen einen Oppositionsführer zu
verhindern, wurden im Januar und Februar die Journalistinnen Rim
Chalifa (Associated Press), Fareschta Said (Reuters) und Nasiha Said
sowie der Fotograf Isa Ibrahim (Al-Wasat) daran gehindert, zwei
Gerichtsanhörungen zu besuchen. Ausländische Berichterstatter werden
seit Februar 2011 durch verweigerte Visa, schwarze Listen und andere
Schikanen systematisch an der Einreise nach Bahrain gehindert; wer es
dennoch ins Land schafft, wird oft in seiner Bewegungsfreiheit
eingeschränkt.
Ende Januar entzogen die bahrainischen Behörden 72 Bahrainern die
Staatsbürgerschaft - "zum Schutz der nationalen Sicherheit" und ohne
Anhörung oder rechtsstaatliches Verfahren. Ihnen wurde unter anderem
vorgeworfen, sie hätten einen befreundeten Staat beleidigt,
Falschinformationen verbreitet und über soziale Medien Spione
angeworben (http://t1p.de/lrdb). Unter den Betroffenen sind der
Journalist Abbas Busafwan und der Blogger Ali Abdul Emam.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt Bahrain Rang 163 von
180 Staaten. Weitere Informationen zur Lage der Pressefreiheit in dem
Golfstaat finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/bahrain/.
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Ulrike Gruska / Christoph Dreyer
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