(ots) -
Folter ist in Usbekistan an der Tagesordnung. Aber die USA und die
EU-Staaten, allen voran Deutschland, pflegen die militärischen und
wirtschaftlichen Kontakte zu dem Land, ohne sich ernsthaft für den
Schutz der Menschenrechte dort einzusetzen. Zu diesem Schluss kommt
Amnesty International in dem heute veröffentlichten Bericht Secrets
and Lies: Forced confessions under torture in Uzbekistan.
"Es ist ein offenes Geheimnis: Wer in Usbekistan bei den Behörden
in Ungnade fällt, kann festgenommen und gefoltert zu werden", sagte
Selmin Caliskan, die Generalsekretärin von Amnesty International in
Deutschland, bei der Vorstellung des Berichts in Berlin. Am
häufigsten werden Menschen in Haftanstalten der Polizei und des
Nationalen Sicherheitsdienstes (SNB) gefoltert, oft um Geständnisse
zu erzwingen oder Geld zu erpressen. Die Folter ist aber auch ein
Mittel, um Menschen einzuschüchtern, die Kritik an der Regierung
üben. "Folter ist auch nach usbekischen Gesetzen verboten", stellt
Caliskan fest. "Aber Foltervorwürfe werden in der Regel nicht
untersucht und die Folterer kommen ohne Strafe davon. Es genügt
nicht, das Folterverbot in den Gesetzten stehen zu haben. Der
usbekische Präsident muss die Anwendung von Folter öffentlich
verurteilen und Folter entschlossen bekämpfen. Durch Folter
erzwungene Geständnisse dürfen vor Gericht nicht mehr verwendet
werden."
Trotz der bekannt schlechten Menschenrechtslage hat sich die
Bundesregierung innerhalb der EU besonders um enge Beziehungen zu
Usbekistan bemüht. Deutschland unterhält einen Militärstützpunkt im
usbekischen Termez und erst vor einigen Wochen empfing
Wirtschaftsminister Gabriel eine usbekische Wirtschaftsdelegation.
"Die Politik der Bundesregierung gegenüber Usbekistan ist
beschämend", sagte Selmin Caliskan. "Deutschland schaut nicht nur
heute weg, wenn es um Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan geht.
In der Vergangenheit hat sich die Bundesregierung sogar aktiv dafür
eingesetzt, den Druck von Usbekistan zu nehmen, ohne dass es eine
echte Verbesserung der Verhältnisse in dem Land gegeben hätte."
Als Sicherheitskräfte vor zehn Jahren in der usbekischen Stadt
Andischan mehrere Hundert mehrheitlich friedliche Demonstranten
erschossen, reagierte die EU auf dieses Massaker zunächst
entschlossen und verhängte Sanktionen. Die Bundesregierung setzte
sich jedoch bald für eine Aufhebung der Sanktionen ein - obwohl die
usbekische Regierung nach wie vor eine unabhängige Untersuchung des
Massakers ablehnte.
Zu den gängigen Foltermethoden in Usbekistan gehören systematische
Schläge, simuliertes Ersticken mit Plastiktüten oder Gasmasken,
Vergewaltigung und andere sexuelle Gewalt gegen Frauen und Männer,
psychologische Folter, Schlafentzug und Elektroschocks. Gefangene
werden extremen Temperaturen ausgesetzt oder ihnen wird Nahrung und
Wasser vorenthalten. Gefoltert wird in Verhörräumen, Strafzellen und
eigens dafür eingerichteten Folterräumen, aber auch in Waschräumen
und Duschen.
Ein Fallbeispiel aus dem Bericht ist Vahit Günes, ein türkischer
Geschäftsmann, der bei den usbekischen Behörden in Ungnade gefallen
war und 10 Monate in einer Haftanstalt des usbekischen Geheimdienstes
verbrachte und dort gefoltert wurde. Er sagte aus, dass er in einem
Waschraum regelmäßig von Angehörigen des Geheimdienstes ausgezogen
und sexuell erniedrigt wurde. Außerdem schlugen ihn zwei andere
Häftlinge mehrere Tage und Nächte lang in einer kleinen Strafzelle,
genannt "Presskat".
"Unter Presskat versteht man eine Art Zelle, in der sich bereits
zwei Personen befinden. Sie stellen ein weiteres Bett dazu, und du
bist der Dritte. Ich wurde beispielsweise als Dritter zu zwei sehr
großen, kräftigen Männern gesteckt. Sobald ich die Zelle betrat,
begannen sie, mich zu schlagen." Vahit Günes schilderte Amnesty auch
die Folter an anderen Gefangenen: "[Einer meiner Mithäftlinge] wurde
zum Verhör abgeholt. Als er zurückkam, war er blutüberströmt, sein
Arm war gebrochen, einer seiner Finger war gebrochen und seine Augen
waren zugeschwollen. [...], er wurde kontinuierlich gefoltert.
Nachdem ich ihn das letzte Mal beim Gang zum Verhör sah, ist er nicht
mehr zurückgekehrt."
Für den Bericht hat Amnesty über 60 Interviews vor allem mit
Folterüberlebenden, Angehörigen, Anwälten,
Menschenrechtsverteidigern, aber auch Regierungsvertretern geführt
und ausgewertet.
Mit der Vorstellung des Berichts startet Amnesty auch eine
Postkartenaktion an Frank-Walter Steinmeier. Auf den Postkarten wird
der deutsche Außenminister aufgerufen, "gegenüber der usbekischen
Regierung bei jeder Gelegenheit und auf allen Ebenen ein Ende von
Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen einzufordern."
Außerdem soll sich Steinmeier dafür einsetzen, dass der
EU-Außenministerrat sich endlich wieder mit der Menschenrechtslage in
Usbekistan befasst. Der Rat nahm das Thema 2010 von der Tagesordnung.
Für weitere Informationen und bei Interviewanfragen wenden Sie
sich bitte an die Pressestelle. Den Bericht, Fotos, die Postkarte und
weiteres Material finden Sie hier: http://bit.ly/1NQE8x2.
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