(ots) - Für die meisten Flüchtlinge kam jede Rettung zu
spät. Vermutlich rund 400 Menschen starben, als ihr überladener
Kutter vor der libyschen Küste kenterte. Männer, Frauen, viele
Kinder. Es ist die größte Flüchtlingstragödie seit Oktober 2013, als
360 Menschen vor Lampedusa ertranken. Warum begeben sich die Menschen
auf eine solch riskante Reise? Wie schlimm muss es sein dort, wo sie
ihre Heimat hatten?
Sie sind verzweifelt, geben ihr letztes Geld skrupellosen
Schleppern, fliehen vor Krieg, Terror und Bomben, hoffen auf eine
Chance, ein besseres Leben für sich und ihre Kinder, wollen einfach
nur Ãœberleben. Und wenn sie es geschafft haben ins gelobte Europa,
erfahren sie im günstigen Fall Gleichgültigkeit, im schlimmsten Hass
und Gewalt.
Die Städte sind an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt.
Doch es darf nicht passieren, dass die Kommunen wegen der
Aufwendungen für Flüchtlinge andere Leistungen kürzen müssen. Dadurch
würde sich die Stimmung zuspitzen. Land und Bund sind in der Pflicht,
mehr zu tun. Schon jetzt vergeht kaum eine Woche, in der nicht eine
Flüchtlingsunterkunft irgendwo in Deutschland angegriffen wird. Der
Brandanschlag von Tröglitz ist eine Mahnung - und kein Einzelfall.
Kaum war das Feuer gelöscht, sprach die Bundesregierung von
Solidarität mit den Flüchtlingen. Zugleich setzt sie ihre
Abschottungspolitik an den EU-Außengrenzen fort. 2014 starben 3500
Menschen bei dem Versuch, Europas Küsten zu erreichen. Auch
Deutschland setzte sich dafür ein, die italienische Rettungsmission
"Mare Nostrum" im Mittelmeer zu beenden. Sie sei eine Brücke nach
Europa und ein Anreiz für eine leichte Überfahrt. Das ist zynisch und
falsch. Die Zahlen sind seither nicht gesunken, und wer in Syrien den
Tod fürchten muss, lässt sich von keinem Politikerkalkül abhalten.
Deutschland ist daher mitverantwortlich für die Toten.
Es muss ein Ende haben, dass die europäische Politik die
Flüchtlinge in klapprige Boote treibt. Ein Anfang wäre es, die
Menschen, die es bis zu uns geschafft haben, menschenwürdig
aufzunehmen.
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