(ots) - Reporter ohne Grenzen (ROG) ist empört über das
harte Urteil eines chinesischen Gerichts gegen die Journalistin Gao
Yu. Ein Gericht in Peking verurteilte die prominente Regimekritikerin
am Freitag wegen Geheimnisverrats zu sieben Jahren Haft.
"Gao Yu ist das Opfer eines politischen Prozesses, dessen Ergebnis
von Anfang an feststand", sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
"Dieses Urteil ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Kommunistische
Partei Chinas gnadenlos jeden bestraft, der ihre Alleinherrschaft
kritisiert. Gao Yu hat sich nichts zuschulden kommen lassen und muss
sofort freigelassen werden."
Gao verschwand Ende April 2014 kurz vor ihrer geplanten Teilnahme
an einer Gedenkveranstaltung an die Niederschlagung der
Studentenproteste von 1989. Zwei Wochen nach ihrem Verschwinden wurde
im chinesischen Staatsfernsehen CCTV mit einem offenkundig unter
Zwang abgelegten Schuldeingeständnis vorgeführt (http://t1p.de/b9f7).
Gao hatte die Staatsanwaltschaft aufgefordert, das Geständnis nicht
im Prozess zu verwenden, weil sie es nur aufgrund von Drohungen gegen
ihren Sohn Zhao Meng abgelegt habe (http://t1p.de/ipcj).
Die Behörden legten Gao zur Last, sie habe sich ein geheimes
Parteidokument verschafft und an eine Webseite im Ausland
weitergegeben. Dabei dürfte es sich um das sogenannte Dokument Nr. 9
handeln, das vor den Gefahren universeller Menschenrechte und eines
"westlichen" Verständnisses von Pressefreiheit für die Herrschaft der
Kommunistischen Partei warnt (http://t1p.de/hzad).
EINE DER RENOMMIERTESTE JOURNALISTINNEN CHINAS
Gao Yu gehört zu den renommiertesten Journalisten Chinas und wurde
mehrmals mit internationalen Auszeichnungen geehrt. In der
Vergangenheit war sie unter anderem stellvertretende Chefredakteurin
der von Dissidenten herausgegebenen Economics Weekly. Zuletzt
arbeitete sie als freie Autorin für verschiedene
Internetveröffentlichungen und Rundfunksender, darunter auch die
Deutsche Welle.
Gao saß schon in der Vergangenheit mehrmals in Haft: Als
Unterstützerin der Proteste von 1989 wurde sie kurz vor der
gewaltsamen Niederschlagung der Bewegung verhaftet und verbrachte
danach 15 Monate im Gefängnis. 1993 kam sie - schon damals wegen
Verrats geheimer politischer Dokumente - für mehr als sechs Jahre in
Haft. Die jüngste Festnahme Gaos im vergangenen April reihte sich in
eine Repressionswelle vor dem 25. Jahrestag der gewaltsamen
Niederschlagung der Studentenproteste von 1989 ein.
ROG BEGRÃœSST CHINA-KURSWECHSEL DER DEUTSCHEN WELLE
Reporter ohne Grenzen begrüßt, dass die Deutsche Welle als
Reaktion auf das heutige Urteil gegen Gao Yu angekündigt hat, die
Verhandlungen über eine geplante Zusammenarbeit mit dem chinesischen
Staatsfernsehen CCTV auszusetzen (http://t1p.de/1qkj). ROG hatte die
Kooperationspläne kritisiert (http://t1p.de/50v1), weil CCTV Teil des
Repressionsapparates gegen kritische Journalisten ist
(http://t1p.de/b075).
Nach öffentlicher Kritik war die Deutsche Welle in den vergangenen
Monaten schrittweise von ihren ursprünglichen Ankündigungen
abgerückt: Noch im September 2014 hatte sie etwa in
Pressemitteilungen von einer "Vertiefung der Zusammenarbeit" mit CCTV
und "möglichen Koproduktionen im Bereich Musik und Wirtschaft"
gesprochen. Im Dezember dagegen sprach DW-Intendant Peter Limbourg in
einem Interview nur noch davon, dass sich die Koproduktionen auf eine
mediale Begleitung des Bundesjugendorchesters und ein gemeinsames
Projekt beim Beethovenfest Bonn beschränken sollten.
Die chinesische Führung geht seit dem Amtsantritt von Staats- und
Parteichef Xi Jinping mit neuer Härte gegen Dissidenten und kritische
Journalisten vor (http://t1p.de/hpud). Auf internationale Empörung
stieß etwa die Verurteilung des uigurischen Bloggers und
Wirtschaftswissenschaftlers Ilham Tohti zu lebenslanger Haft wegen
"Separatismus". (http://t1p.de/a74m). Insgesamt sitzen in China
derzeit mindestens 29 Journalisten und 73 Blogger wegen ihrer Arbeit
in Haft - so viele wie in keinem anderen Land der Welt.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 176 von
180 Ländern. Weitere Informationen zur Situation der Journalisten in
dem Land finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/china/.
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