(ots) - Keiner will die Größenordnung nennen. Obwohl es die
genauen Zahlen darüber gibt, wie "flüssig" Griechenland noch ist.
Niemand will auch einen Plan B zugeben, obwohl er zwingend ist. Es
wäre fahrlässig, sich nicht auf den Ernstfall einzustellen, auf eine
Staatspleite Griechenlands. Ein Wink ist, dass EZB-Präsident Mario
Draghi zum Abschluss der IWF-Tagung betont hat, dass Europa besser
als noch 2010 oder 2011 gewappnet sei, "falls die Krise eskaliert".
Im globalen Maßstab ist diese Krise ein Randproblem.
Die "Ansteckungsgefahr" wird übereinstimmend als niedrig
eingeschätzt. Ein Ingenieur würde Griechenland als Sollbruchstelle
einordnen: Es ist die Sicherung, die durchbrennen darf, damit das
große Ganze - der Euro-Raum - nicht Schaden nimmt. Dennoch gilt es,
diesen Fall zu verhindern. Erstens beginnt die Weltwirtschaft sich zu
erholen. Zweites wäre das politische Signal beschämend: Die Europäer
- unfähig, ihre Probleme zu lösen. Drittens wissen wir seit Ludwig
Erhard, dass die Wirtschaft zur Hälfte Psychologie ist. Niemand kann
voraussagen, wie die Märkte auf einen "Grexit" reagieren würden. Das
kleine Griechenland könnte der Schmetterlingsflügelschlag sein, der
zum Sturm führt.
Es war leider verfrüht, was alles gesagt und geschrieben wurde,
als die griechische Regierung im Februar sich mit den Gläubigern
einigte. In Wahrheit fehlt ihr die Einsicht zu Reformen und einer
neuen Stabilitätskultur. Bis heute pokert sie. Das Bemühen, neues
Geld in Russland oder China aufzutreiben, hilft nur, Zeit zu
gewinnen; neue Jetons, um sich am Pokertisch zu halten.
Zockerqualitäten haben Varoufakis und Co. - und eine
Vabanque-Mentalität auch.
Nun schauen alle auf die Sitzung der Finanzminister am 24. April,
oder gleich auf den 30. Juni, das Zeitlimit für das laufende
EU-Hilfsprogramm. Wieder eine Frist, ein Countdown, ein Drama. Die
Gläubiger sind bisher hart geblieben. Wenn Griechenland der Euro-Zone
seinen Willen aufzwänge, würde der Schwanz mit dem Hund wedeln,
Längst hat die Auseinandersetzung den Charakter einer Kraftprobe. Das
erschwert die gebotene, betont nüchterne Kompromisssuche.
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