(ots) -
"Ich schaute Fernsehen, als sich die Erde bebte und das ganze Haus
wackelte." Pravin ist 13 Jahre alt und wohnte mit seiner kleinen
Familie, Mutter und 16-jähriger Bruder, in Bhaktapur, einer Stadt nur
wenige Kilometer östlich von Kathmandu. "Ich wollte nach oben zu
meiner Mutter rennen, aber da brach der Boden unter meinen Füßen
weg", erzählt Pravin weiter. Er hatte Glück: Zwar kollabierte das
Haus, doch er wurde vom Kühlschrank gerettet, der Pravin vor
herabprasselnden Backsteinen schützte.
Bald begannen Nachbarn, Pravins Mutter und Bruder in den Trümmern
nach dem 13-Jährigen zu graben. "Zuerst legten wir einen Fuß von
Pravin frei", erinnert sich Pravins Mutter. "An dem Fuß zogen wir ihn
dann aus dem Trümmern. Sein Gesicht hatte einiges abbekommen, aber
sonst war er weitgehend in Ordnung", erzählt die erleichterte Mutter.
"Aber wir haben nichts mehr", sagt Pravin und steht auf den Resten
des Hauses. "Und in die Schule gehen kann ich auch nicht mehr", fügt
er traurig hinzu. "Ständig gibt es Nachbeben, die Schule ist nicht
sicher."
"In den ersten Wochen nach dem Erdbeben sind Erste Hilfe, Nahrung
und Notunterkünfte wichtig", erklärt der Leiter der SOS-Kinderdörfer
in Nepal, Shankar Pradhanangar. "Doch wir müssen gleichzeitig
langfristig denken: Die meisten Menschen in Nepal sind arm. Ihr
Häuschen war ihr ganzer Besitz. Nun haben sie nichts mehr. Deshalb
müssen wir auch jetzt schon den Wiederaufbau planen."
Im Erdbebengebiet liegen fünf SOS-Kinderdörfer, drei in
unmittelbarer Nähe von Kathmandu. "Wir haben in den Kinderdörfern
sofort Kinder und Erwachsene aus der Umgebung aufgenommen, die ihre
Häuser und Wohnungen verloren haben", erzählt Pradhanangar. In einem
Kinderdorf sind jetzt noch 1200 Menschen untergebracht.
Zudem bietet SOS für Kinder 14 Nothilfe-Kitas an. Tausende Kinder
werden dort tagsüber betreut und erhalten drei Mahlzeiten, während
sich ihre Eltern um Wiederaufbau ihrer Häuser kümmern können. "Der
Wiederaufbau muss unterstützt werden", sagt Pradhanangar. "Viele
Menschen haben nichts mehr, können sich also auch keinen Wiederaufbau
leisten".
Außerdem nimmt SOS in den Kinderdörfern Kinder auf, die ihre
Eltern verloren haben oder von ihnen getrennt wurden. Sie werden
betreut und es wird nach der Familie - Eltern, Großeltern oder
anderen Verwandten - gesucht.
"Und nicht zuletzt muss langfristig auch das Schulsystem gestärkt
werden", sagt der SOS-Leiter. "Der Staat Nepal ist arm. Nicht jedes
Kind kann sich die Schule leisten. 40 Prozent aller Nepalesen sind
Analphabeten." Deshalb betreiben die SOS-Kinderdörfer seit vielen
Jahren sieben Schulen und drei Berufsausbildungszentren in Nepal.
"Wir hoffen auf Wiederaufbauhilfe aus anderen Staaten, die auch das
Bildungssystem stärkt. Denn nur Bildung hilft aus der Armut heraus",
sagt Pradhanangar.
Pravin und seine Familie werden von SOS unterstützt. Aber sein
größter Wunsch ist - im Gegensatz zur Mutter - nicht ein neues Haus.
"Bald wieder in die Schule gehen zu können wäre toll", sagt auch
Pravin. In Nepal gehen die meisten Kinder gern in die Schule.
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Louay Yassin
Pressesprecher
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