(ots) -
Vorausschauendes Handeln zur Sicherung der lebenswichtigen
Verkehrswege ist wichtiger, als sich mit Baustellen über Jahre
abzufinden. Das betonte der Präsident der Niederrheinischen
Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve, Burkhard Landers,
bei der IHK-Jahrespressekonferenz am 5. Mai in Duisburg. "Es geht um
viel mehr als nur um die A40-Rheinbrücke und marode Straßen", so
Landers. So befürchtet die deutsche Anrainer-Industrie während der
Bauphase des dritten Eisenbahn-Gleises in Fortsetzung der
niederländischen Betuwe-Linie erhebliche Behinderungen - sogar bis
hin zu möglichen Produktionseinschränkungen.
Der in der IHK gegründete Koordinierungskreis "Baustellen" für die
Region Duisburg sei ein richtiger Schritt gerade wegen der
logistischen Bedeutung des Standortes an Rhein und Ruhr. "Unsere IHK
hat sich für die nächste Runde gewappnet und ein Maßnahmenpaket
geschnürt", so der Präsident. Die IHK-Umfrage bei den
Transportunternehmen habe ergeben, dass durch Staus und Umwege
Millionenschäden entstehen. Nach Berechnungen der IHK beträgt durch
die Sperrung für Lkws pro Fahrtrichtung der volkswirtschaftliche
Schaden etwa 3,5 Millionen Euro pro Woche.
Nach der Aufnahme der maroden Leverkusener Rheinbrücke und auch
der Rader Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal bei Rendsburg in das
Planungs-Beschleunigungsgesetz ist nunmehr auch die A40-Rheinbrücke
Duisburg-Neuenkamp aufgenommen worden. Landers: "Ich frage mich: Soll
für jedes einzelne gefährdete Brückenbauwerk so verfahren werden?
Sozusagen häppchenweise für die gesamte
Nachkriegs-Verkehrsinfrastruktur? Wir brauchen dringend und
schnellstens ein spezielles Planungs-Gesetz zur Erhaltung
lebenswichtiger Verkehrsinfrastruktur. Wir müssen deutlich schneller
werden, gerade da, wo es um den Erhalt geht. Damit würde man auch
handlungsfähiger sein zum Beispiel bei noch intakten Bauwerken, die
zwar jünger sind, aber jetzt den Umleitungsverkehr aufnehmen müssen
und somit auch früher ausfallen könnten."
Im Visier der IHK ist dabei auch das Autobahnkreuz Kaiserberg, der
"Spaghetti-Knoten", der zusätzliche Umleitungsverkehre bewältigen
muss. Hier sind zwei Brücken zu ersetzen: die Brücken der A 3 über
die A 40 und über die Hauptstrecke der Bahn aus dem Ruhrgebiet in
Richtung Düsseldorf. Auch hier ist die Fertigstellung für 2023
versprochen - wie bei einem der beiden A40-Rheinbrücken-Züge. Sieben
weitere Brücken im Kreuz Kaiserberg werden derzeit noch überprüft.
Landers: "Es wäre schon sehr erstaunlich, wenn alle noch einmal zu
ertüchtigen wären."
Bis alle Bundesfernstraßenbrücken überprüft sind, wird es unter
Umständen noch einige Jahre dauern. Das zeichnet sich auch für die
Landesstraßenbrücken ab. Noch gar nichts passiert ist nach
Feststellung der IHK bei den Kommunalstraßenbrücken. Beispielhaft mit
weit überregionaler Bedeutung ist der Ruhrorter Brückenzug. Die IHK
sieht diese Verbindung als die Lebensader für den Ruhrorter Hafen mit
seinen Gewerbegebieten und den vielen Terminals. Rund 3.500 Lkws sind
hier täglich unterwegs. Ihnen droht der Umweg über die A 59 und durch
Wohngebiete.
Angesichts dieser Risiken fordert die IHK, das vom Bund
angekündigte milliardenschwere Investitionspaket, von dem
NRW-Kommunen, und hier die besonders finanzschwachen, profitieren
sollen, vor Ort vorrangig in die Verkehrsinfrastruktur fließen zu
lassen. Das könne flankiert werden durch Mittel des
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes, das Investitionsförderung
durch den Bund in Höhe von etwa 60 bis 90 % der notwendigen Mittel
ermöglicht. Der Rest ist von der Kommune aufzubringen. Die Mittel aus
diesem neuen Sonderprogramm des Bundes könnten hier wichtige Lücken
schließen. Nur müsse man im Auge behalten, dass die Mittel aus dem
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz 2019 auslaufen. Deshalb sei jetzt
schon eine Anschlussregelung in Angriff zu nehmen.
Betuwe-Fortsetzung: Niederrheinischer Anrainer-Industrie droht in
der Bauphase das "Abstellgleis"
Mit dem Wachstum der Gütermengen insbesondere aus dem neuen
Rotterdamer Hafengebiet Maasvlakte II wird im Hinterland über die
Betuwe-Linie der Flaschenhals ab Emmerich immer enger. Deshalb werden
schon heute Güter auf der Schiene nach Venlo umgeleitet. Von dort
wird bereits wegen der sehr begrenzten Schienenkapazitäten ein
erheblicher Teil auf Lkws verladen. Eine der Ausweichstrecken ist
ausgerechnet die A 40. Eine andere die A 3.
IHK-Präsident Landers: "Dass der Bau des dritten Gleises zwischen
Emmerich und Oberhausen dringend erforderlich ist, steht außer Frage.
Es besteht aber die Sorge, dass er sich weiter verzögert. Und nicht
nur das: Während der Bauzeit werden die Kapazitäten auf den
bestehenden Gleisen verringert, insgesamt um wenigstens ein Drittel,
bedingt durch Teil- und sogar Komplettsperrungen. Güterzüge werden
dann überwiegend nachts fahren, und zwar nur 30 an der Zahl."
Zum Hintergrund: Laut Eisenbahninfrastruktur-Benutzungsverordnung
haben Taktverkehre und grenzüberschreitende Verkehre Vorrang. Das
hätte zur Folge, dass die niederrheinischen Unternehmen, die
Anrainer, sozusagen abgekoppelt würden. Regelmäßige Transitverkehre
aus den Niederlanden hätten Vorrang - ein klarer Wettbewerbsnachteil
für die ansässige Industrie und auch die Häfen von Emmerich oder
Wesel, also auch für den aufstrebenden DeltaPort. Die Folge: Weil
manche Produkte nicht unbegrenzt bei den Betrieben gelagert werden
dürfen, droht im schlimmsten Fall sogar Produktionsstillstand, wenn
die Lagerkapazitäten ausgereizt sind.
Burkhard Landers: "Soweit darf es nicht kommen. Unsere Unternehmen
müssen die für sie überlebenswichtigen Gleise vor der Haustür nutzen
können. Dies kann gelingen, wenn dazu schnell die Weichen gestellt
werden. Wir werden diese Problematik im Betuwe-Beirat zum Thema
machen, der in wenigen Wochen wieder tagen wird, und zwar in unserem
Haus."
Pressekontakt:
Alfred Kilian
Stabsabt. Presse & Öffentlichkeitsarbeit
Niederrheinische Industrie- und Handelskammer
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