(ots) - Wirtschaftshistoriker Abelshauser: Deutsche
Wirtschaft war am Kriegsende "keineswegs kaputt"
Osnabrück. Die deutsche Wirtschaft war am Ende des Zweiten
Weltkriegs nach Angaben des Bielefelder Wirtschaftshistorikers Werner
Abelshauser "keineswegs kaputt". In einem Gespräch mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Freitag) sagte Abelshauser: "Die deutsche
Produktion war im November 1944 auf dem Höhepunkt." Im Vergleich zum
Jahr 1936 habe die Produktionskapazität am Kriegsende sogar bei 120
Prozent gelegen. Der Zustand von Maschinen, Technologie und
Organisation sei gut gewesen. Unter den großen Zerstörungen durch
Luftangriffe der Alliierten habe die Industrie, anders als die großen
deutschen Städte, kaum gelitten. "Tabula rasa ist nicht gemacht
worden", stellte Abelshauser fest. Zerstört war nach seinen Angaben
hingegen die Verkehrsinfrastruktur. Nach Kriegsende seien daher
Brücken, Straßen und Eisenbahnschienen als Erstes wieder aufgebaut
worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die USA und Großbritannien
den Deutschen die Produktion zunächst untersagt. "Die deutsche
Industrie stand still, aber sie war Spitze", sagte Abelshauser dazu.
Die Amerikaner hätten ursprünglich vorgehabt, die Industrie in
Westeuropa auf Kosten Deutschlands zu stabilisieren. Von diesem Plan
- dem Morgenthau-Plan, benannt nach US-Finanzminister Henry
Morgenthau - seien die USA Anfang 1947 aber wieder abgerückt. Sie
hätten festgestellt, dass es nicht sehr praktikabel gewesen sei,
Industrieanlagen in Deutschland ab- und anderswo wieder aufzubauen.
"Das funktionierte meistens nicht." Im Sommer 1947 seien die USA auf
den Marshall-Plan (benannt nach US-Außenminister George C. Marshall)
umgeschwenkt. Er habe dazu gedient, Westeuropa mit Hilfe der
deutschen Ressourcen zu stabilisieren. Die westdeutschen Unternehmen
hätten daher wieder die Erlaubnis zur Produktion bekommen. Bis zur
Währungsreform im Juni 1948 hätten sie zunächst auf Lager produziert.
"Man wollte nicht zu Reichsmark-Preisen verkaufen", sagt Abelshauser
zur Begründung.
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