(ots) - Ex-Botschafter: Deutschland muss israelische
Politik offener kritisieren
Avi Primor lobt deutsch-israelisches Verhältnis, fordert aber mehr
Ehrlichkeit
Osnabrück. Anlässlich des 50. Jahrestags der deutsch-israelischen
diplomatischen Beziehungen hat der frühere israelische Botschafter in
Deutschland, Avi Primor, die Deutschen zu offener Kritik an der
israelischen Politik aufgefordert. In einem Gespräch mit der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (Dienstag) sagte Primor: "Zu einer dauerhaften
Freundschaft gehört, dass man offen, ehrlich und kritisch miteinander
umgeht, doch das fehlt bislang in unserem Dialog." Die Deutschen
seien wegen des Holocausts noch immer gehemmt und befangen gegenüber
Israel und äußerten Kritik deshalb nur verhalten, sagte Primor. Dies
drohe zum Nachteil zu werden: "Die deutsch-israelischen Beziehungen
sind inzwischen zwar sehr eng und erfolgreich, doch angesichts dieser
Entwicklung sind sie nicht langjährig garantiert." Freundschaft müsse
sachliche Kritik aushalten können. Der Diplomat forderte von
deutschen Politikern und Medien eine gezielte und differenzierte
Kritik an der israelischen Politik, insbesondere mit Blick auf das
Verhalten in den besetzten Gebieten und gegenüber den Palästinensern.
Er sagte: "Es würde den Israelis nur guttun, die Realität zur
Kenntnis zu nehmen und zu verstehen, dass diese Politik weltweit und
eben auch im Land der größten Freunde, Deutschland, nicht unterstützt
wird." Angesichts der schwierigen Anfänge der deutsch-israelischen
Beziehungen lobte Primor das heutige Verhältnis der beiden Länder und
ihrer Menschen zueinander. "Laut Umfragen sehen Zweidrittel der
Israelis Deutschland als das sympathischste Land weltweit an", sagte
er. "Das ist eine erstaunliche Entwicklung, bedenkt man, dass in den
1950er-Jahren so gut wie kein Israeli etwas mit einem Deutschen zu
tun haben wollte."
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