PresseKat - WIdOmonitor: 20 Millionen gesetzlich Versicherte erhalten jährlich ein IGeL-Angebot

WIdOmonitor: 20 Millionen gesetzlich Versicherte erhalten jährlich ein IGeL-Angebot

ID: 1213124

(ots) - Niedergelassene Vertragsärzte bieten immer häufiger
sogenannte "Individuelle Gesundheitsleistungen" (IGeL) an. Laut einer
repräsentativen WIdO-Umfrage hat jeder dritte gesetzlich Versicherte
innerhalb von zwölf Monaten ein entsprechendes Angebot erhalten. Die
IGeL-Quote ist damit erneut deutlich gestiegen: von 29,9 Prozent im
Jahr 2012 auf mittlerweile 33,3 Prozent. "Damit haben rund 20
Millionen GKV-Versicherte im letzten Jahr Erfahrung mit privaten
Zusatzleistungen gemacht. Diese Expansion des IGeL-Marktes hat sich
vor allem beim Angebot für Frauen vollzogen", erläutert
WIdO-Geschäftsführer Jürgen Klauber. IGeL werden Frauen wesentlich
häufiger angeboten als Männern (41,8 Prozent zu 23,2 Prozent).

Der WIdOmonitor basiert auf einer bundesweit repräsentativen
Erhebung unter Personen ab 18 Jahren, die gesetzlich
krankenversichert sind. Die Stichprobenziehung und Durchführung der
Telefon-Interviews erfolgten im Zeitraum vom 9. Januar bis zum 18.
Februar 2015. Wichtigstes Ergebnis: Der Anteil der Versicherten in
der gesetzlichen Krankenversicherung, denen IGeL von niedergelassenen
Ärzten (ohne Zahnarzt) angeboten werden, hat sich kontinuierlich von
8,9 Prozent im Jahr 2001 auf 33,3 Prozent im Jahr 2015 erhöht. Dabei
geht die Initiative in der Mehrzahl der Fälle von den Ärzten aus
(72,6 Prozent). In drei von vier Fällen (72,2 Prozent) wurde die
angebotene Leistung auch erbracht. Vor allem Gynäkologen, Augenärzte,
Orthopäden, Urologen und Hautärzte erzielen mit diesen Leistungen
zusätzliche Einnahmen.

Mit Abstand am häufigsten werden Ultraschalluntersuchungen (24,8
Prozent), im Wesentlichen zur Krebsfrüherkennung bei Frauen, und
Leistungen im Rahmen der Glaukom-Früherkennung (17,6 Prozent)
angeboten. Rund 11 Prozent der Angebote entfallen auf Medikamente,
Heil- und Hilfsmittel (11,4 Prozent) sowie Blutuntersuchungen und




Laborleistungen (11,2 Prozent). In 8,2 Prozent der Fälle werden
Frauen weitere ergänzende Krebsfrüherkennungen angeboten.

Fragwürdiger Ultraschall zur Krebsfrüherkennung an der Spitze

IGeL sind Diagnose- und Behandlungsmethoden, die nicht zum
Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehören und
deshalb von den Versicherten aus eigener Tasche bezahlt werden
müssen. Dazu zählen durchaus sinnvolle Leistungen (z.B.
Reiseimpfungen), allerdings gibt es auch viele fragwürdige Angebote.
So entfallen beispielsweise knapp 15 Prozent aller Nennungen auf
Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung beim
Gynäkologen, obwohl es hierfür gemäß Studienlage keinen Hinweis auf
einen Nutzen gibt.

Rund drei von vier IGeL-Angeboten (71,8 Prozent) kommen von fünf
Facharztgruppen. IGeL-Spitzenreiter sind die Frauenärzte. Auf sie
entfallen rund 30,1 Prozent der privatärztlichen Leistungen. Danach
folgen Augenärzte mit einem Anteil von 20,5 Prozent, Orthopäden (10,9
Prozent), Hautärzte (5,7 Prozent) und Urologen (4,6 Prozent).
Praktische Ärzte und Allgemeinmediziner erreichen 19,1 Prozent. Bei
Berücksichtigung der Größe der einzelnen Arztgruppen zeigt sich, dass
Fachärzte deutlich häufiger "igeln" als Praktische Ärzte und
Allgemeinmediziner. So bieten Augenärzte im Durchschnitt pro Jahr
mehr als siebenmal so häufig IGeL-Leistungen an wie
Allgemeinmediziner, Frauenärzte erreichen mehr als das Fünffache der
Allgemeinmediziner. Orthopäden, Hautärzte und Urologen liegen beim
Drei- bis Vierfachen.

Rechtliche Vorgaben nicht immer eingehalten

Im Umgang mit IGeL-Angeboten, die von den Patienten nach der
privatärztlichen Gebührenordnung aus eigener Tasche bezahlt werden
müssen, sind von ärztlicher Seite rechtliche Vorgaben zu beachten.
Lediglich 44,5 Prozent der befragten IGeL-Patienten geben an, dass
vor der Leistungsdurchführung eine Vereinbarung in schriftlicher Form
zwischen Arzt und Patient zustande gekommen ist, obwohl dies
vorgeschrieben ist. Ferner muss dem Patienten eine Rechnung über die
erbrachte Privatleistung ausgestellt werden, die detailliert die
Leistungsbestandteile und deren Preis nennt. Im Rahmen der Befragung
gibt mehr als jeder Zehnte (11,8 Prozent) der Patienten an, keine
Rechnung über die erbrachte IGeL-Leistung zu haben.

Die Kosten für eine angebotene IGeL-Leistung belaufen sich im
Durchschnitt auf 65 Euro. Allerdings gibt es je nach Art der
angebotenen Leistung große Preisunterschiede. Während die Hälfte der
Leistungen maximal 35 Euro kosten, werden für manche Leistungen hohe
dreistellige und sogar vierstellige Beträge genannt. Hochgerechnet
haben die niedergelassenen Ärzte (ohne Zahnarzt) mit IGeL im letzten
Jahr zusätzliche Einnahmen in Höhe von rund einer Milliarde Euro
erzielt.

IGeL werden überproportional einkommensstarken und gebildeten
Versicherten angeboten. Dagegen ist kein erhöhter Einsatz bei
Menschen im höheren Alter oder mit chronischen Erkrankungen zu
beobachten. "Ganz abgesehen von seinem medizinischen Nutzen ist der
IGeL-Selbstzahlermarkt kaum dazu geeignet, die Gesundheitsversorgung
stärker am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Patienten
auszurichten", sagt Klauber.

Wissenschaftliches Institut der AOK: Private Zusatzleistungen in
der Arztpraxis. Ergebnisse einer bundesweiten Repräsentativ-Umfrage
unter gesetzlich Versicherten. In: WIdOmonitor 1/2015, ISSN 1614-8444
Mehr Infos im Internet: http://www.wido.de/



Pressekontakt:
Pressestelle AOK-Bundesverband/WIdO
Dr. Kai Behrens
Tel.: 030/3 46 46-2309
E-Mail: presse(at)wido.bv.aok.de


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Datum: 18.05.2015 - 10:23 Uhr
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