(ots) - Studie des Bundesministeriums der Justiz und
für Verbraucherschutz (BMJV) verkennt Scoring-Praxis der Auskunfteien
und funktionierenden Rechtsrahmen
Die Auskunfteienbranche ist offen und jederzeit bereit, an einer
konstruktiven Debatte über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die
wirtschaftliche Bedeutung von Scoring sowie auch diesbezügliche
Transparenz teilzunehmen. Der Verband warnt jedoch anlässlich des
heute stattfindenden Symposiums "Scoring - Die Praxis der
Auskunfteien, deutsches Datenschutzrecht und europäische
Perspektiven" vor einer Ãœberregulierung des Credit Scorings und einer
Stigmatisierung von Auskunfteien. Dennoch kann das Symposium den Raum
für einen offenen Dialog zu den Ergebnissen der Studie schaffen.
Dabei sollten die Ergebnisse gemeinsam insbesondere im Hinblick auf
Methodik und Genauigkeit bewertet und eingeordnet werden. Hierbei
kann auch ein Vergleich mit den Ergebnissen der Scoring-Studie des
Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und der Universität
Oldenburg hilfreich sein. Diese sind - insbesondere auch hinsichtlich
der bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen - durchweg positiv.
Credit Scoring ist ein unverzichtbarer Bestandteil des deutschen
Wirtschaftssystems und besitzt eine maßgebliche Bedeutung für die
kreditgebende Wirtschaft und die Verbraucher gleichermaßen. Scoring
schützt auf der einen Seite Unternehmen vor Zahlungsausfällen und
Verbraucher vor Überschuldung und ermöglicht auf der anderen Seite
die Kreditvergabe an Personen, die ansonsten aufgrund primär
subjektiver Beurteilungen keinen Kredit erhalten würden. Gerade in
einer zunehmend digitalen Welt helfen Auskunfteien vor allem dabei,
die Wünsche der Verbraucher an schnelle Kreditentscheidungen und
kundenfreundliche Bezahlmethoden zu bedienen sowie die damit
steigenden Anforderungen an der gesetzlich geforderten
Risikominimierung bei Kreditgebern einerseits und den
gesellschaftlichen Ansprüchen an Datenschutz und Transparenz
andererseits zu erfüllen.
Scoring ist in Deutschland bereits optimal reguliert
Die Berechnung eines Score-Wertes unterliegt bereits einer
Vielzahl detaillierter Regelungen, zu denen sich der Verband "Die
Wirtschaftsauskunfteien" klar bekennt. Besonders schützenswerte und
diskriminierende Informationen wie etwa Herkunft, Religion,
Weltanschauung, Behinderung und sexuelle Identität werden in
Deutschland für die Berechnung von Credit Scores weder erhoben noch
eingesetzt. Auch der Name einer Person fließt nicht in die Berechnung
des Score-Wertes ein. Ãœber die gesetzlichen Regelungen hinaus
verzichten die im Verband "Die Wirtschaftsauskunfteien"
zusammengeschlossenen Unternehmen zudem auf sogenanntes Social
Scoring. Sie nutzen keinerlei Informationen aus sozialen Netzwerken
zur Berechnung des Credit Scores.
Gerade vor diesem Hintergrund sieht der Verband eine Reihe von
Handlungsempfehlungen der BMJV-Studie, die jetzt in Teilen von den
Grünen und den Verbraucherschutzministerien der Länder aufgegriffen
wurden, insbesondere wegen der Herleitungen und den Folgen äußerst
kritisch: "In der Studie werden Forderungen und Empfehlungen
ausgesprochen, die für ein weiterhin funktionierendes Kreditsystem in
Deutschland überaus bedenklich sind", erklärt Dr. Thomas Riemann,
Geschäftsführer "Die Wirtschaftsauskunfteien". "Scoring ist
hierzulande bereits umfassend und im internationalen Vergleich
optimal reguliert. Weitere Einschränkungen würden zu Nachteilen für
Wirtschaft und Verbraucher führen." Dieses Ergebnis bestätigt auch
Prof. Dr. Jürgen Taeger von der Universität Oldenburg in einer im
September 2014 erschienenen Studie, die die gesetzlichen
Rahmenbedingungen von Credit Scoring umfassend untersucht hat.
Der Verband "Die Wirtschaftsauskunfteien" unterstützt in diesem
Zusammenhang die Bemühungen der Bundesregierung und des
Bundesministeriums des Innern, den in Deutschland bereits
existierenden hohen datenschutzrechtlichen Standard für Credit
Scoring auch in der künftigen Europäischen
Datenschutz-Grundverordnung zu verankern.
Zu den zentralen Ergebnissen und Handlungsempfehlungen der
BMJV-Studie sowie den Forderungen aus der Politik nimmt der Verband
wie folgt Stellung:
Eine umfassende und solide Datenbasis ist das A und O für
trennscharfe Scores
Für eine bestmögliche Prognose müssen alle statistisch (belegbar)
relevanten Daten wie beispielsweise das Alter in eine
Score-Berechnung einfließen - außer diskriminierende Daten, die
bereits heute selbstverständlich nicht verwendet werden. Es liegt auf
der Hand, dass das Alter eines beispielsweise 86-jährigen
Antragstellers bei der Bewertung des Ausfallrisikos in Bezug auf
einen zum Beispiel zehn Jahre laufenden Verbraucherkredit eine andere
trennscharfe Relevanz hat als bei einem 32-Jährigen. Würde der von
Datenschützern zu Recht stets geforderte Grundsatz der statistischen
Relevanz hier aufgegeben, könnten nachweislich trennscharfe Merkmale
für die Berechnung von Credit Scores nicht mehr herangezogen werden.
Scores wären dann nicht mehr so trennscharf in Bezug auf die Prognose
des Zahlungsverhaltens - mit negativen Folgen für Verbraucher und
Wirtschaft.
Thomas Riemann: "Die Auskunfteien arbeiten schon heute mit
trennscharfen Scores, was sie gegenüber den
Datenschutzaufsichtsbehörden wissenschaftlich belegt haben. Mit
dieser somit bereits erfüllten Forderung läuft die BMJV-Studie daher
letztlich 'offene Türen' ein. Zwingende Voraussetzung für die
Aufrechterhaltung der hohen Trennschärfe der Scores ist es
allerdings, die Nutzung von relevanten Daten nicht weiter zu
beschneiden."
Die Qualität der Daten wird von den Mitgliedsunternehmen des
Auskunfteienverbandes und den einmeldenden Unternehmen wie etwa
Banken, Handel, Telekommunikationsunternehmen und Energieversorgern
sehr sorgfältig überwacht. Zudem haben die Verbraucher durch die
Verpflichtung der Auskunfteien zur kostenfreien Auskunft auch die
Möglichkeit, die Richtigkeit der zu ihrer Person bei Auskunfteien
gespeicherten Daten selbst jederzeit zu kontrollieren und
erforderlichenfalls deren Korrektur zu verlangen. Für den Fall, dass
tatsächlich ein Fehler vorliegen sollte, gilt für Verbraucher schon
heute ein gesetzlicher Berichtigungsanspruch.
Prof. Dr. Jürgen Taeger, Rechtsexperte der Carl von Ossietzky
Universität und Co-Autor der Studie "Scoring im Fokus", die im
September 2014 veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss: "Wir
stehen - auch im weltweiten Vergleich - in Sachen Datenschutz sehr
gut da. Zum einen wegen der hohen Anforderungen an die Ãœbermittlung
der Daten an die Auskunfteien; zum anderen wegen der ebenso hohen
Anforderungen daran, wie ein Score-Wert berechnet werden darf; und
natürlich auch wegen der Rechte der Betroffenen - so erfolgt aus
datenschutzrechtlicher Perspektive ein Schutz von deutschen
Verbrauchern auf hohem Niveau."
Score-Verfahren sind bereits heute umfänglich reguliert und
geprüft Die Datenschutz-Aufsichtsbehörden haben schon heute
umfassende Prüf- und Zugriffsrechte gegenüber Auskunfteien und deren
Score-Verfahren. Sämtliche Mitgliedsunternehmen des Verbandes haben
ihre Berechnungsmethoden gegenüber der für sie jeweils zuständigen
Aufsichtsbehörde offengelegt. Gutachten bestätigen, dass die
Scoring-Verfahren der Mitgliedsunternehmen dem aktuellen
Forschungsstand aus Mathematik und Statistik entsprechen und zu sehr
genauen Prognosen führen. Darüber hinaus werden die von den
Kreditinstituten genutzten Verfahren regelmäßig von der Bundesanstalt
für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf ihre Trennschärfe und
Beständigkeit geprüft. Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen
Daten zur Berechnung von Scores verwendet werden dürfen, ist bereits
heute durch § 28b Nr.1 BDSG definiert. Um missbräuchliche
Manipulationen bei der Score-Berechnung zu vermeiden und zum Schutz
der grundrechtlich gesicherten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist
es sinnvoll und gerade im Interesse von Wirtschaft und Gesellschaft,
dass die jeweiligen Score-Formeln nicht offenzulegen sind. Ihre
Datenschutzkonformität wird von den Aufsichtsbehörden geprüft. Die
Aufsichtsbehörden haben die ihnen schon vor rund fünf Jahren
offengelegten Scoring-Verfahren der Verbandsmitglieder in keinem Fall
beanstandet. Ein Bedarf an weiteren regulatorischen Maßnahmen wie
neue Zulassungsverfahren für Scoring-Anbieter und -Methoden besteht
daher nicht.
Entgegen den Schlussfolgerungen der BMJV-Studie übt entsprechend
auch keine der in der Studie befragten Aufsichtsbehörden Kritik an
den bestehenden Regelungen oder beklagt die von den Autoren
konstatierte "fast vollständige Aushöhlung der Aufsichtsrechte".
Insofern ist zu hinterfragen, wie die Autoren der Studie zu ihren
diesbezüglichen, von den Aufsichtsbehörden nicht geteilten
Einschätzungen und den darauf basierenden Handlungsempfehlungen
kommen.
Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zeigt:
Einschränkungen von Scoring bergen Nachteile für Verbraucher
Der Verband "Die Wirtschaftsauskunfteien" hat im September 2014
die Studie "Scoring im Fokus: Ökonomische Bedeutung und rechtliche
Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich" veröffentlicht.
Studienautoren sind Wissenschaftler des Zentrums für Europäische
Wirtschaftsforschung (ZEW) und Rechtswissenschaftler der Carl von
Ossietzky Universität Oldenburg. Das Urteil der Rechtsexperten: Der
Gesetzgeber hat in Deutschland ein optimales Regelwerk geschaffen, um
die Interessen der Wirtschaft und der Verbraucher bezüglich Credit
Scoring in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. "Weitere
einschränkende Maßnahmen zur gesetzlichen Regulierung von Scoring bis
hin zu einem Verbot wären auch für Verbraucher nachteilig", so das
Fazit von Prof. Dr. Jürgen Taeger.
Die Studie belegt: Mit Credit Scoring kommt es zu weniger
Zahlungsausfällen, und Verbraucher können schneller und günstiger
Kreditgeschäfte tätigen. Das bestätigt Cordula Nocke,
Referatsleiterin Recht beim Bankenfachverband: "Gerade für die
kreditgebende Wirtschaft ist Scoring unverzichtbar." Auch Sebastian
Schulz, Referent Public Affairs, Datenschutz, Rechtspolitik beim
Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. (bevh),
kommentiert: "Würde die Zulässigkeit der Datennutzung in Zukunft
weiter eingeschränkt, dann könnten Unternehmen im Zweifel den
Verbrauchern die Bezahlvariante des Kaufs auf Rechnung nicht mehr
anbieten. Leidtragende dieser Entwicklung wären dann neben dem Handel
die Verbraucher selbst." Schließlich können auch die
Telekommunikationsanbieter nur mithilfe von Credit Scoring
Verbrauchern besonders attraktive Services anbieten: "Millionenfach
subventionierte Handys sind heute ein Massengeschäft, und dieses
Massengeschäft muss weitestgehend automatisiert ablaufen, damit es
für den Kunden und die Kundin bezahlbar bleibt", erklärt Jürgen
Grützner, Geschäftsführer beim Verband der Anbieter von
Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM).
Credit Scoring ermöglicht die Kreditvergabe an Personengruppen,
die ohne Scoring pauschal als zu risikoreich eingestuft würden, so
die Wissenschaftler des ZEW. Ohne Scoring gäbe es weniger Kredite. Es
erleichtert durch seine Risikobegrenzung insbesondere kleineren
Unternehmen den Marktzugang und sorgt so für mehr Wettbewerb. Allein
die Möglichkeit, im Rahmen eines Credit Scorings bewertet zu werden,
verbessert laut Studie das Zahlungsverhalten von Kreditnehmern. Dr.
Peter Schröder, Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik beim
Handelsverband Deutschland (HDE), kommt zu dem Schluss: "Der Handel
hat durch Credit Scores die Möglichkeit, die
Kreditausfallwahrscheinlichkeit richtig vorherzusehen, und damit
nicht zuletzt auch eine Ãœberforderung der Verbraucher zu verhindern.
Deshalb ist Credit Scoring ein wichtiger Beitrag für die relativ
geringe Verschuldung der Verbraucher mit Konsumentenkrediten."
Die Studie "Scoring im Fokus: Ökonomische Bedeutung und rechtliche
Rahmenbedingungen im internationalen Vergleich" finden Sie unter:
www.handelsauskunfteien.de (siehe Link zur Studie)
http://ots.de/EizLE
http://www.uni-oldenburg.de/privatrecht/scoring-studie
O-Töne, ein Video und ein Radiobeitrag stehen zum Download bereit
unter:
Dr. Thomas Riemann, Geschäftsführer "Die Wirtschaftsauskunfteien"
http://ots.de/8gDKh
Prof. Dr. Jürgen Taeger, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches
Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht sowie Rechtsinformatik an der
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Autor der Studie "Scoring
im Fokus: Ökonomische Bedeutung und rechtliche Rahmenbedingungen im
internationalen Vergleich" http://ots.de/p7SFC
Sebastian Schulz, Referent Public Affairs, Datenschutz,
Rechtspolitik beim Bundesverband E-Commerce und Ver-sandhandel
Deutschland e.V. (bevh) http://ots.de/SFggB
Cordula Nocke, Referatsleiterin Recht beim Bankenfachverband
http://ots.de/946cO
Dr. Peter Schröder, Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik
beim Handelsverband Deutschland (HDE) http://ots.de/md3mx
Sarah Neumeyer, Leiterin politische Kommunikation beim Verband der
Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM)
http://ots.de/XKROV
Rohschnitt http://ots.de/bEvFr
Webvideo http://ots.de/xl25r
Radiobeitrag http://ots.de/aAsdA
Ãœber Credit Scoring
Der Begriff Credit Scoring bezeichnet mathematisch-statistische
Verfahren zur Erstellung einer Prognose der Wahrscheinlichkeit, mit
der Kredite vertragsgemäß zurückgezahlt bzw. Verbindlichkeiten aus
Warenkreditgeschäften (z. B. Rechnungs- und Ratenzahlungskauf)
ausgeglichen werden. Kreditgeschäfte und damit zuverlässiges Credit
Scoring haben eine immer größere volkswirtschaftliche Bedeutung.
Zum Verband "Die Wirtschaftsauskunfteien"
Der Verband "Die Wirtschaftsauskunfteien" vertritt die Interessen
der großen Handelsauskunfteien. Zu den Mitgliedern zählen die Firmen
Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG, Creditreform
Boniversum GmbH, Bisnode Deutschland GmbH, infoscore Consumer Data
GmbH, IHD Gesellschaft für Kredit- und Forderungsmanagement mbH,
SCHUFA Holding AG, Verband der Vereine Creditreform e.V.
Pressekontakt:
Die Wirtschaftsauskunfteien e.V.
Geschäftsführer: Dr. Thomas Riemann
Hellersbergstraße 12
41460 Neuss
Tel.: 02131-1094101
E-Mail: t.riemann(at)handelsauskunfteien.de