(ots) - Studie von Stifterverband und McKinsey: Jedes
zweite deutsche Unternehmen setzt auf ausländische Studierende -
Firmen erwarten von deutschen Studierenden mehr internationale
Kompetenzen, aber Auslandsmobilität stagniert
Deutschland nutzt zu wenig das Arbeitsmarktpotenzial ausländischer
Studierender: An den Hochschulen im Land gibt es zwar immer mehr
junge Menschen mit ausländischen Wurzeln. Doch 41 Prozent von ihnen
brechen das Studium wieder ab, von den erfolgreichen Absolventen
bleiben nach Studienabschluss nur rund 44 Prozent in Deutschland.
Dies sind die zentralen Ergebnisse des "Hochschul-Bildungs-Reports
2020", dessen jüngste Ausgabe der Stifterverband und McKinsey &
Company am Mittwoch in Berlin vorgestellt haben.
"Diese Zahlen sind alarmierend, denn für jedes zweite Unternehmen
in Deutschland sind ausländische Studierende mittlerweile wichtig, um
den eigenen Fachkräftebedarf zu decken, Tendenz steigend", erläuterte
McKinsey-Direktor Jürgen Schröder die Ergebnisse einer für den Report
erstellten repräsentativen Umfrage unter 230 Unternehmen in
Deutschland.
Nach Berechnungen von Stifterverband und McKinsey könnten bei
gleich bleibenden Bildungsausgaben dem deutschen Arbeitsmarkt
jährlich rund 10.000 Fachkräfte mehr zur Verfügung stehen. Dazu
müssten die Studienabbruchquoten auf das Niveau der deutschen
Studienanfänger (also auf weniger als 30%) gesenkt und die
Verbleibquoten für alle Ausländer auf das Niveau von EU-Ausländern in
Deutschland (52%) gesteigert werden. "Deutschland ist ein
Bildungstransitland. Wir investieren viel Geld in ausländische
Studierende, tun aber zu wenig, um diese erfolgreich zum
Studienabschluss zu führen und sie zum Verbleib in Deutschland zu
motivieren", sagte Volker Meyer-Guckel, der stellvertretende
Generalsekretär des Stifterverbands. Der Handlungsbedarf sei
dringend, da aktuellen Prognosen zufolge 2025 vier von zehn
Studienanfängern einen ausländischen Pass haben werden.
"Deutsche Hochschulen sind bereits jetzt ein wichtiges
Zuwanderungsinstrument", sagte Volker Meyer-Guckel. Notwendig sei
nun, sie zum Baustein einer gemeinsamen Zuwanderungsstrategie von
Bund und Ländern weiterzuentwickeln, die sich auch an den Bedarfen
des Arbeitsmarkts ausrichtet. Gelingen könne dies durch ein neues
Finanzierungsmodell, mit dem der Bund Hochschulen dauerhafte Anreize
für eine qualitätsorientierte Gewinnung ausländischer Studierender
und einen erfolgreichen Studienabschluss setzt.
Deutsche Studierende zieht es immer seltener in die Ferne
Die Studie von Stifterverband und McKinsey zeigt auch: Während die
Zahl der ausländischen Studierenden an deutschen Hochschulen
kontinuierlich steigt, stagniert die Zahl der deutschen Studierenden,
die für ihr Studium auch ins Ausland gehen, seit Jahren bei rund 6%.
Der Anteil der Studierenden mit Auslandspraktikum ging sogar von 17
auf 13% zurück.
Hinzu kommt: Bei den deutschen Studierenden sind die Nachbarländer
beliebter als ferne Ziele. Der Anteil von Österreich, Schweiz und
Benelux stieg seit 2001 von 28 auf zuletzt 54%. "Nichts gegen ein
Studium in diesen teilweise deutschsprachigen Ländern", sagte
McKinsey-Direktor Jürgen Schröder. "Aber Fakt ist, dass deutsche
Studierende dort wahrscheinlich nicht in dem Maße die Fähigkeiten
erlernen, die global aufgestellte Unternehmen auf außereuropäischen
Märkten benötigen."
Unternehmen sollten sich in Anbetracht dieser Zahlen nach
Einschätzung von Stifterverband und McKinsey stärker am Ausbau
berufsvorbereitender Auslandsaufenthalte, insbesondere Praktika,
beteiligen und enger mit Hochschulen kooperieren. Wichtig seien auch
im Curriculum fest verankerte Mobilitätsfenster, um
Auslandsaufenthalte auch ohne zeitliche Verlängerung der
Regelstudienzeit zu ermöglichen.
Zu oft scheitert das Auslandsstudium immer noch an finanziellen
Hürden. Jürgen Schröder: "Junge Menschen aus bildungsfernen Schichten
studieren nicht nur generell seltener, sie gehen auch deutlich
seltener für ein Studium ins Ausland." Nur jeder zehnte Studierende
mit bildungsfernem Hintergrund habe sich für ein Auslandsstudium
entschieden - im Gegensatz zu jedem sechsten Studierenden aus
bildungsnahen Familien.
Angesichts dieser Zahlen schlagen Stifterverband und McKinsey eine
"Auslandsgarantie" vor. Damit könne der Bund sicherstellen, dass ein
Auslandsstudium nicht am Geldbeutel der Eltern scheitere. Konkret
sollte dafür das Auslands-BAföG durchweg in Form von Zuschüssen und
nicht mehr mittels Darlehen zur Verfügung gestellt werden und nach
dem Vorbild von EU-Förderungen wie ERASMUS regional angepasste
Fördersätze haben.
Hintergrund und Methodik
Der Hochschul-Bildungs-Report erscheint seit 2013 jährlich. Er
liefert messbare Ziele für das Jahr 2020, die im Dialog mit Experten
aus den Stifterverbands Mitgliedsunternehmen,
Wissenschaftsorganisationen und Vertretern der Zivilgesellschaft
formuliert wurden, und gibt Empfehlungen, wie diese Ziele zu
erreichen sind. Dazu wird jedes Jahr der Status quo des
Hochschulsystems in sechs Handlungsfeldern anhand von 71 Indikatoren
analysiert und Veränderungen und Trends werden aufgezeigt. Für den
diesjährigen Report befragte das Forschungsinstitut Innofact im
Auftrag von Stifterverband und McKinsey 230 Unternehmen,
repräsentativ für die deutsche Wirtschaftslandschaft nach Größe und
Branche. Ergänzt wurde die Umfrage um gut ein Dutzend
Experteninterviews mit Personalverantwortlichen in DAX- und
MDAX-Unternehmen.
Den Hochschul-Bildungs-Report zum Download und das gesamte zu
Grunde liegende Datenmaterial finden Sie im Internet unter
www.hochschulbildungsreport2020.de
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
McKinsey & Company
Kirsten Best, Telefon: 0211 136-4688,
E-Mail: Kirsten_Best(at)mckinsey.com
Stifterverband
Moritz Kralemann, Telefon: 030 322 982-527,
E-Mail: moritz.kralemann(at)stifterverband.de