(ots) - Es stimmt: die Türkei hat in der Vergangenheit
mit Koalitionsregierungen schlechte Erfahrungen gemacht. In den 70er
Jahren gab es nicht weniger als zehn Regierungswechsel. Der
Dauerstreit der Parteien führte schließlich zu bürgerkriegsähnlichen
Unruhen und mündete in den Militärputsch vom September 1980. Anfang
der 2000er Jahre stürzte die Konsensunfähigkeit der Parteien das Land
in die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise seiner jüngeren
Geschichte. Diese Erfahrungen sprechen aber nicht grundsätzlich gegen
Koalitionen, wie gute Erfahrungen in anderen europäischen Ländern
zeigen.
Viel wird jetzt davon abhängen, wie Präsident Erdogan agiert. Das
Wahlergebnis ist vor allem für ihn ein bitterer Rückschlag. Aber er
hätte jetzt die Gelegenheit, doch noch die Rolle des
Staatsoberhauptes anzunehmen, das über den Parteien steht. Insofern
ist dies Erdogans Stunde. Die erste Reaktion lässt immerhin hoffen:
In einer am Montag herausgegebenen Erklärung mahnt der Präsident die
Parteien zu "verantwortungsvollem Handeln" und "Feingefühl", um die
demokratischen Errungenschaften zu bewahren. Hoffentlich bleibt es
bei dieser Besonnenheit. Sonst könnte die Türkei turbulenten Zeiten
entgegengehen.
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