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Medienforum NRW zur Zukunft des Journalismus: Keynotes, Talks,
Debatten und Showcases
Der dritte und letzte Tag des 27. Medienforum NRW stand gestern in
Köln ganz im Zeichen der Zukunft des Journalismus und aktueller
Entwicklungen im digitalen Newsgeschäft. Unter der Überschrift Next
Level Journalism ging es um die Zukunft des Journalismus - sowohl mit
Vertretern der Digitalangebote und -unternehmen namhafter
Verlagshäuser als auch internationaler innovativer journalistischer
Angebote. Mit Keynotes, Talks, Debatten und Showcases.
Next Level Journalism
Auf dem Podium "Next Level Journalism: Journalismus im Wandel -
Wer ist im Netz relevant?" diskutierten Verlagsvertreter die Zukunft
des digitalen Journalismus.
Zum Auftakt der Veranstaltung präsentierten im Gespräch mit
NDR-Journalistin Anna Marohn Sterling Proffer, General Manager, VICE
News aus New York und Kevin Sutcliffe, Head of News Programming von
VICE Europe in London, das Konzept des digitalen Nachrichtenangebots
"VICE News". Die Inhalte des Online-Nachrichtenportals, das Text,
Foto, aber vor allem Videocontent umfasst, richte sich in erster
Linie an jüngere Nutzer unter 35 Jahren, die von den klassischen
Medien nicht angesprochen werden. "VICE News" erzähle Geschichten in
einer besonderen und authentischen Weise, so Sterling Proffer.
"Dadurch unterscheiden wir uns von anderen Newsangeboten." Das
Themenspektrum reiche von sozialen Themen bis hin zur
Kriegsberichterstattung, z.B. aus Syrien oder der Ukraine. In
Deutschland kooperiere "VICE News" derzeit mit RTL 2. Der deutsche
Markt sei sehr bedeutend, so Kevin Sutcliffe. Man wolle das Portal
gerne auch hier anbieten und hoffe, Ende des Jahres Konkretes
verkünden zu können.
In seiner Keynote zeigte Matthias Müller von Blumencron,
Chefredakteur der Digitalen Produkte der F.A.Z, seine Sorge vor den
Entwicklungen der großen internationalen Plattformen wie Facebook mit
Instant Articles und Apple mit Apple News hin zu Medien.
Möglicherweise erlebe man gerade "den Beginn der radikalsten Attacke
auf die Medienwelt, wie wir sie kennen", sagte er in Köln. Bisher sei
Facebook nur ein Interaktionskanal gewesen, doch nun würden
Journalisten aufgefordert, zu einer "verlängerten Werkbank von
Facebook zu werden", warnte von Blumencron. Nach einer längeren
Debatte in der Redaktion habe man sich bei der FAZ daher dagegen
entschieden, mit Facebook zu kooperieren.
In der anschließenden Diskussion warnte Dr. Torsten Rossmann,
Geschäftsführer von WeltN24 zum Thema der Digitalinitiative von
Google, das 150 Millionen Euro für die Entwicklung von
Nachrichtenprodukten zur Verfügung stelle, davor, mit Google zu
paktieren. Die Initiative sei ein Versuch, sich in der Debatte um das
Leistungsschutzrecht mit den Verlagen gut zu stellen. Die
Diskussionsteilnehmer kritisierten außerdem die jüngste Ankündigung
von Apple, einen Adblocker für mobile Geräte einzuführen, was das
mobile Geschäftsmodell der Verlage in Frage zu stellen drohe. Dagegen
wies Juliane Leopold, Chefredakteurin von BuzzFeed, darauf hin, dass
die Werbebranche bislang zu wenig in mobile Werbung investiert habe
und dass man tragfähige Lösungen finden könne. "Adblocker sind nicht
das Ende des Journalismus", so Leopold.
Jörg Quoos, Chefredakteur der Zentralredaktion der Funke
Mediengruppe, erläuterte den Umzug der Funke Medien nach Berlin. Es
gehe keineswegs darum, Mitarbeiter abzubauen, sondern um eine
Bündelung der journalistischen Expertise in einem Haus, das
"fußläufig zu den wichtigsten Ministerien" liege. Zum Thema der vom
Land NRW initiierten Journalismusstiftung sagte Thomas Kemmerer,
Chefredakteur Digitale Zeitungsangebote, Mediengruppe M. DuMont
Schauberg, mit einer staatsnahen Stiftung sei kein unabhängiger
Journalismus zu finanzieren, doch man könne in den Bereichen Aus- und
Weiterbildung sowie Forschung kooperieren. Showcases
Mit sechs Showcases, moderiert von Dr. Christian Stöcker (Spiegel
Online) richtete das Medienforum NRW den Blick auf neue Konzepte,
Darstellungsformen und Geschäftsmodelle im Journalismus.
Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegel, präsentierte
seinen Berlin-Newsletter "Checkpoint", der mittlerweile 85.000
Abonnenten täglich um 6 Uhr morgens auf das Mobiltelefon geschickt
wird. Das Angebot ist kostenlos, es generiere aber Einnahmen aus
Sponsorengeldern.
Simon Kozlik, beim niederländischen Unternehmen Blendle zuständig
für den Aufbau des Deutschland-Geschäfts, stellte das Konzept der
"Pay per article"-Plattform vor, die sich hierzulande in der
Beta-Phase befinde. In den Niederlanden, wo Blendle von zwei
Journalisten gegründet worden ist, seien seit dem Start vor einem
Jahr rund 300.000 Nutzer erreicht worden.
Der Journalist und Dokumentarfilm-Produzent Stephan Lamby
berichtete über die von seiner Firma ECO Media ins Leben gerufene
Internet-Videoplattform dbate.de, die alternative Darstellungsformen
zu den klassischen TV-Produktionen bietet, wie etwa Videotagebücher
oder lange Versionen von Interviews. "Im TV sind wir von Formaten
abhängig, online ist das nicht der Fall", erklärte Lamby.
Juliane Leopold, die Gründungs-Chefredakteurin von BuzzFeed
Deutschland, erläuterte das Konzept des stark von sozialen Netzwerken
geprägten Medienunternehmens und stellte sich gegen das oftmals
verbreitete Image, dass dort nur seichte Themen Platz fänden. "Wenn
wir nur Katzenvideos machen würden, wären wir nicht so erfolgreich",
betonte sie. Das Themenspektrum von BuzzFeed sei in den vergangenen
Jahren unter anderem um Nachrichten und Verbraucher-Informationen
erweitert worden.
Dr. Christian Humborg, kaufmännischer Geschäftsführer von
Correct!v in Essen, stellte das erste gemeinnützige Recherche-Büro in
Deutschland vor. "Wir machen uns Sorgen um die vierte Gewalt, den
unabhängigen Journalismus", erläuterte er den Ansatz von Correct!v,
das aus Stiftungsgeldern finanziert wird. Ãœber eine
Crowfunding-Kampagne wolle das unabhängige Journalistenbüro zudem
5.000 Unterstützer für sich gewinnen.
Zum Abschluss trat Jonas Vig, CEO und Mitgründer von Bambuser aus
Stockholm, in Köln auf. Sein Unternehmen hat sich auf das
Live-Streaming von Smartphone-Videos im Internet spezialisiert. Diese
sollen über die neue Plattform "Iris" zunehmend auch im
journalistischen Kontext genutzt werden. "Es gibt in fünf Jahren
voraussichtlich mehr als fünf Milliarden potenzielle Reporter dort
draußen", sagte Vig mit Blick auf die weltweite
Smartphone-Verbreitung. "Wir binden das Publikum auf diese Weise
selbst in den Produktionsprozess von Content ein."
Partner und Kooperationen
Neben den Partnerschaften des Medienforum mit der ANGA COM, der
Interactive Cologne und der IHK Köln bestehen in diesem Jahr
Kooperationen mit der Entertainment Master Class, den International
Emmys, dem Deutschen Webvideopreis, dem Film- und Medienverband NRW
e.V., dem Frauenkulturbüro NRW e.V., Deutschlandradio, DJV-NRW, dem
Kölner Forum Medienrecht, dem Medien Gründerzentrum NRW und dem
Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT).
Information: In weiteren Veranstaltungen zum Thema Journalismus
ging es um die Rolle von YouTube und die Zukunft des Radios. Die
Zusammenfassungen dieser sowie der weiteren Veranstaltungen des
Medienforum NRW stehen unter www.medienforum.de/presse zur Verfügung,
ab kommende Woche auch als Bewegtbild bzw. Audiofiles.
Pressekontakt:
Hartmut Schultz, Tel.: +49 (211) 930 50 308,
E-Mail: presse(at)medienforum.de