(ots) - Berlin, 15.06.2015 - "Wir tun alles dafür, dass es
nicht zu einem Fehler in Diagnostik und Therapie kommt. Wir sorgen
für einen transparenten Umgang mit Behandlungsfehlern. Und wir sind
uns unserer Verantwortung darüber bewusst, dass den betroffenen
Patienten schnell und professionell geholfen werden muss -
medizinisch, seelisch und mitunter auch rechtlich." Das sagte Dr.
Andreas Crusius, Vorsitzender der Ständigen Konferenz der
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer,
bei der Vorstellung der Behandlungsfehler-statistik für das Jahr 2014
in Berlin. Crusius plädierte für eine offene Fehlerkultur. Nur so
könne aus Fehlern gelernt werden. Wenig hilfreich sei es, wenn Ärzte,
denen ein Fehler unterlaufen ist, als Pfuscher diskreditiert werden.
"Pfusch beinhaltet immer eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den
Auswirkungen des eigenen Handelns. Das kann man doch nicht allen
Ernstes Ärzten vorwerfen, denen ein Fehler passiert ist." Crusius
betonte, dass die steigende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen
die Arbeitsintensität in Klinik und Praxen weiter erhöht. "Ärzte und
Pflegekräfte arbeiten am Limit - und manchmal auch ein Stück darüber
hinaus." Die enorme Arbeitsbelastung und der Druck, im Notfall
schnell entscheiden zu müssen, seien nur einige Beispiele für die
speziellen Risikokonstellationen im Gesundheitswesen. So ist die Zahl
der ambulanten Behandlungsfälle in Deutschland zwischen den Jahren
2004 und 2013 um 157 Millionen auf fast 700 Millionen angestiegen.
Die Zahl der stationären Fälle erhöhte sich zwischen 2004 und 2012 um
1,8 Millionen auf 18,6 Millionen. Die Zahl der festgestellten Fehler
liegt im Vergleich zu der Gesamtzahl der ambulanten und stationären
Behandlungsfälle im Promillebereich. Wie Kerstin Kols,
Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen
der norddeutschen Ärztekammern, berichtete, haben die
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen im Jahr 2014 bundesweit
insgesamt 7.751 Entscheidungen zu mutmaßlichen Behandlungsfehlern
getroffen. Damit ist die Zahl der Sachentscheidungen im Vergleich zum
Vorjahr geringfügig gesunken. Es lag in 2.252 Fällen ein
Behandlungsfehler vor. Davon wurde in 1.854 Fällen ein
Behandlungsfehler / Risikoaufklärungsmangel als Ursache für einen
Gesundheitsschaden ermittelt, der einen Anspruch des Patienten auf
Entschädigung begründete. Die häufigsten Diagnosen, die zu
Behandlungsfehlervorwürfen führten, waren Knie- und
Hüftgelenkarthrosen sowie Unterarmfrakturen. In 398 Fällen lag ein
Behandlungsfehler / Risikoaufklärungsmangel vor, der jedoch keinen
kausalen Gesundheitsschaden zur Folge hatte. "Die Ärzteschaft
engagiert sich seit Jahren für eine verstärkte Fehlerprävention",
sagte Prof. Dr. Walter Schaffartzik, Ärztlicher Leiter des
Unfallkrankenhauses Berlin und Vorsitzender der Schlichtungsstelle
für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern. Die bei den
Gütestellen der Ärztekammern registrierten Behandlungsfehlerdaten
würden zu Fortbildungszwecken und damit zur Fehlerprävention mit
Hilfe des Medical Error Reporting Systems erfasst. Ärzte könnten
zudem sogenannte Beinahefehler anonym über das System CIRSmedical
melden. Wichtig für die Fehlerprophylaxe seien aber auch die
vielfältigen Maßnahmen des Qualitätsmanagements, wie beispielsweise
ärztliche Peer-Reviews. Kommt es dennoch zu einem Fehler, können sich
Patienten an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen
wenden. Unterstützt werden sie bei der Schlichtungsstelle für
Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern von Gottfried
Wasmuth, der seit 2012 ehrenamtlicher Patientenvertreter der
Schlichtungsstelle ist. Der ehemalige Diakon berichtete über die
Erwartungen der Patienten an ein Schlichtungsverfahren und auch
darüber, welche Erfahrungen sie mit der Schlichtungsstelle für
Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern gemacht haben.
Die seit 1975 bei den Ärztekammern eingerichteten
Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen bieten eine
Begutachtung durch unabhängige medizinische und juristische Experten
und außergerichtliche Streitschlichtung bei
Behandlungsfehlervorwürfen an. Der Patient kann durch ein zeitlich
effizientes und für ihn gebührenfreies Verfahren überprüfen lassen,
ob sein Behandlungsfehlervorwurf gerechtfertigt ist. In rund 90
Prozent der Fälle werden die Entscheidungen der Gutachterkommissionen
und Schlichtungsstellen von beiden Parteien akzeptiert und die
Streitigkeiten beigelegt. Wird nach Begutachtung durch diese
Institutionen doch noch der Rechtsweg beschritten, werden die
Entscheidungen der Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen
überwiegend bestätigt.
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